Kommunikationszentrale der anderen Art | Medientraining I Auftritt in Medien und Öffentlichkeit | DW | 09.01.2009
  1. Inhalt
  2. Navigation
  3. Weitere Inhalte
  4. Metanavigation
  5. Suche
  6. Choose from 30 Languages

Medientraining

Kommunikationszentrale der anderen Art

Im Salon Muench traf sich zu Zeiten der Bonner Republik abseits des Politparketts die Prominenz. Zwischen Fönfrisur und Dauerwelle kam es hier zu Begegnungen der besonderen Art. Der ehemalige Bundestagsfriseur erzählt.

Friseur Udo Muench in seinem Salon vor einer Bildergalerie mit seinen prominenten Kunden

Den Salon Muench gibt es seit 1949

Friseur Udo Muench steht hinter einem Kunden im Behandlungsstuhl

Muenchs Kunden schätzen die entspannte Atmosphäre

Udo Muench hat schon vielen den Kopf gewaschen: Willy Brandt, Helmut Schmidt, Helmut Kohl und seinem Kabinett. Aber auch Abgeordneten, Regierungsbeamten, Journalisten. Wie vor ihm schon sein Vater und dessen Meister. Sie eröffneten 1949 ihren Salon, als der Bundestag in Bonn einzog.

Seitdem erhielt die Prominenz bei Muench Senior und Partner neuen Glanz. Der Frisiersalon war natürlich auch eine Kommunikationszentrale. Vor allem Journalisten konnten zwischen Waschen und Fönen in ungezwungener Atmosphäre Informationen sammeln, sich mit Kollegen austauschen oder sogar Zeuge von Begegnungen der besonderen Art werden.

Norbert Blüm kommt immer noch

Der ehemalige Arbeitsminister Norbert Blüm erinnert sich: "Hier wurde nicht nach Fraktionszugehörigkeit die Haare geschnitten, sondern hier haben alle nach großen Parlamentsschlachten doch ganz friedlich miteinander gesessen und miteinander gesprochen wie normale Menschen."

Wie zum Beispiel die Finanzexpertin der SPD, Ingrid Matthäus-Meier, und der damalige Finanzminister Theo Waigel von der CDU. Friseur Udo Muench war fasziniert von deren Aufeinandertreffen in seinem Salon. Die beiden gingen zu der Zeit im Parlament heftig aufeinander los. "Wenn Sie das nur vom Fernsehen her kannten, dachte man, die müssen sich privat ja auch spinnefeind sein, aber das war - zumindest bei diesen beiden - nicht der Fall."

Friseur als Wasserstandsmesser

Manche Kunden hätten die halbe Stunde Small Talk und Witze bei ihm sehr genossen, erzählt Muench, sich darüber gefreut, dass sie sich mal über andere Dinge als Politik unterhalten konnten, "über banale Sachen", sagt er. Manche hätten sich auch Akten zum Arbeiten mitgenommen. Und wieder andere nutzten den Besuch bei Muench, um auszuloten, wie die letzte politische Entscheidung in der Bevölkerung aufgenommen worden war. Der Frisiersalon als Wasserstandsmesser.

Blick in den Salon Muench mit Bildergalerie mit prominenten Kunden im Vordergrund

Im Salon Muench lebt ein Stück Bonner Republik weiter

In den 70er Jahren frisierten Muench und seine Mitarbeiter besonders prominente Kunden wie Helmut Kohl im Separee. Die damalige Bundestagspräsidentin Annemarie Renger und ihre Sekretärin kamen während der Sitzungswochen jeden Tag. "Das Fernsehen war ja immer da, und da mussten sie ja nach was aussehen", erzählt Muench.

Einmal konnte sich Bundeskanzler Kohl einen Kommentar über das Werk, das Muench an Kohls Minister Volker Rühe vollbracht hatte, nicht verkneifen: "Rühe stand an der Kasse, Kohl kam rein, begutachtete seinen Haarschnitt und sagte dann: Also für einen Verteidigungsminister ist das eigentlich noch viel zu lang." Muench lächelt.

"Bonn hat Zukunft"

Für ihn kam ein Umzug nach Berlin nie in Frage. Er sei in Bonn zu sehr verwurzelt, sagt er. Außerdem habe er Bonn immer eine Zukunft gegeben. "Wir leben davon, dass wir Haare schneiden, dass wir Leute verschönern. Wir haben uns gedacht, selbst wenn die Politik hier in Bonn weg ist, kommen bestimmt andere Leute."

Heute lädt Muench sie in das ehemalige Bonner Redaktionsbüro des SPIEGEL. Noch immer kommen einige der ehemaligen Bonner Politprominenten zu ihm: Norbert Blüm, Hans-Dietrich Genscher und der ehemalige WDR-Intendant Friedrich Nowottny zählen nach wie vor zu Muenchs Kunden. Aber der UN-Campus im ehemaligen Regierungsviertel bringt Muench heute auch viele internationale Kunden. Und er ist bereit für eine neue Klientel: "Permanent colour bedeutet Haarefärben", sagt Muench. Und lächelt.

  • Datum 09.01.2009
  • Autorin/Autor Nina Haase
  • Drucken Seite drucken
  • Permalink https://p.dw.com/p/GUZR
  • Datum 09.01.2009
  • Autorin/Autor Nina Haase
  • Drucken Seite drucken
  • Permalink https://p.dw.com/p/GUZR
Daniela Wiesler Leiterin Medientraining DW Akademie

Daniela Wiesler

Head of Communication Consultancy and Training

T: +49.228.429-3505
E: dw-akademie.medientraining@dw.com