Ritt auf dem roten Drachen  | 65 Jahre DW | 65 Jahre DW | DW | 03.05.2018
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65 Jahre DW

Ritt auf dem roten Drachen 

Kein Land der Welt hat sich in den vergangenen 65 Jahren rasanter und tiefgreifender verändert als die Volksrepublik China: Das Reich der Mitte, zweitgrößte Volkswirtschaft, ist zur globalen Gestaltungsmacht geworden.

China Hongkong Jahrestag Gedenken Tiananmen

Gedenken zum Jahrestag des Tiananmen-Massakers

Zwischen diesen beiden Chinas liegen gewaltige gesellschaftliche und politische Umwälzungen: etwa die Kulturrevolution, die Reform- und Öffnungspolitik der späten 1970er-Jahre, das Tiananmen-Massaker und spätestens seit Amtsantritt von Präsident Xi Jinping 2012 der Anspruch, eine tragfähige politische Alternative zum Modell liberaler westlicher Demokratien darzustellen. Die einzige Konstante: die autoritäre Herrschaft der Kommunistischen Partei.

Die turbulente Entwicklung Chinas hat das Chinesisch-Programm der Deutschen Welle seit 1965 kritisch begleitet. Dabei verfolgte die DW das Ziel, den Menschen in China einen Blick von außen und einen Blick nach draußen zu ermöglichen. Die DW hat für das chinesische Publikum einerseits die Ereignisse in China aus deutscher und europäischer Sicht journalistisch aufgearbeitet. Andererseits hat sie globale Entwicklungen erläutert und aus deutscher beziehungsweise europäischer Perspektive eingeordnet. 

Beethoven und Bach als Eisbrecher

Den Auftakt machte die DW 1965 mit klassischer Musik. Beethoven, Mozart, Bach und andere Komponisten waren damals in China als bourgeois verboten. Die Menschen hörten trotzdem zu. Ein Hörer, der einen Dankesbrief an die DW schrieb, wurde daraufhin verhaftet. Später lernte er Deutsch und besuchte Anfang der 1990er-Jahre die Redaktion, um seine Geschichte zu erzählen. 
Zeitweise war die Lage auch weniger angespannt. Helmut Schmidt und Deng Xiaoping vereinbarten 1981 den Austausch von Redakteuren zwischen der DW und dem deutschen Programm von Radio China International (CRI). Ein einmaliges Projekt, das es mit keinem anderen internationalen Sender gab.

Das änderte sich 1989 schlagartig. Als erste Reaktion auf die Studentenbewegung weitete die DW ihr Radioprogramm deutlich aus. Nachdem China die Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens mit Gewalt niedergeschlagen hatte, blieb die DW so nah dran wie möglich. Sie sprach mit Studenten, die sich ins Ausland gerettet hatten, berichtete über neue Erkenntnisse und Hintergründe. Dem 25. Jahrestag der Niederschlagung der Revolte widmete die DW eine Berichtsreihe, bei der sie auch Jeff Widener, den Fotografen des berühmten Tank-Man-Fotos, interviewte.

Olympische Freiheiten – vorübergehend

Nach Tiananmen machte China sich auf der internationalen Bühne rar. Erst das Jahr 2008 markiert in vielerlei Hinsicht einen weiteren Wendepunkt, der auch folgenreich für die Berichterstattung der DW war. Bei den Olympischen Sommerspielen präsentierte sich China der Welt so selbstbewusst wie nie zuvor. Die Zensur wurde zeitweilig gelockert – allerdings nicht für die Angebote der DW. Zwar durften Redakteure anreisen, um dann aber festzustellen, dass im Pressezentrum der Spiele der Internetzugang eingeschränkt war.

Ebbighausen Rodion Kommentarbild App

Rodion Ebbighausen

Im gleichen Jahr unterzeichneten mehr als 300 chinesische Intellektuelle und Bürgerrechtsaktivisten das Manifest „Charta 08“. Darin forderten sie zu politischen Reformen und der Demokratisierung der Volksrepublik auf. Darunter der spätere Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo. Im Dezember 2015 hatte die DW ihn zum letzten Mal im Interview. „Die Freiheit zu verlieren gehört zum Berufsrisiko des Dissidenten“, sagte er damals. Liu wurde 2008 verhaftet, später zu elf Jahren Gefängnis verurteilt. 2017 starb er als Gefangener an Krebs.

Bis zu den Olympischen Spielen hatten Kritiker zumindest kleine Spielräume. Danach nicht mehr. Seither geht es ausschließlich um chinesische Werte, chinesische Ideen und chinesische Interessen. Um den „chinesischen Traum“. In diesem neuen China war und ist kein Platz für kritische Denker wie Liu Xiaobo. 

Hong Kong | Trauer um Liu Xiaobo

Trauer um Liu Xiaobo

Die DW hat derweil ein Büro in der taiwanesischen Hauptstadt Taipeh eingerichtet. Ob im Chinesisch-Angebot oder im englischsprachigen TV-Programm – künftig wird die DW noch schneller auf Entwicklungen in der Zielregion reagieren können. Den Menschen Zugang zu Informationen geben – allen Blockaden zum Trotz. Darum wird es auch künftig gehen. 

Zensur als ständige Herausforderung 

Schon bald nach dem Start 1965 war das Chinesisch-Programm der DW mit Zensur und Blockademaßnahmen durch die chinesische Regierung konfrontiert, die wie keine zweite darauf achtet, den Informationsfluss im Land zu kontrollieren. Das über Kurzwelle ausgestrahlte Radioprogramm (1965 bis 2012) wurde durch Störsender behindert. Das Internetangebot wird von der „Großen chinesischen Firewall“ blockiert. Zu den populärsten chinesischen Sozialen Netzen „Sina Weibo“ und „WeChat“, die wie alle Medien vom Staat kontrolliert werden, verwehrt China der DW den Zugang. Die DW setzte immer wieder technische Innovationen dagegen. Ein Beispiel: 2015 kooperierte die DW mit „Greatfire“. Das Unternehmen umging die Firewall durch die Speicherung sensibler journalistischer Inhalte auf Cloud-Servern, deren Blockierung auch die chinesische Wirtschaft getroffen hätte. China gelang es jedoch bald, die Server des Unternehmens durch gezielte Attacken lahmzulegen.