Migration in die USA: "Trump ist kein Panik-Faktor"
25. Juli 2024Wer hat Angst vor einem erneuten Einzug von Ex-Präsident Donald Trump ins Weiße Haus? Viele Menschen in Lateinamerika offenbar nicht. Auf die Migration hat der US-Wahlkampf offenbar geringen Einfluss.
"Es ist nicht zu 100 Prozent, aber weitestgehend egal, wer im Weißen Haus sitzt", meint Benjamin Schwab, Mexiko-Referent beim katholischen Hilfswerk Misereor, im DW-Gespräch. Die Organisation unterstützt in Mexiko mehrere lokale Partnerorganisationen, die Familien aus Lateinamerika auf der Flucht in sozialer und juristischer Hinsicht helfen.
Seine Erkenntnis: "Präsidentschaftskandidat Trump ist nicht der Panik-Faktor im Bezug auf Migration". Schließlich habe man bereits Erfahrungen mit Trump als US-Präsidenten gemacht. Trotz mehrfacher Ankündigungen sei die angekündigte Mauer an der Grenze zwischen den USA und Mexiko in der Regierungszeit von Trump von 2017 bis 2021 bekanntlich nicht fertig gebaut worden.
Zuwanderung in die USA auf Höchststand
"Auch Trump war es nicht möglich, die Grenze zu schließen", so Schwab. "Die Lektion, die wir gelernt haben, ist, dass es nicht möglich ist, die US-Grenze im Süden zu 100 Prozent dichtzumachen. Und dies, obwohl sie zu den am meisten militarisierten und mit am besten gesicherten Grenzen der Welt gehört."
Die jüngsten Zahlen sprechen für sich: Nach einer Erhebung des nichtstaatlichen US-Meinungsforschungsinstituts Pew Research Center vom Juni lebten im Jahr 2022 rund 46 Millionen Zugewanderte in den USA. Dies entspricht einem Anteil von 13,8 Prozent der gesamten Bevölkerung.
Von den 46 Millionen Zugewanderten halten sich laut Pew Research 77 Prozent legal im Land auf. Die größte Gruppe unter den Zugewanderten stammt mit 10,6 Millionen Menschen aus dem US-Nachbarland Mexiko. Dies entspricht einem Anteil von 23 Prozent (siehe Grafik).
"Erschwerter Zugang zum US-Asylrecht"
Neueste Zahlen der US-Grenzbehörde U.S. Customs and Border Protection (CBP) zeigen, dass US-Präsident Joe Biden beim Thema Einwanderung zwar nicht verbal harsch, aber ebenfalls restriktiv vorgeht. Die jüngsten Sicherheitsmaßnahmen zur Grenzsicherung hätten im Juni zu einem Rückgang der Festnahmen bei illegalen Grenzübertritten um 29 Prozent gegenüber dem Vormonat geführt, heißt es im CBP-Bericht.
Mexiko-Expertin Indi-Carolina Kryg vom German Institute for Global and Area Studies (GIGA) bestätigt den harten Einwanderungskurs von US-Präsident Biden und Vize Kamala Harris. Es gebe eine hohe Zahl an Abschiebungen aus den USA und einen erschwerten Zugang zum Asylrecht.
"Es gibt eine Begrenzung der regulären Grenzübergänge zur Beantragung von Asyl pro Tag", erklärt sie. "Die Grenze soll für Asylsuchende geschlossen werden, wenn im Wochendurchschnitt 2500 unerlaubte Grenzübertritte pro Tag stattfinden."
Mexiko-Referent Benjamin Schwab betrachtet die restriktiven Maßnahmen als eine Botschaft der US-Demokraten im US-Wahlkampf, etwas gegen die steigende Zuwanderung ins Land zu unternehmen. Die sogenannten Pull-Faktoren, also die Gründe für die Migration in die USA, würden diese Maßnahmen aber nicht verändern.
Exodus aus Venezuela
Zu diesen "Pull-Faktoren" gehörten der Familiennachzug sowie Krisen in Venezuela oder Haiti. Auch Flüchtende aus asiatischen oder afrikanischen Ländern tauchten immer öfter in Mexiko auf, um von dort aus in die USA einzureisen.
Nach Angaben des jüngsten World Migration Report der Internationalen Organisation für Migration (IOM) stammten im Jahr 2022 zehn Prozent aller Menschen, die den sogenannten Darien Gap überquert haben, aus afrikanischen oder asiatischen Ländern. Beim "Darien Gap" handelt es sich um ein rund 100 Kilometer breites Dschungelgebiet im Grenzgebiet zwischen Panama und Kolumbien.
Allerdings findet laut IOM-Bericht die große Mehrheit der weltweit sieben Millionen Flüchtlinge aus Venezuela, nämlich sechs Millionen Menschen, Zuflucht in den lateinamerikanischen Nachbarländern Kolumbien, Peru, Chile, Brasilien und Ecuador - und nicht in den USA.
Mexiko-Experin Kryg geht davon aus, dass durch die Krisen in Lateinamerika die Migration in Richtung Norden weiterhin anhalten wird. "Solange Menschen vor Gewalt und Armut fliehen und nicht genügend legale Möglichkeiten existieren, um in die USA zu gelangen, sehe ich kein Ende dieser irregulären Grenzüberschreitungen".