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KonflikteUkraine

Aktuell: Selenskyj spricht Ukrainern Mut zu

25. Dezember 2022

Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj hat eine Weihnachtsbotschaft an seine Landsleute gerichtet. Dabei wurde er sehr emotional. Unterdessen steigt die Zahl der Toten in Cherson nach dem russischen Angriff.

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Ukraine Weihnachtsfeier in Kiew
Die orthodoxe Kirche in der Ukraine erlaubt die Weihnachtsfeier sowohl am 24. Dezember als auch am 7. JanuarBild: Danylo Antoniuk/AA/picture alliance

Das Wichtigste in Kürze:

  • Selenskyj richtet emotionale Weihnachtsansprache an Ukrainer
  • Mindestens 16 Tote nach russischem Angriff auf Cherson
  • Luftalarm für ganz Ukraine wieder aufgehoben
  • Kiew glaubt nicht an Verhandlungswillen Putins
  • Papst Franziskus fordert Ende des Krieges

Der ukrainische Staatschef Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die unter dem russischen Angriffskrieg leidenden Menschen in seinem Land nochmals zum Durchhalten aufgerufen: "Wir haben Angriffe, Drohungen, atomare Erpressung, Terror und Raketenschläge ausgehalten. Lasst uns diesen Winter überstehen, weil wir wissen, wofür wir kämpfen", erklärte Selenskyj in einer Ansprache unter freiem Himmel - im Dunkeln mit einem Weihnachtsbaum im Hintergrund.

Ukraine Weihnachtsgrüße des Präsidenten der Ukraine Wolodymyr Selenskyj
Videoaufzeichnung vor spärlich beleuchtetem Hintergrund: Wolodymyr SelenskyjBild: president.gov.ua

Millionen Menschen in der Ukraine und in der Welt würden in diesen Tagen Weihnachten feiern - "wie immer". Der Unterschied sei nur: "Wir werden nicht auf ein Wunder warten, denn wir schaffen es selbst." Tränen würden durch Freude ersetzt, auf Verzweiflung folge Hoffnung, "und der Tod wird vom Leben besiegt", so Selenskyj.

Der Präsident erinnerte auch an die Ukrainer, die ins Ausland geflohen sind oder Weihnachten in russischer Gefangenschaft verbringen müssen. "Wir werden allen ukrainischen Frauen und Männern ihre Freiheit zurückbringen", versicherte der 44-Jährige.

"Mit einer großen Umarmung"

Nach den russischen Angriffen auf die Energieinfrastruktur des Landes könnten in diesem Jahr die Straßen und Häuser nicht so hell erstrahlen wie sonst, sagte Selenskyj. Doch könne keine russische Drohne und keine Rakete den Geist von Weihnachten brechen. "Und auch in totaler Finsternis werden wir einander finden, um uns fest zu umarmen. Und wenn es keine Heizung gibt, werden wir uns mit einer großen Umarmung wärmen."

Ukraine Ikonen-Verkauf in Kiew
Ikonen zum Verkauf in Kiew - hergestellt aus dem Holz von MunitionskistenBild: Mustafa Ciftci/AA/picture alliance

In der Ukraine ist sowohl der 25. Dezember ein offizieller Weihnachtstag als auch der 7. Januar, an dem die orthodoxen Christen feiern. Laut Umfragen führt der russische Angriffskrieg dazu, dass sich immer mehr Ukrainer der Feierkultur der westlichen Kirchen zuwenden.

Mindestens 16 Tote in Cherson

In der südukrainischen Stadt Cherson ist die Zahl der Toten durch Artilleriebeschuss und Explosionen nach Behördenangaben auf 16 gestiegen. Zudem seien 64 Menschen durch russische Angriffe verletzt worden, teilte der ukrainische Militärgouverneur Jaroslaw Januschewitsch in seinem Kanal im Nachrichtendienst Telegram mit. Unter den Toten seien auch drei Männer, die bei Minenräumarbeiten ums Leben gekommen seien. Die ukrainischen Behörden hatten Moskau massiven Artilleriebeschuss des Zentrums der einst von russischen Truppen besetzten Stadt Cherson vorgeworfen.

Ukraine Kherson Artillerie Beschuss Verletzte
Beim russischen Artillerieangriff auf Cherson wurden auch viele Menschen verletztBild: Dimitar Dilkoff/AFP

Nach ukrainischen Angaben beschießen russische Truppen die Stadt weiter aus anderen Teilen des besetzten Gebiets Cherson. Der Großteil des Gebiets wird weiterhin von russischen Truppen kontrolliert. Russland hat die Region Cherson völkerrechtswidrig annektiert. Der Kreml betont, dass Russland die gesamte Region Cherson als sein Staatsgebiet ansehe und nicht aufgebe.

Luftalarm wieder aufgehoben

Nach dem Luftalarm für alle Regionen der Ukraine am Morgen haben die Behörden Entwarnung gegeben. Es gebe keine Berichte über neue russische Angriffe. Nach unbestätigten Berichten in den sozialen Medien in der Ukraine wurde der Alarm möglicherweise ausgelöst, nachdem russische Kampfflugzeuge in Belarus gestartet waren. Als diese zu ihren Stützpunkten zurückgekehrt seien, sei Entwarnung gegeben worden. Ein Sprecher der ukrainischen Luftwaffe sagte im Fernsehen, russische Militärflugzeuge seien praktisch rund um die Uhr am Himmel. "Aber wir haben die Bereitschaft erhöht – alles, was abhebt, muss unter unserer Kontrolle sein."

Putin angeblich zu Verhandlungen bereit

Russland ist nach den Worten seines Präsidenten Wladimir Putin zu Verhandlungen mit allen im Ukraine-Konflikt beteiligten Parteien bereit. Allerdings hätten die Führung in Kiew und ihre westlichen Unterstützer Gespräche verweigert, sagt Putin in einem Interview des staatlichen Fernsehens. "Wir sind bereit, mit allen Beteiligten über akzeptable Lösungen zu verhandeln, aber das liegt an ihnen – nicht wir sind diejenigen, die sich weigern zu verhandeln, sondern sie." Putin zeigt sich von seinem Kurs überzeugt. "Ich glaube, dass wir in die richtige Richtung handeln. Wir verteidigen unsere nationalen Interessen, die Interessen unserer Bürger, unseres Volkes. Und wir haben keine andere Wahl, als unsere Bürger zu schützen."

Russland l Präsident Putin, Sitzung des Vorstands des russischen Verteidigungsministeriums
Russlands Präsident Putin ist weiterhin von seiner Mission überzeugtBild: Sergei Fadeichev/TASS/dpa/picture-alliance

Präsidentenberater glaubt Moskau nicht

Trotz mehrfach angedeuteter Gesprächsbereitschaft des russischen Präsidenten hält Kiew nichts von den Worten des Kremlchefs. "Russland will keine Verhandlungen und versucht, sich der Verantwortung (für den Krieg) zu entziehen", twitterte Mychajlo Podoljak, Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.

"Daher ist es offensichtlich, dass wir uns zu einem Tribunal bewegen." Nach den Vorstellungen Kiews soll sich die politische und militärische Führung Russlands wegen des Angriffskriegs vor einem Internationalen Gerichtshof nach dem Vorbild des Nürnberger Tribunals verantworten.

Papst Franziskus fordert Ende des Krieges

Papst Franziskus hat in seiner Weihnachtsbotschaft dazu aufgerufen, den "sinnlosen Krieg" in der Ukraine zu beenden. "Der Herr (...) erleuchte den Verstand derer, die die Macht haben, die Waffen zum Schweigen zu bringen und diesem sinnlosen Krieg ein sofortiges Ende zu setzen", sagte er vor tausenden Gläubigen auf dem Petersplatz in Rom, bevor er den festlichen Segen "Urbi et Orbi" (der Stadt und dem Erdkreis) aussprach.

Vatikan Papst Franziskus Urbi et Orbi 2021
Papst Franziskus bei seiner Weihnachtsansprache in RomBild: Vatican/AP Photo/picture alliance

In seiner Ansprache von der Loggia des Petersdoms aus warnte er zudem vor den Auswirkungen des zehnmonatigen Krieges auf die Ernährungslage. Weltweit litten Menschen Hunger, sagte der Pontifex. "Der Krieg in der Ukraine hat die Situation weiter verschlimmert, sodass ganze Bevölkerungsgruppen von einer Hungersnot bedroht sind, insbesondere in Afghanistan und den Staaten am Horn von Afrika", fügte das Oberhaupt der katholischen Kirche hinzu. 

"Jeder Krieg - das wissen wir - verursacht Hunger und missbraucht die Nahrung als Waffe, indem er ihre Verteilung an bereits leidende Bevölkerungen verhindert", sagte Franziskus in seiner Ansprache, die weltweit im Radio und Fernsehen übertragen wurde. Der 86-Jährige rief dazu auf, sich dafür einzusetzen, "dass Nahrung nur ein Mittel des Friedens sei".

Bätzing mahnt Friedensinitiativen im Ukraine-Krieg an

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, mahnte unterdessen Überlegungen dazu an, wie ein Friede in der Ukraine aussehen könnte. Die Suche nach diplomatischen Lösungen dürfe nicht vergessen werden. "Auch wenn die Unterstützung des völkerrechtswidrig überfallenen Landes durch alle benötigten Güter weitergehen muss, braucht es gleichzeitig jetzt schon Friedensinitiativen. Denn wie soll es sonst weitergehen, wenn hoffentlich bald endlich die Waffen schweigen?", sagte Bätzing beim Weihnachtsgottesdienst im Limburger Dom.

as/sti/wa/rb (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.