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Chronische Lungenerkrankungen durch E-Zigaretten?

19. Dezember 2019

E-Zigaretten seien langfristig genau so gefährlich wie Tabak, sagt eine neue Langzeitstudie. Wer beides kombiniert, riskiere Asthma, Bronchitis und Co. Aber es gibt auch Kritik an der Methodik der Studie.

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Bild: Fotolia/Lisa F. Young

Kein "besser als…." oder  "ja, aber…." mehr: Das sagen die Autoren einer Langzeitstudie, die zeigen soll, dass das Rauchen von E-Zigaretten langfristig genauso schädlich ist wie das Rauchen von Tabak.

Die Wahrscheinlichkeit, an Asthma, Bronchitis, Emphysem (eine krankhafte Aufblähung der Lunge) oder an einer chronisch verschleppten Lungenerkrankung zu erkranken, nimmt demnach durch den E-Zigaretten-Konsum um etwa ein Drittel zu. 

Besonders gefährdet seien Raucher, die abwechselnd sowohl Tabak- als auch E-Zigaretten konsumieren, dadurch verdreifache sich Risiko einer chronischen Lungenerkrankung.

Dies zeigt eine Studie der University of California, San Francisco (UCSF), für die Daten  von 32.000 Erwachsenen in den USA aus den Jahren von 2013 bis 2016 analysiert wurden. Veröffentlicht wurde die repräsentative Studie im American Journal of Preventive Medicine.

E-Zigarette zur Tabakentwöhnung?

Diese Feststellung ist vor allem relevant für die Debatte, ob E-Zigaretten als Mittel der Tabakraucherentwöhnung gefördert werden sollten. Denn die meisten Raucher wechseln nicht vollständig vom Tabak zur E-Zigarette, sondern nutzen beides wahlweise: 

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Tabak- und E-Zigaretten zusammen sind am riskantesten, zeigt die neue US-StudieBild: Reuters/V. R. Garcia

"Der Wechsel von herkömmlichen Zigaretten ausschließlich zu E-Zigaretten könnte das Risiko einer Lungenerkrankung verringern, aber nur sehr wenige Menschen tun es", sagt Stanton Glantz, Professor für Medizin und Direktor des UCSF Center for Tobacco Control Research and Education.

"Die meisten Raucher nutzen einfach die E-Zigaretten zusätzlich. Sie werden so zu dualen Nutzern, was ihr Risiko, Lungenerkrankungen zu entwickeln, deutlich erhöht."

Kritik an der Studien-Methodik

Ob die Kernaussage der Studie allerdings so endgültig stehen bleiben kann, muss erst noch weitere Forschung zeigen. Die kausale Interpretation der Studienergebnisse sei fragwürdig, sagt Dr. Ute Mons, Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), Heidelberg. "Tatsächlich lässt sich der gefundene Zusammenhang zwischen E-Zigaretten und Lungenerkrankungen auch dadurch erklären, dass E-Zigarettenkonsum die Folge bereits bestehender Lungenprobleme ist, die wiederum durch das vorherige Rauchverhalten verursacht wurden," sagt Mons

Das Problem bestehe darin, dass die große Mehrheit der E-Zigarettennutzer aktuelle oder ehemalige Raucher seien. Daher müsse man das frühere Rauchverhalten statistisch herausrechnen, um den Effekt der E-Zigarettennutzung vom früheren Raucherhalten trennen zu können.

"Die Studie macht dies aber nur sehr unvollständig", sagt Mons. "So wurde nur der aktuelle Tabakkonsum herausgerechnet, nicht aber die Dauer und Menge des früheren Tabakkonsums. Da denkbar ist, dass insbesondere langjährige, schwere Raucher auf E-Zigaretten wechseln [...], besteht die Möglichkeit, dass das Risiko für Atemwegserkrankungen, das dem E-Zigarettenkonsum zugeschrieben wird, tatsächlich teilweise oder gar vollständig auf das frühere Rauchverhalten zurückzuführen ist."

Kein direkter Zusammenhang mit jüngsten Todesfällen

Diese UCSF-Forschungsergebnisse stehen allerdings nicht im direkten Zusammenhang mit der verheerenden, plötzlich auftretenden Lungenkrankheit, an der in den USA in den vergangenen Monaten bereits 52 Personen gestorben sind. Nach wie vor gegen Mediziner davon aus, dass sie illegale, gestreckte THC-(Cannabis)-Produkte verdampft haben.

USA E-Zigaretten-Shop in San Francisco
Ab kommenden Jahr ist der Verkauf von E-Zigaretten in San Francisco verbotenBild: Getty Images/J. Sullivan

Die UCSF-Studie bezieht sich zudem auf die E-Zigaretten, wie sie in den USA verkauft werden. Durch die europäische Tabakrichtlinie ist die Zusammensetzung der Wirkstoffe von E-Zigaretten deutlich strikter geregelt als in den USA. Im Großraum San Francisco ist der Verkauf von E-Zigaretten ab dem kommenden Jahr verboten.

Langfristige Auswirkungen erstmals nachgewiesen

Frühere Studien kamen zwar ebenfalls zu dem Schluss, dass es einen Zusammenhang zwischen E-Zigaretten und Lungenerkrankungen gibt. Langfristige Auswirkungen konnten aber bislang nicht nachgewiesen werden, auch weil die Erfahrungswerte fehlten. 

Keiner der Teilnehmer hatte zu Beginn der UCSF-Studie Lungenprobleme. Durch die Beobachtung über einen Zeitraum von drei Jahren konnten die Wissenschaftler jetzt den kausalen Zusammenhang zwischen dem E-Zigarettenkonsum und Lungenerkrankungen eindeutig nachweisen.

"Diese Studie stützt die Einschätzung, dass E-Zigaretten langfristige negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben und die Tabakepidemie verschlimmern", sagt Glantz.

DW Mitarbeiterportrait | Alexander Freund
Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit@AlexxxFreund