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UN-Eklat um Syrien

4. Februar 2012

Das Ringen um eine Syrien-Resolution bei den Vereinten Nationen ist am Veto Russlands und Chinas gescheitert. Das war zwar zu erwarten - ist aber dennoch mehr als nur bedauerlich, meint Daniel Scheschkewitz.

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Symbolbild Kommentar (Foto: DW)

Beschämend, traurig, ein Schlag ins Gesicht der Syrer und ein Tiefpunkt für die Vereinten Nationen. Die Empörung über das Veto Russlands und Chinas gegen die aktuelle Syrien-Resolution, die vom Westen und der arabischen Liga eingebracht worden war, kennt kaum Grenzen. Das ist nur allzu verständlich, kommt das Veto doch ausgerechnet an dem Tag, da die brutale Gewalt des Regimes von Baschar al-Assad in der Stadt Homs mit hunderten von Toten ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht hat.

Und doch hatte sich dieses Veto schon seit einiger Zeit abgezeichnet. Während man in München auf der Sicherheitskonferenz wichtige verteidigungspolitische Themen diskutierte, lieferten sich die obersten Diplomaten der USA und Russlands am Rande der Tagung wegen Syrien einen regelrechten Schlagabtausch. Schon ihre Konferenzrede hatte US-Außenministerin Hillary Clinton am Samstag zu einer rhetorischen Abrechnung mit der brutalen Unterdrückungspolitik des Regimes von Baschar al-Assad genutzt.

Eiszeit bei der Sicherheitskonferenz

In einer Luxus-Suite des Hotels "Bayerischer Hof"' soll sie dann mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow ungewöhnlich heftig aneinander geraten sein. Der verbat sich in München noch einmal mit Nachdruck jegliche Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines anderen Landes. Assad sei zwar nicht der Freund Russlands, so argumentierte Lawrow, aber Syrien ein souveräner, unabhängiger Staat. Lawrow hatte schon während des Tages in München mit einem Eklat in New York gedroht - und so war es nicht verwunderlich, dass seine diplomatischen Befehlsempfänger im UN-Sicherheitsrat dann tatsächlich das befürchtete Veto gegen den ohnehin schon abgemilderten Resolutionsentwurf einlegten.

An der Seite der Russen stand - auch nicht wirklich überraschend - China. Menschenrechte zählen im Reich der Mitte bekanntlich wenig, das Prinzip der Nicht-Einmischung dafür umso mehr. Und wo waren die Europäer? Bundesaußenminister Guido Westerwelle beklagte wortreich das Versagen des UN-Sicherheitsrates. Damit stand er zwar fest an der Seite des nicht mehr ganz so treuen Bündnispartners USA - doch auf europäischer Ebene ziemlich alleine da.

DW-Redakteur Daniel Scheschkewitz (Foto: DW/Per Henriksen)
DW-Redakteur Daniel ScheschkewitzBild: DW

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton hatte ihre Teilnahme an der Münchner Sicherheitskonferenz zu diesem Zeitpunkt bereits abgesagt. Sie hatte Brasilien gegenüber der bayerischen Landeshauptstadt den Vorzug gegeben. Vielleicht aus klimatischen Gründen, denn in München herrscht derzeit nicht nur zwischen den einstigen Supermächten Eiszeit, es ist tatsächlich bitter kalt.

UN dürfen nicht nachgeben

Wie soll es nun weitergehen? Russland hat bis zum Schluss hoch gepokert. Die Regierung in Moskau will, dass auch die Gewalt der Aufständischen von der Staatengemeinschaft verurteilt wird und jede Möglichkeit eines Eingreifens in Syrien von außen - wie im Falle Libyens geschehen - ausgeschlossen bleibt.

Diesen Gefallen sollte man Moskau nicht tun. Die internationale Staatengemeinschaft würde damit ein wichtiges, inzwischen anerkanntes Prinzip aufgeben: das der Schutzverantwortung gegenüber Zivilbevölkerungen, ganz gleich an welchem Ort. Russland nutzt mit diesem Veto außerdem einen Anachronismus der Weltpolitik und spielt sich zu einer Machtposition auf, die es spätestens mit dem Ende der Sowjetunion verloren hat. Daran ist gegenwärtig nichts zu ändern, den Lauf der Geschichte wird das Veto dennoch nicht aufhalten können.

Und China? Für die Chinesen war dieses Veto eine willkommene Gelegenheit, die von den USA angekündigte Neuorientierung ihrer Verteidigungspolitik mit einem diplomatischen Affront zu beantworten. Ob dies ausgerechnet im Falle Syriens klug war, darf bezweifelt werden. China wird seinen rasanten wirtschaftlichen Aufschwung ohne die Rohstoffreserven des Nahen Ostens kaum ungebremst fortsetzen können. Die Menschen in der nach Freiheit strebenden Region könnten jedoch eines Tage an dieses Veto zurückdenken. Gut möglich, das man diese Entscheidung in Peking dann noch bedauern wird.

Autor: Daniel Scheschkewitz
Redaktion: Monika Griebeler