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Muslimische Modekaufhäuser - ein Salafisten-Hort?

Gopalakrishnan, Manasi Shailaja / NM18. September 2016

Kleidungsgeschäfte für Muslime sind in den Ruf geraten, Sprungbrett in den Extremismus zu sein. Muslimische Mode fördere extreme Einstellungen, so Kritiker. Offenbar gibt es auch Verbindungen in die Salafistenszene.

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Deutschland Hijabi Store in Frankfurt am Main (Foto: DW)
Bild: DW

Der "Hijabistore" in der Frankfurter Innenstadt ist Anlaufpunkt für strenggläubige Musliminnen: Burkas, Nikabs und viele andere Formen der Verschleierung gibt es hier. Für festliche Anlässe können Frauen zwischen unterschiedlichen Abajas wählen: kniehohe mantelartige Kleider, einige davon aufgearbeitet mit Brokatstoffen, andere mit edel gekräuselten Kragen. Den passenden Gesichtsschleier mit dekorativen Anstecknadeln gibt es auch dazu. Wer nicht in persönlich vorbeikommen möchte, der kann auch online bestellen.

Lebensstil Salafismus

Doch der "Hijabistore" hat in den letzten Tagen nicht wegen seiner großen Auswahl Schlagzeilen gemacht. Vielmehr sind es Verbindungen in die Salafistenszene, die den Betreibern mehrerer solcher Geschäfte vorgehalten werden. Laut einem Medienbericht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ARD fördern Läden wie der "Hijabistore" in Frankfurt die Integration von Frauen in den strenggläubigen Islam, von dort zum Salafismus und schließlich auch in den Extremismus. Auch die DW wollte mit den Besitzern des Geschäfts in Frankfurt sprechen. Doch alle Interviewanfragen - sowohl hier als auch beim Berliner Modeladen "Hoor Al Ayn" und anderen Geschäften - blieben unbeantwortet.

"Dieses Geschäft in Frankfurt hat klare Verbindungen zur salafistischen Konsumkultur", sagt Susanne Schröter, Ethnologin und Leiterin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam. "Der Salafismus ist nicht nur religiös und politisch motiviert, es ist auch eine Art Lebensstil. Menschen, die dieser Ideologie folgen, wollen auch ihr Leben nach der salafistischen Utopie ausrichten." Viele salafistische Frauen würden nur Bioprodukte kaufen, weil zu Zeiten des Propheten auch alles nur ökologisch war. "Dazu gehören beispielsweise auch Seife, frisch gepresste Säfte und viele andere Produkte. Es gibt sogar Marken, die islamische Kleidung für Männer herstellen", so Schröter.

Wenn Mode gefährlich wird

Susanne Schröter vom Institut für Ethnologie Universität Frankfurt (Foto: Copyright: Privat)
Susanne Schröter leitet das Forschungszentrum Globaler IslamBild: Privat

Laut der US-Denkfabrik Brookings Institution ist der Salafismus "die Idee, dass der wahre Islam im Beispiel der alten Generationen von Muslimen gefunden werden kann. Diese Altvorderen (die Salaf) haben zeitlich und geografisch sehr nah zum Propheten Mohammed gelebt."

Geschäfte für Nikabs und Burkas in Deutschland seien vor allem innerhalb der letzten zehn bis 15 Jahre entstanden, sagt Schröter. Eine Burka zu tragen sei eine Art Rebellion geworden - gerade in Deutschland, wo der strenggläubige muslimische Lebensstil zunehmend kritisch betrachtet wird. "Wer solche Kleider anzieht, glaubt daran, dass es wichtiger ist, den Vorschriften Gottes zu folgen, als sich durch die Wahl von Kleidern auch Feinde zu machen", so die Frankfurter Ethnologin.

Salafistische Mode auch für Kleinkinder

Zu den typischen Trachten der salafistischen Subkultur gehört beispielsweise ein langer Rock in Kombination mit einer Khimar, einer Art Kleid mit langen Ärmeln oder einem knielangen Schultertuch, das auch über die Arme geht. Ein Paar Handschuhe und ein Kopftuch machen das Outfit rund. Alle Modelle sind auch schon für Kinder ab zwei Jahre erhältlich.

"Das ist Teil einer Kultur, in der die Mitglieder zeigen wollen, dass sie einer islamischen Ideologie angehören", sagt Schröter. "Das Patriarchat, eine anti-demokratische Gesinnung und die Unterstützung von Gewalt gehören auch zu dieser Anschauung, weil sie der Glaube eint, dass sie in einer Welt leben, die sich gegen sie richtet." Gerade diese Geschäfte könnten dabei helfen, den Kontakt zu Gruppen herzustellen, die solche Gedanken propagieren, meint die Ethnologin. Auch weil sie ihre Kunden dazu anhalten würden, den Koran zu lesen und religiösen Aktivitäten beizuwohnen.

Direkte Verbindung zu Fundamentalisten

So ist der Vater der Besitzerin des "Hijabistore", Latifa Rouali, ein bekannter Salafist. Abdellatif Rouali war einer der Gründer des mittlerweile verbotenen salafistischen Vereins DawaFFM. Die Organisation rief ihre Mitglieder dazu auf, den Regeln des Korans zu folgen. Auch der bundesweit bekannte Salafist Pierre Vogel stand in Verbindung zu der Organisation. Vogel trat öffentlich für die Vormachtstellung des islamischen Rechts der Scharia ein - über allen anderen weltlichen Institutionen.

Deutschland Salafisten in Frankfurt/Main (Foto: picture-alliance/dpa/B. Roessler)
Der Salafist Pierre Vogel (links) spricht bei einer Veranstaltung Ende 2014 in der Nähe von FrankfurtBild: picture-alliance/dpa/B. Roessler

"Mekka" musste schließen

Abdellatif Rouali gründete in der Frankfurter Stiftsstraße 2014 auch einen Laden mit dem Namen "Mekka". Aber nach etlichen Beschwerden aus der Nachbarschaft musste er das Geschäft wieder schließen. "Sie haben herausgefunden, dass sein dort verkauftes 'Mekka-Wasser', nicht aus der Heiligen Stadt, sondern von den Frankfurter Wasserbetrieben stammte", erzählt die Ethnologin.

Trotz aller Hinweise über Roualis Verbindungen in die Salafisten-Szene, kann ihn niemand davon abhalten, weitere Geschäfte zu eröffnen. Denn, so Schröter: "In Deutschland kann jeder einen Laden aufmachen, solange er nichts verkauft, das gegen das Gesetz ist."