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Löw gibt Arroganz zu

29. August 2018

Als Konsequenz aus dem blamablen WM-K.o. will Bundestrainer Joachim Löw sein taktisches Konzept ändern. Löw räumte gravierende Fehleinschätzungen ein - auch im Fall Mesut Özil.

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Deutschland Präsentation der Analyse zur Fußball-WM | Joachim Löw und Oliver Bierhoff
Bild: picture-alliance/dpa/S. Hoppe

"Mein allergrößter Fehler war zu glauben, dass wir mit Ballbesitzfußball durch die Vorrunde kommen", räumte Bundestrainer Joachim Löw bei der Analyse der WM-Blamage in Russland ein. "Es war fast schon arrogant. Ich wollte dieses System auf die Spitze treiben, es perfektionieren." Doch die Voraussetzungen dafür hätten gefehlt, etwa die Absicherung nach hinten. Bei der WM in Russland, so Löw bei der Pressekonferenz in München, habe die Defensive viel mehr im Vordergrund gestanden als bei früheren Turnieren. Viele Teams seien nur mit drei echten Offensivspielern angetreten, auch Standards hätten eine große Rolle gespielt. Löws Erkenntnis daraus: "Ballbesitzfußball muss bei K.o.-Wettbewerben angepasst werden." Man müsse die richtige Balance, die "goldene Mitte" finden.

"Junge, hungrige Spieler" 

Löw räumte nicht nur taktische Fehleinschätzungen ein, sondern auch Defizite in Sachen Motivation. "Die Lunte muss immer brennen", sagte der Bundestrainer. "Wir hatten schon eine kleine Flamme. Aber wir haben es nicht geschafft, ein neues Feuer zu entzünden." Löw versprach, "das, was wir in Russland verbockt haben, wieder auf die Beine zu stellen und das Schiff wieder auf Kurs zu bringen". Er setze dabei auf "junge, dynamische, hungrige Spieler", wolle aber eine "gute Mischung zwischen Erfahrung und Jugend" finden. Gleichwohl nominierte er für den Kader gegen Frankreich und Peru 17 Spieler, die auch schon im WM-Aufgebot gestand hatten.

FIFA Fußball-WM 2018 in Russland | Deutschland verliert gegen Südkorea - Enttäuschung - Gomez und Hummels
Unfassbar: Mario Gomez (l.) und Mats Hummels nach dem WM-K.o. Bild: Reuters/M. Dalder

Der Bundestrainer kündigte eine personelle Veränderung in seinem Stab ein: Der bisherige Co-Trainer Thomas Schneider werde künftig die Scouting-Abteilung leiten, der bisherige Chefscout Urs Siegenthaler eine "übergeordnete Aufgabe" in der Gegnerbeobachtung bekommen. 

Özils Rassismusvorwürfe "überzogen"

Löw ging auch auf den Rücktritt Mesut Özils aus der Nationalmannschaft ein. Dessen Berater haben ihn über den Schritt informiert, zahlreiche Versuche, Özil persönlich zu erreichen, seien seitdem gescheitert, sagte der Bundestrainer. "Das muss ich so hinnehmen."

Löw räumte ein, die Affäre um die Fotos der Nationalspieler Özil und Ilkay Gündogan mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan "absolut unterschätzt"zu haben. Das Thema habe Kraft und Nerven gekostet. "Aber es soll kein Alibi für unser Scheitern sein", sagte Löw. Die Rassismusvorwürfe Özils seien überzogen. "Es hat in meiner Zeit als Bundestrainer in der Mannschaft nie auch nur einen Ansatz rassistischer Äußerungen gegeben."

Bierhoff will "Nähe zu den Fans" wieder aufbauen

Auch DFB-Direktor Oliver Bierhoff wies "den Rassismus-Vorwurf in der Nationalmannschaft und dem DFB klar zurück. "Eins ist klar: Ein Nationalspieler kann keine Zielscheibe rassistischer Angriffe sein!", sagte Bierhoff und ergänzte: Die Art und Weise von Özils Rücktritt "schmerzt uns alle, ihn ja auch".

Bei der WM in Russland habe es vor allem an der richtigen Einstellung gefehlt, sagte Bierhoff und schloss dabei auch den Stab rund um das Team mit ein: "Wir sind bei der WM selbstgefällig aufgetreten." Künftig werde auch er eine andere Einstellung einfordern, so Bierhoff. Zudem wolle er sich darum kümmern, "die Nähe zu den Fans wieder aufzubauen", die ein wenig abhanden gekommen sei. "Wir haben die Unterstützung der Fans für zu selbstverständlich gehalten."

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter