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Geteiltes Echo auf IOC-Entscheidung

Calle Kops dpa, sid
6. Dezember 2017

Kein kollektiver Bann, aber Russland muss bei den Winterspielen auf Hymne und Fahne verzichten. Nur unter neutraler Flagge dürfen russische Athleten starten. In Deutschland überwiegt nach dem IOC-Beschluss Zufriedenheit.

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Vor den Olympischen Ringen wird eine kleine russische Fahne hoch gehalten (Foto: picture alliance/dpa/Keystone/J.C. Bott)
Bild: picture alliance/dpa/Keystone/J.C. Bott

Russland ist im größten Doping-Skandal der letzten Jahrzehnte um die Höchststrafe herumgekommen, muss aber dennoch kräftig büßen. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) verzichtete bei seiner Entscheidung am Dienstag in Lausanne auf einen Komplett-Ausschluss für die Winterspiele in Pyeongchang, traf die Sport-Großmacht aber dennoch an empfindlicher Stelle. In Südkorea wird es keine russisches Mannschaft, keine russische Hymne und keine russische Flagge geben.

Neben dem Verbot sämtlicher russischer Embleme wurde der ehemalige Sportminister und heutige Vize-Premier Witali Mutko lebenslang von den Olympischen Spielen ausgeschlossen. Zudem verhängte das IOC eine Geldbuße in Höhe von 15 Millionen US-Dollar, die dem Anti-Doping-Kampf zugute kommen soll. Diese Summe habe das Untersuchungsverfahren gekostet. "Dies soll einen Strich unter die schädigende Episode ziehen und als Katlaysator für einen von der WADA geleiteten effektiveren Anti-Doping-Kampf dienen", sagte IOC-Präsident Thomas Bach.

Zufriedenheit

DOSB-Präsident Alfons Hörmann im Porträt
DOSB-Präsident Hörmann: "Ausgewogene Entscheidung"Bild: picture-alliance/dpa/M. Gambarini

Die Reaktionen aus Deutschland auf den Beschluss des IOC fielen in der Mehrzahl positiv aus. "Das ist ein guter Tag für den Weltsport und ein guter Tag für den deutschen Sport. Es ist eine sehr ausgewogene Entscheidung. Auf der einen Seite drakonische Strafen für die Strippenzieher, auf der anderen Seite die Wahrung der Rechte der hoffentlich sauberen individuellen Athleten", sagte beispielsweise DOSB-Präsident Alfons Hörmann in einer ersten Reaktion.

Auch Franz Reindl, Präsident des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) und Exekutivmitglied im Weltverband IIHF, begrüßte das IOC-Urteil. "Ich bin froh, dass es keine Kollektivbestrafung gegeben hat. Das Urteil lässt den sauberen Sportlern die Möglichkeit, bei Olympia zu starten", sagteReindl am Tag nach der Entscheidung. Das sei das bestmögliche Urteil, aber es sei auch ein sehr hartes Urteil, meinte Reindl.

Für Bundesinnenminister Thomas de Maizière ist die Entscheidung des IOC ein "bitterer Befund" für die Integrität des Sports. "Das IOC hat systematisches russisches Doping während der Olympischen Winterspiele in Sotschi festgestellt", sagte der CDU-Politiker am Mittwoch. "In Anbetracht dieses Ergebnisses ist die Entscheidung des IOC konsequent", sagte de Maizière. "Ich begrüße das damit verbundene klare Signal an alle Staaten: Wer systematisch dopt, hat keinen Platz in der olympischen Familie." Er hoffe sehr, dass dieses Signal weltweit auch verstanden werde.

Skepsis

Diese Hoffnung allerdings wird sich wohl nicht erfüllen, denn aus dem Gastgeberland der Olympischen Winterspiele waren eher verhaltene Töne zu hören. So sieht Hee-Bum Lee, Chef des Organisationskomitees der Olympischen Winterspiele in Pyeongchang, den Ausschluss Russlands von den Wettkämpfen nicht als beste Lösung an. "Es ist unserer Meinung nach die zweitbeste Alternative, dass russische Athleten zumindest in Einzelfällen an den Spielen teilnehmen können", sagte Lee am Mittwoch.

IOC-Präsident Thomas Bach im Porträt (Foto:picture alliance/dpa/AP Photo/L. Gillieron)
IOC-Präsident Thomas Bach: "Strich unter die schädigende Episode ziehen"Bild: picture alliance/dpa/AP Photo/L. Gillieron

"Wir wussten nicht, dass die Bestrafung so hart sein würde", ergänzte Lee und verriet, dass er dem Internationale Olympische Komitee vor dessen Entscheidung "inoffiziell" seine Hoffnung mitgeteilt hatte, dass Russland "in irgendeiner Form" an den Spielen teilnehmen könne. Er respektiere aber die Strafen gegen Russland durch das IOC.

Kritik

Unverhohlenes Unverständnis für die Sanktionen kommt dagegen weiterhin aus Russland. Der Präsident des dortigen Nationalen Olympischen Komitees (ROC), Alexander Schukow, hält die Existenz eines staatlichen Dopingsystems weiter für nicht bewiesen. Bei den Strafen gegen Russland habe sich das Internationale Olympische Komitee leider von den Aussagen des Kronzeugen Grigori Rodschenkow leiten lassen, sagte Schukow noch am Dienstag in Lausanne. "Wir reden heute über die Disqualifizierung eines ganzen Landes aufgrund der durch keinerlei Belege gestützten Aussagen eines Betrügers, der in ein fremdes Land geflohen ist."

Der Präsident des Nationalen Olympischen Komitees Russlands Alexander Schukow im Porträt (Foto:picture-alliance/dpa/EPA/S. Chirikov)
ROC-Präsident Schukow: "Dopingsystem nicht bewiesen"Bild: picture-alliance/dpa/EPA/S. Chirikov

Rodschenkow leitete früher das Moskauer Anti-Doping-Labor, war aber eine Schlüsselfigur in den Manipulationen, gerade bei den Winterspielen in Sotschi 2014. Er lebt inzwischen in den USA an einem anonymen Ort und steht unter dem Schutz des FBI. Nach Angaben der Agentur Interfax entschuldigte sich Schukow bei der IOC-Sitzung für die Vorfälle. Sie seien aber die Schuld Rodschenkows und seiner Umgebung gewesen. Die staatliche Ebene habe damit nichts zu tun.

Nach der IOC-Entscheidung ist das ROC gesperrt, Schukow selbst derzeit als IOC-Mitglied suspendiert.

ck/asz (dpa,sid)