"Die Klasse" macht Kasse
16. Januar 2009Nicht das erste Mal hat ein französischer Film, der das eigentlich trockene Thema Schule aufgreift, ein Millionenpublikum gefunden - und zwar nicht nur in Frankreich.
Der Dokumentarfilm "Haben und Sein" von Nicolas Philibert erzählte vor sechs Jahren von einem engagierten Lehrer, der gleichzeitig mehrere Klassenstufen in einem Klassenraum unterrichtet. Damals ließen sich drei Millionen europäische Zuschauer fesseln, davon 1,8 Millionen Franzosen. Laurent Cantet mag jedoch diesen Vergleich nicht besonders und sieht zwischen seinem Film "Die Klasse" und "Haben und Sein" kaum Parallelen. Sein Film ist ein Spielfilm, und Laurent Cantet wollte zeigen, wie die urbane, französische Gesellschaft aussieht.
Teamarbeit als Basis
Dafür tat sich Filmemacher Laurent Cantet mit dem Lehrer Francois Bégaudaux zusammen, der auch Schriftsteller und Filmkritiker ist. Im Film spielt der 37jährige Bégaudaux auch Francois den Klassenlehrer. Das Experiment, mit einem "echten" Lehrer und "echten" Schülern eine sehenswerte wie spannende Fiktion zu drehen, die hochaktuelle gesellschaftliche Konflikte des Schulbetriebes thematisiert, ist mehr als gelungen. Dem Regisseur Cantet war zunächst besonders wichtig, in was für einer Schule er dreht.
Feinarbeit als Muss
Laurent Cantet wollte unbedingt eine multikulturelle Klasse zeigen. Deswegen war der Bezirk sehr wichtig, in dem gedreht wurde. Im 20. Pariser Stadtbezirk findet man einerseits eine große ethnische wie auch soziale Vielfalt."Es ist ein ehemaliger Arbeiterbezirk", erklärt Cantet. "Später kamen viele Nordafrikaner, dann vor rund 20 Jahren viele Chinesen, und seit einiger Zeit werden dort vermehrt Wohnungen gekauft, weil sie noch sehr preiswert sind. Die Schule reflektiert diese Vielfalt."
Integrationsarbeit als Film
Ein Jahr lang probten Cantet und Bégaudaux mit bis zu 50 Schülern jeden Mittwoch und testeten Situationen aus, improvisierten. In den Schulferien wurde dann sieben Wochen lang mit 25 Schülerinnen und Schülern eine fiktive 8. Klasse geformt, die äußerst real erscheint und vor allem die Themen Migration, Rassismus und Intoleranz in den Vordergrund rückt. Ähnliche Probleme gibt es auch in Deutschland oder anderen europäischen Ländern.
Für Laurent Cantet soll dieser Film mit Vorurteilen aufräumen. Obwohl der Film die Mauern des Schulgebäudes nie verlässt und im Original auch "Entre les Murs", also "Zwischen den Wänden" heißt, lässt man sich von der Geschichte packen. Und so hat "Die Klasse" nicht nur die Goldene Palme verdient. Während der Filmkunstmesse in Leipzig im Herbst 2008 zeichnete ihn eine Jugendjury mit dem Preis für den Besten Film aus. So scheinen sich bei allen Unterschieden zum französischen Schulsystem auch junge Deutsche in diesem Film wiederzuerkennen.