1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Sputnik V bald auch in der EU?

26. März 2021

Die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA könnte innerhalb der kommenden zwei Monate das russische Vakzin Sputnik V zulassen. Wird es die Impfungen gegen das Coronavirus in der EU beschleunigen können?

https://p.dw.com/p/3rBHI
Bolivien | Ankunft Sputnik Coronavirus Impfstoff
In vielen Ländern weltweit - wie in Bolivien - ist der Corona-Impfstoff Sputnik V schon zugelassenBild: Juan Karita/AP Photo/picture alliance

In der EU läuft die Impfung gegen das Coronavirus nur schleppend. Einer der Hauptgründe dafür ist das Fehlen von ausreichend Impfstoff-Dosen. Daher sprechen europäische Politiker immer öfter über die Möglichkeit, das russische Vakzin Sputnik V auch in der EU zuzulassen. Bereits seit Anfang März wird es von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) geprüft; Anfang April will die Behörde Experten nach Russland entsenden, um sich die Ergebnisse klinischer Studien und die Produktionsbedingungen vor Ort anzuschauen.

Zwar ist es den Herstellern in Russland wie denen in der EU bisher nicht gelungen, die Produktionskapazitäten so zu erhöhen, dass die Nachfrage im In- und Ausland befriedigt werden kann. Doch Moskau zeigt sich optimistisch.

Produktionsmengen sollen steigen

Russlands stellvertretende Ministerpräsidentin Tatjana Golikowa, die für die Bekämpfung der Pandemie zuständig ist, erklärte jüngst, Russland wolle im ersten Halbjahr insgesamt 178 Millionen Einzeldosen der russischen Impfstoffe Sputnik V, EpiVacCorona und CoviVak herstellen. Für einen vollen Impfschutz müssen diese allerdings - wie die meisten anderen Corona-Vakzine auch - zweimal verabreicht werden.

Russlands Impfkampagne auf Hochtouren

Gleichzeitig sollen aber in Russland selbst bis Mitte Juni über 30 Millionen Menschen geimpft werden, berichtete vor kurzem die Nachrichtenagentur TASS unter Berufung auf den russischen Gesundheitsminister Michail Muraschko. Dafür sind rund 60 Millionen Einzeldosen nötig. Für den Export blieben danach 118 Millionen Dosen übrig, also Impfstoff für nur rund 59 Millionen Menschen.

Der staatliche russische Investitionsfonds RDIF, der Sputnik V im Ausland vertreibt und bewirbt, teilt mit, dass mehr als 50 Staaten weltweit auf das Vakzin warten würden. Dass so viele Länder Sputnik V bereits zugelassen haben, wird in Russland als internationaler Erfolg gefeiert. Laut RDIF kommen alle diese Länder zusammen auf eine Gesamtbevölkerung von über 1,5 Milliarden Menschen.

Russland Region Irkutsk | Coronavirus Impfzug
Bewohner der Region Irkutsk werden in einem speziellen Zug gegen das Coronavirus geimpftBild: Evgeny Kozyrev/REUTERS

Und wenn die EU mit ihren 450 Millionen Einwohnern auch noch den Einsatz des russischen Präparats erlaubt? Für die Mengen an Impfstoff, die benötigt würden, um so viele Menschen zu versorgen, verfügt Russland nicht über die erforderlichen Produktionsanlagen. Sie wird es dort auch in absehbarer Zukunft nicht geben.

Produktion von Sputnik V im Ausland

Den einzigen Ausweg aus diesem Dilemma sieht der Kreml im Aufbau von Produktionsstätten außerhalb Russlands. "Um die weltweite Nachfrage nach unserem Impfstoff zu befriedigen, arbeiten wir am Transfer unserer Technologie ins Ausland. Entsprechende Vereinbarungen über den Aufbau von Produktionsstätten gibt es bereits mit zehn Staaten", berichtete der russische Industrieminister Denis Manturow bei einer Videoberatung mit Präsident Wladimir Putin.

Berichten zufolge wird Sputnik V bereits in Kasachstan, Belarus, Indien, Südkorea und Brasilien hergestellt. Zudem hat der RDIF eine Vereinbarung mit dem Schweizer Unternehmen Adienne Pharma & Biotech unterzeichnet. Die Produktion von Sputnik V soll demnach im Juli bei einer Tochterfirma von Adienne Pharma & Biotech in Italien beginnen. Bis Ende des Jahres sollen zehn Millionen Dosen hergestellt werden.

Am 24. März kam die Nachricht, der russische Konzern R-Pharm beabsichtige, die Produktion seines Sputnik V-Impfstoffs in seinem Werk im bayerischen Illertissen aufzunehmen. Dort könnten ab Juni Millionen Dosen produziert werden, sagte R-Pharm-Manager Alexander Bykow der Deutschen Presse-Agentur. Dies sei jedoch abhängig von der Zulassung durch die EMA. Neben Italien und Deutschland werden auch Österreich, Frankreich und Spanien als mögliche Standorte genannt.

Argentinien Ankunft der Impfung Sputnik V
Sputnik-Dose in Argentinien: Auch das südamerikanische Land setzt auf des russischen ImpfstoffBild: Pavel Korolyov/AFP

Sputnik V - ein möglicher Mosaikstein von vielen

Daher stellt sich die Frage: Könnte Sputnik V der EU den entscheidenden Tempo-Schub beim Impfen geben? Eindeutig nein. Denn der grundlegende Durchbruch wird früher kommen - und das aus mehreren Gründen. Bis zum Sommer wird die Produktionsmenge des Vakzins von BioNTech/Pfizer deutlich zunehmen. Das im Februar in Betrieb genommene BioNTech-Werk im deutschen Marburg verspricht, bis Ende des ersten Halbjahres 250 Millionen Dosen zu produzieren. Und das französische Unternehmen Sanofi hat zugesagt, 125 Millionen Dosen dieses Impfstoffs für die EU herzustellen.

Ab April wird das US-Unternehmen Johnson & Johnson seinen bereits zugelassenen Impfstoff nach Europa liefern, und zwischen Mai und Juni wird die Zulassung des zweiten deutschen mRNA-Impfstoffs von CureVac erwartet, von dem die EU insgesamt 405 Millionen Dosen bekommen könnte. Ferner läuft die Vorbereitung zur Zulassung des amerikanischen Impfstoffs Novavax. Parallel dazu wird die EU auf verschiedene Weise den Pharmakonzern AstraZeneca dazu drängen, seinen vertraglichen Verpflichtungen vollständig nachzukommen. Für das zweite Quartal waren 180 Millionen Dosen zugesagt.

Somit würde Sputnik V erst gegen Ende der Massenimpfung in der EU zum Einsatz kommen, und das vermutlich anfangs in vergleichbar geringen Mengen. Daher wird wohl das Vakzin auf die Impfkampagne in der EU keine großen Auswirkungen haben können. Eine Produktion in europäischen Unternehmen würde es Russland aber ermöglichen, die Versorgung anderer Länder weltweit mit Sputnik V zu erhöhen. Daher dürfte die EU für Russland weniger ein großer Abnehmer als vielmehr ein wichtiger Produktionsstandort werden.

Adaption aus dem Russischen: Markian Ostaptschuk