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Internationale Pressestimmen der vergangenen Woche

31. Dezember 2001

Indien-Pakistan-Konflikt / Regierungswechel in Afghanistan / Vereitelter Anschlag auf US-Flugzeug / Analyse deutscher Politik

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Die Kommentatoren der ausländischen Tagespresse richteten ihr Augenmerk in dieser Woche vor allem auf die wachsenden Spannungen zwischen Indien und Pakistan. Aber auch der Krisenherd Afghanistan und die deutsche Innenpolitik waren Themen:

Um einen Krieg zwischen Indien und Pakistan zu verhindern, sei nun ein "energisches diplomatisches Eingreifen" erforderlich, meinte die spanische Zeitung EL PAÍS. Das Blatt sah allerdings weniger die Europäer als vielmehr die Amerikaner in der Pflicht:

"Eine Friedensinitiative kann nur von Washington ausgehen. Die USA könnten dabei Nutzen daraus ziehen, dass ihre Beziehungen zu Pakistan infolge des Afghanistan-Konfliktes enger geworden sind. Die USA müssen etwas unternehmen mit dem vorrangigen Ziel, die Gemüter zu beruhigen. Bisher hat Washington die Terrorismus-Vorwürfe Indiens gegen Pakistan nicht aufgegriffen aus Angst, dass die pakistanische Regierung stürzen könnte. Die zurückhaltende Linie von US-Präsident George W. Bush ist nicht länger tragbar",

glaubte EL PAÍS aus Madrid. Die "Kriegsmaschinerie" in Indien und Pakistan laufe bereits auf Hochtouren, schrieb die tschechische Zeitung LIDOVE NOVINY:

"Der indische Ministerpräsident Vajpayee versicherte bereits mehrmals, sein Land wünsche sich keinen Krieg, vielmehr nur ein "Ende des Terrorismus". Friedenswillen äußerte auch der pakistanische Führer Musharraf. Allerdings unternimmt bislang keine Seite etwas, um die Spannungen abzubauen. Im Gegenteil. Die Welt betrachtet die unselige Entwicklung mit Besorgnis. Nicht nur die USA und Großbritannien haben sämtliche diplomatischen Hebel in Bewegung gesetzt, um die Katastrophe abzuwenden. Hoffen wir, dass es für eine Rückkehr zur Vernunft nicht zu spät ist. Denn einen Krieg zwischen zwei Atommächten kann sich nur ein Wahnsinniger wünschen",

betonte die Prager Zeitung LIDOVE NOVINY. Themenwechsel. Die BERNER ZEITUNG beschäftigte sich mit dem Regierungswechsel in Kabul, der durch die Einigung bei der Afghanistan-Konferenz bei Bonn möglich geworden war:

"Umarmungen, Gebete und Gedichte - an Symbolik haben sie nicht gespart bei der Amtseinführung der afghanischen Interimsregierung. Der alte Präsident Burhanuddin Rabbani, der zuvor so viel Unheilvolles orakelt hatte, trat ungewöhnlich stilvoll ab. Der neue Regierungschef Hamid Karsai übernahm gewohnt diplomatisch die Amtsgeschäfte. Abgesandte aus allen 31 Provinzen waren da, und sogar der chronische Wendehals Raschid Dostum hatte den Weg in die Hauptstadt gefunden. Ein guter Anfang.",

bemerkte die BERNER ZEITUNG aus der Schweiz. Das in London erscheinende Blatt THE INDEPENDENT befasste sich mit dem versuchten Sprengstoffanschlag auf ein US-Passagierflugzeug, das sich auf dem Weg von Paris nach Miami befand:

"Das schockierende Drama an Bord des American-Airlines-Fluges erinnert uns auf heilsame Weise daran, dass die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus unverändert weiter besteht, wie nahe die Vernichtung von El Kaida auch sein mag. Wer immer dieser zum Selbstmord bereite Täter auch sein mag, was immer seine Verbindungen zu terroristischen Gruppen sein mögen - sein Versuch, sich selbst und seine Mitpassagiere auszulöschen, zeigt, dass sich niemand -von Regierungen über die Flughafensicherheit bis hin zu den Fluggästen- zurücklehnen kann. Die äußerste Wachsamkeit, die nach dem 11. September galt, ist weiter geboten."

schrieb der britische INDEPENDENT. Zum Abschluss dieser ausländischen Pressestimmen noch ein Blick in die österreichische Tageszeitung DER STANDARD, die den Zustand von Regierung und Opposition in Deutschland analysierte. Dass die rot-grüne Regierung derzeit keine sonderlich guten Umfragewerte erziele, sei "kaum erstaunlich":

"Wirtschaftliche Rezession, steigende Arbeitslosigkeit, renitente grüne Regierungspartner oder "bedingungslose" Solidarität mit den USA bis hin zum Bundeswehreinsatz in Afghanistan - das kann die Deutschen schon nachhaltig erschüttern, das nagt an Schröders Popularität als Macher. Denn außer beherzt vorgetragenen Durchhalteparolen hat der Weltpolitiker Schröder keine Antworten auf die Fragen der Zeit. Erstaunlich hingegen ist, dass sich die bisherigen Grabenkämpfe um die bürgerliche Kanzlerkandidatur zu einer offenen Feldschlacht entwickeln. Kaum lässt CSU-Chef Stoiber auserwählte Zeitungen wissen, dass er nach Absprache mit diversen Landesgranden gerne Kanzler werden wolle, kommt die CDU-Vorsitzende Merkel und sagt: "Aber ich will es auch." Von innerparteilicher Demokratie wird nicht geredet."

Soweit DER STANDARD aus Wien und soweit auch diese Presseschau. Die Auswahl traf Christian Walz.