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Greenpeacestudie zu Giftstoffen in Kleidung

Rachel Gessat25. November 2012

Rückstände von giftigen Chemikalien finden sich in vielen Textilien der internationalen Billig-Modeketten. Das wirkt sich laut einer Studie weniger auf die Käufer aus als auf die Menschen in den Produktionsländern.

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Greenpeace Aktivisten hängen Plakat mit Aufschrift: 'Zara, detox your fashion' Foto: EPA/SALVATORE DI NOLFI
Bild: picture-alliance/dpa

Ein Einkaufsbummel durch die Innenstadt gehört für viele Deutsche zu den Lieblingsbeschäftigungen in der Freizeit. Große Modeketten haben sich darauf eingestellt, schnell wechselnde Kollektionen auf den Markt zu werfen. "Fast Fashion" bietet billig produzierte und billig angebotene Produkte für ein junges, modebewusstes Publikum, dass immer up to date sein will. Allein die Modekette Zara, die zur spanischen Inditex-Gruppe gehört, produziert jährlich 850 Millionen Kleidungsstücke.

Vor einigen Tagen enterten in Hamburg Aktivisten der Umweltschutzorganisation Greenpeace die Fassade einer Zara-Filiale und entrollten ein riesiges Protestplakat mit der Aufschrift "Kennen Sie Zaras schmutziges Geheimnis?" Mit ähnlichen Aktionen in vielen anderen Städten weisen die Umweltschützer auf die Ergebnisse ihrer aktuellen Studie hin. 141 Kleidungstücke großer Modemarken wie Zara, Benetton, Tommy Hilfinger, Gap, C&A, und H&M wurden auf gesundheitsschädliche Chemikalien hin untersucht.

Foto: Joe Kohen/Getty Images for TEEN VOGUE
Billige Klamotten sind auch für Minderjährige erschwinglichBild: Getty Images

Krebserregende und hormonell wirksame Stoffe

Christiane Huxdorff, Chemie-Expertin bei Greenpeace erläutert im Gespräch mit der Deutschen Welle, welche Stoffe gefunden wurden: "Wir haben Rückstände von Waschmitteln gefunden, sogenannte NPEs, die hormonelle Wirkungen auf den Menschen haben, Rückstände von Weichmachern, die im Verdacht stehen, unfruchtbar zu machen und sogar Rückstände von krebserregenden Stoffen, die von Azofarben herrühren."

Christiane Huxdorff Kampaignerin Nachhaltige Landwirtschaft bei Greenpeace Rechte: Greenpeace e.V.
Christiane Huxdorff ist Autorin der Studie "Giftige Garne"Bild: Greenpeace e.V.

Azofarben sind synthetische, sehr intensiv färbende Farbstoffe. Einige Azofarben können jedoch giftige oder krebserregende Stoffe freisetzen. In Deutschland dürfen solche Farben nicht verwendet werden, in vielen außereuropäischen Ländern nimmt man es jedoch nicht so genau mit der Kontrolle. Genau deswegen verlagern auch viele der "Fast Fashion"- Hersteller ihre Produktion nach Asien, mutmaßt die Greenpeace-Chemikerin. "Es ist ja nicht nur so, dass die Hersteller in Asien produzieren, weil es dort günstiger ist, sondern auch, weil in Europa wesentlich strengere Umweltanforderungen an die Unternehmen gestellt werden."

Produzenten stärker gefährdet als Konsumenten

Bislang gibt es keine Belege, dass schon das Tragen eines belasteten T-Shirts eine direkte gesundheitsschädigende Wirkung auf Menschen hat, räumt Christiane Huxdorff ein. Die Gefahr sei eher mittelbar: "Auch in Deutschland und Europa summiert sich durch das Waschen der Kleidung die Menge, die an giftigen Rückständen in das Abwasser und die Flüsse gelangen kann."

Ein indischer Junge in einem verschmutzten Fluss Foto: Tsering Topgyal/AP/dapd)
Von den Umweltzerstörungen in den Produzentenländern erfahren die Kunden seltenBild: dapd

Die wesentlich größeren gesundheitlichen Risiken trügen die Produzenten in Asien, die tagtäglich mit den giftigen Chemikalien umgehen müssten. Zudem ließen viele Textilfabriken in Indien oder China ihre Abwässer völlig ungefiltert in die Flüsse ab. "Für die Anwohner, die vor Ort leben, die sich vielleicht von den Fischen dort ernähren - da ist die Belastung der menschlichen Gesundheit wesentlich."

Hersteller reagieren auf Kritik

Auf die Kritik der Umweltschützer nicht einzugehen, können sich auch große Modeketten kaum leisten. "Das sind Sachen, die am Image kratzen", meint die Greenpeace-Chemikerin. Auch über die sozialen Netzwerke wie Facebook oder Twitter werde der Druck auf die Hersteller verstärkt: "Die Verbraucher und Konsumenten sagen: Ich will eure Klamotten kaufen, aber ohne giftige Chemikalien."

Inditex, der spanische Mutterkonzern von Zara und anderen Modelabels, versicherte gegenüber der Deutschen Welle, der Konzern habe eine eigene Qualitätskontrolle und die beauftragten Labore hätten alle versichert, dass die Kleidung "den gesundheitlichen Standards genüge, die Sicherheit der Kunden beachte und den Respekt vor der Umwelt bestätige."

Chinesische Näherinnen in Textilfabrik Foto:
In China, Indien und Pakistan wird die Billig-Kleidung für Europa hergestelltBild: picture alliance / Xie zhengyi - Imaginechina

Dennoch erklärte sich Inditex bereit, mit Greenpeace über eine Selbstverpflichtung des Konzerns zu verhandeln: "Wir wiederholen unsere Bereitschaft, die nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um in der kürzesten Zeit, das gemeinsame Ziel zu erreichen: keinerlei Rückstände von gefährlichen Substanzen in Textilien". Eine solche Selbstverpflichtung, bis 2020 gänzlich auf gesundheitsschädliche Stoffe in der Produktion zu verzichten, hatten im vergangenen Jahr schon einige Sportartikelhersteller wie Puma, Adidas oder Nike ausgesprochen. Auch sie reagierten damit auf die 2011 gestartete Greenpeace- Aktion "Detox", zu Deutsch "Entgiften".

Wie kann sich der Verbraucher schützen?

Einen völligen Schutz vor schädlichen Chemikalien in Kleidung gebe es nicht, meint Christiane Huxdorff. Wer als Verbraucher auf Nummer sicher gehen wolle, solle auf zertifizierte Öko-Labels zurückgreifen. Auch getragene und daher öfter gewaschene Kleidung aus Second-Hand-Geschäften sei weniger belastet. Auch für die Umwelt sei es am besten, wenn man gar nicht zu der billigen Wegwerf-Mode greife, sondern weniger und qualitativ hochwertigere Kleidung erwerbe.