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Mehr Geld alleine bildet nicht

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Felix Steiner
6. September 2016

Die Vereinten Nationen haben sich hohe Ziele in Sachen Bildung für alle Menschen gesteckt. Die drohen nun absehbar zu scheitern, warnt die UNESCO. Doch deren Empfehlungen helfen auch nur bedingt, meint Felix Steiner.

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Burundi Mädchen schreibt auf Tafel
Bild: picture alliance/dpa-Zentralbild/T. Schulze

Die UNESCO schlägt Alarm: Angesichts "anhaltender Trends" seien die nachhaltigen Entwicklungsziele im Bereich Bildung in Gefahr. Die waren beim UN-Gipfel vor gerade mal einem Jahr verabschiedet worden und sehen vor, dass jeder Mensch bis 2030 in den Genuss von "inklusiver, gerechter und hochwertiger Bildung" kommen soll. Und die UNESCO verbindet den ernüchternden, aber doch sehr vorzeitigen Befund mit dem, was Organisationen dieses Schlages immer tun: Sie fordert mehr Geld.

Doch ist mehr Geld allein - aufzubringen vorzugsweise natürlich von den reichen Staaten der Nordhalbkugel - wirklich die Lösung aller Probleme? Der Blick in den eben vorgelegten Weltbildungsbericht 2016 hilft da weiter. Bis zum heutigen Tag besuchen neun Prozent aller Kinder weltweit nicht einmal eine Grundschule - lernen also weder Lesen, noch Schreiben noch Rechnen.

Millionen Analphabeten jedes Jahr

Die absoluten Zahlen machen die Dimension des Problems deutlicher: 61 Millionen Kinder der Jahrgänge, die jetzt eine Grundschule besuchen müssten, bleiben Analphabeten. Werden also nie die Chance haben, einer nach modernen Maßstäben anspruchsvollen Arbeit nach zu gehen und so ihren Lebensunterhalt zu verdienen. 16 Prozent eines Geburtsjahrgangs oder weitere 60 Millionen Kinder des entsprechenden Alters kommen nie in den Genuss einer weiterführenden Schule, die erst die Tür öffnet für eine berufliche Ausbildung oder höhere Schulen. Die sozialen Probleme der Zukunft, inklusive weiter wachsender Bevölkerungen vor allem in den ärmsten Ländern - sie sind in diesen Zahlen wie unter dem Brennglas zu besichtigen.

Und dennoch die Frage: Würde Geld aus dem Norden alleine das Problem lösen? Die Antwort ist ganz klar: Nein! Schon in ihren Millenniumszielen aus dem Jahr 2000 haben die Staaten der Welt vereinbart, bis 2015 jedem Kind eine Grundschulbildung zu ermöglichen. Und sind daran erkennbar gescheitert. Zwar wurden dank des klaren politischen Willens in vielen schwarzafrikanischen und südasiatischen Staaten innerhalb kürzester Zeit erkennbare Erfolge erzielt und der Anteil der Kinder ohne Schulbildung auf die Hälfte reduziert. Doch die weißen Flecken auf der Weltkarte der Bildung sind weiterhin klar zu verorten und seit Ewigkeiten die gleichen: Sie heißen Niger, Südsudan, Burkina Faso, Mali, Tschad und Afghanistan. Länder, von denen die Hälfte Kriegs- und Krisengebiete sind. Und dort - so weiß es die UNESCO - bricht, ganz gleich wo sie liegen, jedes geregelte Schulsystem zusammen. Geld alleine könnte also vor allem dann wirksam Bildung für alle generieren, wenn sich damit Kriege beenden und selbstverliebte, korrupte und nur auf den eigenen Vorteil bedachte Diktatoren aus dem Amt jagen ließen.

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DW-Redakteur Felix Steiner

Fast jeder Zehnte ohne Abschluss

Aber auch die wohlhabenden Länder Europas und Nordamerikas stehen in der Kritik der UNESCO. Denn auch sie werden absehbar das Ziel verfehlen, allen jungen Menschen bis 2030 ein Abitur oder eine Berufsausbildung zu ermöglichen. Der Blick auf Deutschland verdeutlicht das Problem: Fast zehn Prozent eines Geburtsjahrgangs verlassen hier die Hauptschule ohne Abschluss und bleiben damit automatisch ohne Berufsausbildung. In einem Land, in dem immer mehr - vor allem einfache - Tätigkeiten automatisiert werden. Armut ist so geradezu programmiert. Aber auch hier lautet die Frage: Würde alleine mit noch mehr Geld im Schulsystem alles gut?

Nein, denn es gibt auch etwas wie Eigenverantwortung der jungen Leute: den Willen, etwas erreichen zu wollen und sich dafür auch einzusetzen, sich zu engagieren, zu arbeiten. Und es braucht Lehrer, die schwierige Schüler zu solchen Leistungen motivieren können, sie nicht nur fordern, sondern auch fördern. Lehrer, die ihren Beruf als Berufung begreifen. Und die dafür auch gesellschaftliche Anerkennung erhalten. Geld spielt bei alldem nur eine untergeordnete Rolle.

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