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Politik

Scholz warnt vor "dramatischer Eskalation"

3. März 2022

Waffenlieferungen ja, NATO-Einsatz nein. Der Bundeskanzler steckt in einem ausführlichen Interview zum Ukraine-Krieg seine Positionen ab. Eine klare Forderung hat Olaf Scholz an Altkanzler Gerhard Schröder.

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Bundeskanzler Scholz zu Gast bei Maybrit Illner
Kanzler Scholz im Studio bei ZDF-Talkerin Maybrit IllnerBild: Svea Pietschmann/dpa/ZDF/picture alliance

Bundeskanzler Olaf Scholz hat eine Waffenruhe im Ukraine-Krieg gefordert und zugleich betont, dass es "keine direkte Konfrontation der NATO mit Russland geben darf". Das würde eine "dramatische Eskalation dieser schwierigen Lage in der Ukraine mit sich bringen, das würde große Gefahren mit sich bringen", warnte Scholz im Zweiten Deutschen Fernsehen. "Deshalb wird es jetzt auch keine Entscheidungen geben, die dazu führen, dass NATO-Staaten  sich militärisch an dieser Auseinandersetzung beteiligen."

Gedanken an einen "Regime Change" im Kreml - also einen Sturz von Russlands Staatschef Wladimir Putin - erteilte Scholz eine Absage. "Regime Change ist keine gute Perspektive", meinte der Kanzler in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner". Demokratie könne man nicht von außen in Länder exportieren.

Ukrainer "nicht alleine lassen" 

Die Entscheidung der Bundesregierung für die Lieferung von deutschen Panzerabwehrwaffen und Boden-Luft-Raketen an die Ukraine verteidigte Scholz. Die, die unschuldig angegriffen werden, dürfe man "nicht alleine lassen", betonte der Kanzler. Deutschland habe seine Politik, Waffen nicht in Krisengebiete zu liefern, "konsequent über viele Jahre verfolgt" und werde dies "sicher an vielen Stellen auch weiterhin tun. Aber nach dem Angriff auf die Ukraine wäre es falsch, das jetzt noch fortzusetzen an dieser Stelle", sagte der deutsche Regierungschef.

Gleichzeitig setze Deutschland aber weiter darauf, diplomatische Kanäle zu nutzen, um ein Ende des Konflikts zu erreichen. "Wir brauchen auch eine Situation, in der verhandelt wird und in der sich am Ende auch die russischen Truppen wieder zurückziehen - so unrealistisch das gegenwärtig erscheint", so Scholz.

Scholz bremst EU-Beitrittswunsch

Mit Blick auf den Wunsch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nach einem EU-Beitritt sagte der Kanzler, auf der Tagesordnung stünden nun zunächst Entscheidungen über eine Aufnahme der Westbalkan-Staaten. Es müsse sehr klar sein, welche Voraussetzungen ein Land vor einer Aufnahme erfüllen müsse.

Den Beschluss, Gas- und Ölimporte nicht auf die Sanktionsliste zu setzen, rechtfertigte Scholz unter Verweis auf die bereits vor der russischen Invasion stark gestiegen Energiepreise in Deutschland. Zugleich müsse man dafür sorgen, schnell die Abhängigkeiten zu verringern.

"Überhaupt keine private Angelegenheit"

An Altbundeskanzler Gerhard Schröder richtete Scholz die Forderung, seine Mandate bei russischen Energiefirmen niederzulegen. "Ich finde nicht richtig, dass Gerhard Schröder diese Ämter wahrnimmt", sagte der Sozialdemokrat Scholz. Es sei ihm "sehr wichtig", dass der frühere SPD-Kanzler sich von diesen Posten zurückziehe. Die Posten bei staatlichen und halbstaatlichen russischen Energieunternehmen seien "überhaupt keine private Angelegenheit", betonte Scholz. Schröder trage auch als ehemaliger Kanzler weiter Verantwortung und müsse sich vor der Öffentlichkeit rechtfertigen.

Schröder gratuliert Putin zum 53. Geburtstag
Gerhard Schröder (l.) mit Wladimir Putin im Jahr 2005Bild: EPA/ITAR-TASS/dpa/picture alliance

Schröder pflegt nicht nur eine freundschaftliche Verbindung zu Präsident Putin, sondern ist auch Vorsitzender des Gesellschafterausschusses der Nord Stream AG und Aufsichtsratschef beim staatlichen Energiekonzern Rosneft. Außerdem kandidiert Schröder für einen Posten im Aufsichtsrat des staatlichen Energiekonzerns Gazprom. Die SPD-Führung fordert Schröder seit Tagen vergeblich auf, sich von diesen Posten zurückzuziehen. Erste Ortsverbände haben bereits beantragt, ein Parteiordnungsverfahren gegen den Altkanzler einzuleiten. Dieses könnte verschiedene Strafen bis hin zum Parteiausschluss nach sich ziehen.

wa/se (dpa, rtr, afp)