1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Warum sind die Färöer coronafrei?

Friedel Taube
14. März 2021

Während in vielen Ländern die Zahl der Neuinfektionen wieder steigt, meldet ein kleines Archipel im Nordatlantik, frei von Corona zu sein. Wie machen die Färöer das?

https://p.dw.com/p/3qcQw
Färöer-Inseln Bøur | Lonely Planet | Reiseziele für 2021
Bild: Micha Korb/picture alliance

23 Neuinfektionen an einem Tag - nie zuvor und nie danach waren die Färöer im Nordatlantik so hart von Corona betroffen wie am 23. August 2020. Später, im Dezember, war die Fallzahl nochmals "hochgeschnellt" - auf 19 Fälle. Mehr bekamen die Färöer vom Virus nicht mit. Seit dem 26. Februar dieses Jahres gelten die 18 Inseln offiziell als coronafrei.

Wie machen die das bloß?

Auf den Färöer - offiziell Teil des dänischen Königreichs, aber mit weitreichenden Autonomierechten ausgestattet - leben rund 50.000 Menschen, die vor allem von der Fischerei, dem Tourismus und der Schafzucht leben ("Färöer" bedeutet nichts anderes als "Schafsinseln").

Die Inseln liegen abgelegen im Nordatlantik, etwa auf halber Strecke zwischen Schottland und Island. Die relative Isolation ist dann auch schon die erste wichtige Zutat, um eine Pandemie gut beherrschbar zu machen, das zeigt sich auch am Beispiel anderer, deutlich größerer Inselstaaten wie Neuseeland, das zwischenzeitlich frei von neuen Coronafällen war.

Die Färöer erreicht man nur über den Fährhafen der Hauptstadt Tórshavn oder, und das gilt wohl für die meisten Ankömmlinge, über den Flughafen der Stadt Vágar. Das erlaubt eine gute Kontrolle der Einreisenden.

Färöer Inseln | Tinganes peninsula
Im historischen Stadtteil "Tinganes" in TorshavnBild: picture-alliance/dpa/Bildagentur-online/Mahaux-AGF

Empfehlungen statt Zwang

Bárður á Steig Nielsen ist Regierungschef der Färöer. In einem Artikel für den britischen Guardian erklärte er unlängst den Erfolg des Archipels bei der Pandemiebekämpfung.

"Klar haben wir vieles genauso gemacht wie andere auch", schreibt er da. "Testen, Kontaktnachverfolgung, Lockdowns, Aufklärungskampagnen und eine Reorganisation des Gesundheitswesens. Aber andererseits war unsere Strategie auch einzigartig. Anders als andere Regierungen haben wir früh entschieden, dass wir das Verhalten unserer Bevölkerung beeinflussen wollen, indem wir Empfehlungen aussprechen anstatt Verbote zu verhängen", so Nielsen weiter.

Darüber hinaus seien die Färöer im Sommer 2020 das Land mit der weltweit am höchsten Testrate gewesen - zwei Prozent der Gesamtbevölkerung wurden gecheckt. Um diese hohe Rate zu erreichen, waren auf den wenig bevölkerten Färöer allerdings auch "nur" 1000 Tests vonnöten.

"Wer Vertrauen schenkt, bekommt Vertrauen zurück" - das ist laut Nielsen das Erfolgsgeheimnis. Was er einräumt, ist, dass zu der Teststrategie und den vertrauensbildenden Maßnahmen ganz sicher auch ein bisschen Glück hinzukommt.

In dem Falle das Glück, dass die "geografischen und sozialen" Umstände äußerst günstige Voraussetzungen für die Pandemiebekämpfung auf den Färöern bieten. Dass man jetzt bei null Fällen angekommen sei, so Nielsen im Guardian, sei also eine Mischung aus "Kompetenz und Glück". Insgesamt hatten die Färöer bislang während der Pandemie 658 Positiv-Fälle und einen Todesfall zu beklagen.

Fast normales Leben

Für die Einwohner des Archipels ergeben sich aus der "Coronafreiheit" diverse Annehmlichkeiten, von denen Kontinentaleuropäer seit einem Jahr wohl nur träumen können. So wurde am 5. März die Maskenpflicht ausgesetzt.

Einen Tag später startete die Fußballsaison - vor Zuschauern. Ein wichtiger Aspekt für die fußballverrückten Färöer, die viele Europäer wohl überhaupt nur deshalb kennen, weil die Nationalmannschaft des Landes an Welt- und Europameisterschaftsqualifikationen teilnimmt (und dort regelmäßig Letzter wird. Größter Erfolg der Geschichte war ein 1:0-Auswärtssieg über Griechenland 2014).

Griechenland vs. Färöe 14.11.2014
Griechische Tragödie: 2014 gewinnt der krasse Außenseiter Färöer in Piräus mit 1:0Bild: picture-alliance/AP Photo/T. Stavrakis

Wie wichtig der Start der Liga vor Zuschauern ist, bestätigte im Gespräch mit dem NDR jüngst der Deutsche Kevin Schindler, der beim Hauptstadtklub HB Tórshavn Co-Trainer ist: "Wir haben hier ein komplett normales Leben. Ich bin darüber sehr, sehr glücklich. Wenn ich auf den Rest der Welt schaue, ist es dramatisch."

So kommt es, dass auf den Färöern, wenn auch nur vor rund 200 Zuschauern, so doch immerhin mit Fanatmosphäre gekickt wird, während auf dem Kontinent sogar die Champions League vor leeren Rängen abläuft.

Urlaub von Corona?

Für Corona- und maskengestresste Großstädter aus europäischen Metropolen mag der Gedanke verlockend klingen, auf den Färöer Urlaub von der Pandemie zu machen. Allerdings muss man dafür so viel Zeit einplanen, dass vom Urlaub womöglich nicht mehr viel bleibt.

Derzeit kommt niemand ungetestet auf die Inseln. Wer ein Flugzeug oder die einzig verkehrende Autofähre nach Tórshavn, die MS Norönna, nehmen will, muss sich 72 Stunden davor (negativ!) testen lassen. Nach Ankunft muss man sich erneut testen lassen, sechs Tage später nochmals. Dazwischen muss man sich isolieren. Laut Empfehlung der Regierung bleibt das auch noch so bis mindestens 30. Juni.

Ohnehin landen derzeit nur wenige Flugzeuge auf den Färoern, hauptsächlich Flüge aus Dänemark, Irland und Schottland. Maximal fünf am Tag, an manchen Tagen auch nur eins. Gute Nachrichten gibt es für alle, die ab 1. April einreisen und eine Impfung vorlegen können.

Ab dann kann man die Sechs-Tage-Isolierung mit Impfnachweis umgehen. Dann steht dem Urlaub auf den Inseln also nichts mehr entgegen. Bis auf das Klima vielleicht: denn das Thermometer steigt auf den Färöern selbst im Hochsommer nicht über durchschnittlich 13 Grad Celsius.