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Gefährliche Aromen in E-Zigaretten

19. September 2019

Indien hat elektronische Zigaretten aus dem Land verbannt. Zuvor hatte New York als zweiter US-Bundesstaat aromatisierte E-Zigaretten verboten. Oftmals ist unklar, was die Aromen eigentlich beinhalten.

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junger Mann raucht eine E-Zigarette
Bild: Reuters/M.Blinch

Wer in Indien E-Zigaretten herstellt, importiert, sie exportiert, lagert oder verkauft, müsse mit hohen Geldstrafen oder einer Haftstrafe von bis zu einem Jahr rechnen, so Finanzministerin Nirmala Sitharaman. Wiederholungstätern drohten bis zu drei Jahre Haft.

Auch in den USA reißt die Diskussion um E-Zigaretten nach ungeklärten Lungenerkrankungen und mehreren Todes- und vielen Krankheitsfällen nicht ab. Die plötzlichen Atembeschwerden traten meist bei Patienten auf, die sehr jung waren und bis dahin keine größeren gesundheitlichen Probleme gehabt hatten.

Bevor aromatisierte E-Zigaretten in New York untersagt wurden, hatte der Bundesstaat Michigan bereits ein Verbot von Aromastoffen in E-Zigaretten in Kraft gesetzt, weil die Hersteller die süßlichen Stoffe gezielt verwendeten, um Kinder für ihre Produkte zu gewinnen.

USA Vaping
Rund 3,6 Millionen Schüler nutzen in den USA die batteriebetriebenen VerdampferBild: Getty Images/J. Raedle

E-Zigaretten sind unter jungen Leuten in den USA weit verbreitet. Schätzungen zufolge nutzen dort rund 3,6 Millionen Schüler die batteriebetriebenen Verdampfer. Mehrere Bundesstaaten hoben seit dem vergangenen Jahr das Mindestalter für den Kauf dieser Zigaretten auf 21 Jahre an. San Francisco verbot als erste US-Großstadt den Verkauf von E-Zigaretten komplett.

Präsident Donald Trump hatte kürzlich "sehr strenge" Vorschriften für Hersteller angekündigt und die Nutzung von E-Zigaretten als "großes Problem" bezeichnet.

Zweifelhafte Aromen

Oftmals ist die genaue Zusammensetzung der jeweiligen Aromastoffe nicht klar. Offenbar wirken sich Zusammensetzungen von Tabak-, Vanille- und Sahnebonbon-Aroma weniger negativ auf die Gefäßzellen aus.

Weit gefährlicher sind Lösungen mit Zimt- und Mentholaromen, die auch ohne Nikotin die Zellen massiv schädigen. Das hatten Forscher um Won-Hee Lee von der Stanford University in diesem Juni herausgefunden.

Forscher der Duke University im US-Bundesstaat North Carolina haben jetzt in E-Zigaretten und Kautabak den möglicherweise krebserregenden Geschmacksstoff Pulegon "in besorgniserregend hoher Konzentration" nachgewiesen. 

Frische Minze
Pulegon ist eine farblose Flüssigkeit mit einem angenehmen, an Pfefferminze erinnernden Geruch. Bild: picture-alliance/Bildagentur-online

Der in Produkten mit Minz- und Mentholgeschmack enthaltene Stoff war bereits im vergangenen Jahr von den US-Behörden als Geschmackszusatzstoff in Lebensmitteln verboten worden, für E-Zigaretten und Kautabak sei die Chemikalie jedoch nicht reguliert, schreiben die Wissenschaftler um Sven-Eric Jordt im Fachjournal "Jama Internal Medicine".

Unklar sei allerdings, welche Auswirkungen es habe, wenn Pulegon nicht geraucht, sondern per E-Zigarette aufgenommen werde, so die Forscher. Die US-Regulierungsbehörde FDA (Food and Drug Administration) solle nun Maßnahmen ergreifen, damit weniger Menschen Pulegon ausgesetzt sind.

Was ist Pulegon?

Pulegon ist eine farblose bis schwach gelbe Flüssigkeit mit einem angenehmen, an Pfefferminze und Campher erinnernden Geruch. Es wird insbesondere aus dem Öl der Polei-Minze "Mentha pulegium" gewonnen und dient zur Herstellung von Menthol.

Die in Pulegon enthaltenen Pflanzenteile werden in einigen Teilen der Welt als traditionelles Heilmittel, zum Würzen von alkoholischen Getränken, Backwaren, Süßigkeiten etc. sowie als natürliches Insektenschutzmittel und zur Synthese von Menthol verwendet. Die Polei-Minze wurde bereits in der Antike als Allheilmittel genutzt, sie diente als Gewürz und wurde gegen Schädlinge wie Flöhe oder Nager eingesetzt.

In der Europäischen Union ist Pulegon heutzutage als Duftstoff in kosmetischen Produkten zugelassen. Als aktiver Bestandteil verschiedener Pflanzenöle (beispielsweise Poleiöl, Pfefferminzöl, Basilikumöl, Rosmarinöl) dient Pulegon als Grund- oder Ausgangsstoff für die Herstellung von Parfumölen für Seifen und Waschmittel.

Infografik Konsum Wasserpfeife, E-Zigarette, E-Sisha DE

Riechen ja, aber nicht schlucken!

Aufgüsse mit der Polei-Minze oder mit Pulegon-haltigen Ölen sind unbedenklich. Aber man sollte den Stoff nicht einnehmen. Zwar ist Pulegon nicht wirklich giftig, aber gesundheitsschädlich, denn es reizt den Verdauungstrakt, die Schleimhäute sowie selbst intakte Haut. Es kann zu Krämpfen, zu einer krankhaften Übersäuerung des Körpers (Azidose ) und zu Koliken führen. Gelangt es in den Organismus, wird Pulegon im Körper beim Versuch der Entgiftung oxidativ zu toxischen Metaboliten umgewandelt, die die Leber schädigen.

Pulegon in europäischen E-Zigaretten?

In Deutschland habe der Gesetzgeber Pulegon bereits bei der Regulierung von E-Zigaretten indirekt berücksichtigt, so Michal Dobrajc vom Verband des E-Zigarettenhandels.

Zwar sei Pulegon in der Liste von verbotenen Inhaltsstoffen nicht namentlich aufgeführt, wohl aber verarbeitete Bestandteile, Extrakte und Öle, die aus der Pflanze Poleiminze stammen. Das ätherische Öl der Poleiminze bestehe aus bis zu 94 Prozent Pulegon und wurde vom Gesetzgeber daher auch ausdrücklich als Inhaltsstoff verboten, so der Interessenvertreter des E-Zigarettenhandels. "Wir gehen davon aus, dass sich alle Marktteilnehmer an die gesetzlichen Vorgaben halten", so Dobrajc .

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Bild: Reuters/J. Dey

Lieber Tabak als E-Zigaretten in Indien

Das E-Zigaretten-Verbot in Indien hat eher symbolischen Charakter. Die im Westen populären Verdampfer gelten wegen ihres hohen Preises als Luxusprodukt. Entsprechend konsumieren nur wenige überhaupt E-Zigaretten. Aber der potentielle Markt ist natürlich groß.

Weit verbreiteter ist in Indien dagegen der Tabakkonsum. Das Land hat - mit 106 Millionen Erwachsenen - weltweit die zweitgrößte Anzahl an Rauchern. Neben dem Rauchen wird Tabak auch oft gekaut. Jährlich sterben mehr als 900.000 Menschen in Indien an den Folgen von Tabakkonsum.

DW Mitarbeiterportrait | Alexander Freund
Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit@AlexxxFreund