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Internationale Pressestimmen der vergangenen Woche

Eleonore Uhlich24. Februar 2007

Krise bei Airbus / Krise in Italien

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Neben der Krise in der italienischen Regierung ist die Krise des europäischen Flugzeugbauers Airbus zentrales Thema der internationalen Pressestimmen. Wie die Lasten der Sanierung des angeschlagenen Konzerns verteilt werden sollen, darüber hatten auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Staatspräsident Jacques Chirac gesprochen.

Die französische Tageszeitung LES DERNIERES NOUVELLES meint dazu:

"Die Bundeskanzlerin und Präsident Chirac haben sich in Meseberg bei Berlin damit begnügt, im 'Kontrollturm' zu bleiben, einige vage Instruktionen zu geben und es letztlich den bekannten 'Piloten', Airbus-Chef Louis Gallois und der EADS-Spitze, überlassen, sich da durchzuwursteln. Diese Haltung erstaunt im derzeitigen Umfeld nicht. Schon lange hat die Politik abgedankt, weniger wegen des herrschenden Liberalismus, sondern um niemanden zu verletzten, also um in diesem lauen Konsens zu verharren, der für Europa so charakteristisch ist."

Der TAGES-ANZEIGER aus der Schweiz drängt zur Eile:

"Auf wessen Schultern die Last verteilt wird, darüber streiten sich allerdings Frankreich und Deutschland seit Monaten. (...) Ob der Flut regionalpolitischer Überlegungen, Egoismen und Eifersüchteleien drohen wirtschaftliche Kriterien unterzugehen. (...) Für Schuldzuweisungen ist die Zeit allerdings zu knapp: Will Airbus gegenüber Erzrivale Boeing nicht weiter an Terrain verlieren, muss bald eine Entscheidung her."

Die Pariser Tageszeitung LE MONDE kritisiert die politische Einflussnahme und warnt:

"Airbus läuft Gefahr, an einer anachronistischen nationalistischen Schlacht zugrunde zu gehen. Wenn der Konzern weiter in der gleichen Kategorie spielen will wie Boeing, muss er unbedingt sein Industrie-Modell ändern und die deutsch-französische Doppelspitze aufgeben - die heute zeigt, wie sehr sie die Dinge lähmt."

Das britische Wirtschaftsblatt FINANCIAL TIMES macht einen weiteren Schuldigen aus:

"Die Struktur des Managements und der Aktionäre tragen ebenfalls zu den Problemen bei. (...) Es ist sehr unglücklich, dass die beiden EADS-Chefs Tom Enders und Louis Gallois in aller Öffentlichkeit ihrer Meinungsverschiedenheiten über das Sanierungsprogramm ausgetauscht haben. Es sah eigentlich so aus, als ob die beiden eine harmonischere Beziehung schaffen könnten als einige ihrer Vorgänger."

Abschließend dazu die Brüsseler Zeitung DE MORGEN, die sich mit dem Ausgang der Krise befasst:

"Im Streit um die Sanierungslasten sitzt die französische Regierung eindeutig in der besten Position. Im Gegensatz zu den Verantwortlichen in Spanien, Großbritannien oder Deutschland hält der französische Staat einen ansehnlichen Anteil an Airbus. Paris besitzt nämlich ein Paket von 15 Prozent an der Airbus-Mutter EADS. Diesen Einfluss auf das Kapital hat die französische Regierung mehrere Male voll geltend gemacht."

Nach dem Rücktritt von Regierungschef Romano Prodi beleuchten die Kommentatoren der internationalen Tageszeitungen den politschen Betrieb in Italien.

Die französische Zeitung LA REPUBLIQUE DU CENTRE aus Orléans stellt fest:

"Wieder einmal (...) ist Italien Opfer eines perversen Spiels mit widernatürlichen Bündnissen. Im Grunde gibt es zwei Übel, die Italien zu schaffen machen: Die Schummeleien beim Fußball und die politischen 'Arrangements'. Trotz der Operationen 'saubere Hände' und dann 'saubere Füsse' gelingt es Italien nicht wirklich, sich aufzurappeln. Denn die große Koalition aus kleinen linksextremen Parteien, einem linken Zentrum (...) und einer christdemokratischen Linken hat nicht lange funktioniert."

Die SALZBURGER NACHRICHTEN urteilen:

"Ein Rücktritt muss kein Rückschritt sein; der von Romano Prodi in Italien ist jedenfalls eine Flucht nach vorn. Für den Premier und seinen Außenminister Massimo D'Alema war die Stunde der Wahrheit gekommen. Es konnte nicht mehr so weiter gehen, dass jede parlamentarische Abstimmung zur Überlebensfrage für die Regierung wurde. Und dies nicht etwa wegen der Stärke der Opposition, sondern wegen des unpolitischen Übermuts der eigenen Koalitionspartner links außen."

Die niederländische Zeitung DE VOLKSKRANT bemerkt:

"Leider hat es Prodi nicht geschafft, das Geflatter in seinem Taubenstall zu beruhigen, so wie es seinem Vorgänger Berlusconi auf der rechten Seite wohl gelungen ist. Über dessen Handel und Wandel konnte einiges gesagt werden, aber er verstand es, die Mitte-Rechts- Allianz zu einer ansehnlichen Einheit zu schmieden, wodurch Italien fünf Jahre ungekannter politischer Stabilität erlebte."

Das italienische Blatt LA REPUBBLICA aus Rom verweist auf eien andern Aspekt:

"Der eigentliche Punkt in dieser Geschichte ist, dass diese Krise eine völlig resignierte und damit trostlose italienische Alten-Regierung bloß stellt. (...) Jeder kann mit eigenen Augen sehen, dass die Protagonisten des derzeitigen schwierigen politischen Geschehens - angefangen bei Staatspräsident Napolitano (er wird im Juni 82) - nicht nur alle alt sind, sondern - schlimmer noch: Es sind immer die selben."

Die TIMES aus London analysiert:

"Theoretisch hat sich Italien von der Instabilität und den fast permanenten Krisen seiner Regierungen in der Vergangenheit entfernt. In der Realität sieht es jedoch so aus, dass ein knappes Wahlergebnis, wie das im letzten Jahr, die politischen Parteien wieder zu alten Gewohnheiten verführt. Genau danach sieht es im Moment aus."