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Tablet und Co: Genug getatscht!

Hannah Fuchs13. Oktober 2015

Ob die Menschheit auf diese Erfindung gewartet hat? Wahrscheinlich (noch) nicht. Ob sie sich durchsetzt, wird sich zeigen. Viel spannender aber ist erst mal, wie der berührungslose Touchscreen funktioniert.

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Smartphone mit Finger (Foto: Imago/avanti).
Bild: imago/avanti

Die Projekt-Zukunft-Zuschauerfrage

Auf dem Smartphone oder Tablet herumwischen - das beherrscht heutzutage wahrscheinlich jedes Kind. Und erst recht im Erwachsenen-Alltag haben sich Touchscreens etabliert: Ob an Fahrkartenautomaten, an der heimischen Kaffeemaschine oder dem Navigationssystem - wir bedienen ständig Geräte mit ein paar wenigen Fingertipps.

Forscher des Stuttgarter Max-Planck-Instituts für Festkörperforschung und der Ludwig-Maximilians-Universität München war diese Angelegenheit offenbar zu schmierig - sie haben einen Touchscreen entwickelt, der bereits auf einen sich nähernden Finger reagiert. Es soll genügen, wenn man in der Nähe des Displays in die Luft hineinmalt. Berühren sei nicht mehr nötig, sagen die Forscher - was bedeutet: weniger Verschleiß, mehr Hygiene.

Vom Sensor zum Display

Die Forscher machten sich bei der Entwicklung ein notwendiges Übel zunutze: Schweiß. Denn unsere winzigen Poren geben ununterbrochen Wassermoleküle ab, auch ohne dass wir uns dessen bewusst sind oder uns körperlich ertüchtigen. Ein spezieller Sensor misst die Feuchtigkeitsmenge, die ein sich nähernder Finger abgibt.

Dieser ganz besonders empfindliche Sensor besteht aus schichtartig angeordneten Antimon-, Phosphor-, Sauerstoff- und Wasserstoffatomen. "Von diesem Material weiß man schon länger, dass es Feuchtigkeit gut aufnehmen kann und dabei stark quillt", erklärt Pirmin Ganter, Doktorand in der Gruppe von Bettina Lotsch am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung und am Department Chemie der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Im Video demonstrieren die Forscher die Funktionsweise. Sobald sich ein Finger nähert, nimmt das Material die Feuchtigkeit auf und die Farbe wechselt.

Nicht neu, aber besser

Auf Grundlage des Sensors entwickelten die Forscher ein mehrlagiges Sandwich, mit mehr als zehn Schichten, das trotzdem unvorstellbar flach ist - mit einer Höhe von wenig mehr als einem Millionstel Meter. Wenn sich nun ein Finger nähert, erhöht sich auch die Luftfeuchtigkeit in unmittelbarer Nähe des Materials. Die Schichten quellen auf.

"Da sich auf diese Weise die Schichtdicke ändert, wechselt auch die Farbe des Sensors, die ähnlich erzeugt wird, wie die Farbe eines Schmetterlingsflügels oder in Perlmutt", erklärt Katalin Szendrei, ebenfalls Doktorandin in der Gruppe.

Dieses Verhalten ist prinzipiell schon bekannt und charakteristisch für sogenannte photonische Kristalle. In diesem Fall aber beobachteten die Forscher erstmals eine solch starke Farbänderung - zum Beispiel von Rot auf Blau - die gleichzeitig sehr schnell passierte - innerhalb nur weniger Millisekunden.

Damit weist das Material gute Voraussetzungen für den Einsatz bei zukünftigen Generationen von Smarthpones, Tablets oder Notebooks auf. Und auch zu öffentlichen Einsatzzwecken - wie an Bankautomaten oder Gemüsewaagen im Supermarkt - ist es denkbar. Gerade im öffentlichen Raum - an Geräten, die von vielen Menschen genutzt werden - hätte eine berührungslose Variante klar hygienische Vorteile, sagt Bettina Lotsch von der Ludwig-Maximilians Universität München.

Die entwickelte Struktur reagiert auf Feuchtigkeit (Foto: Max-Planck-Institut für Festkörperforschung).
Noch ist die berührungslose Technik nicht marktreifBild: Advanced Materials 2015/MPI für Festkörperforschung

Geduld nötig

Noch ist es allerdings zu früh, sich auf das berührungslose Display zu freuen. Denn ein paar Fragen müssen noch geklärt werden. Zum Beispiel muss die Struktur mit einer Schutzschicht versehen werden, die vor Verschleiß schützt, aber gleichzeitig die Wassermoleküle durchlässt. Dafür gibt es zwar schon eine Idee, die Umsetzung dürfte aber noch eine Weile dauern.

Und auch hinsichtlich der Alltagstauglichkeit gibt es wahrscheinlich noch Verbesserungsbedarf. Die Bedienung mit Handschuhen etwa dürfte sich wohl schwierig gestalten. Besonders, wo sich clevere Geschäftsleute doch gerade erst spezielle Smartphone-Handschuhe ausgedacht hatten, muss nun bald schon wieder ein neuer Clou her.