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Frauen und Kinder in Not: Taliban verlangen Hilfe

23. November 2024

Millionen Menschen in Afghanistan sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Frauen und Kinder leiden am meisten. Die Taliban verlangen Hilfsmaßnahmen, sind aber nicht bereit, die Frauenrechte wieder herzustellen.

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Afghanistan Mädchen Kinderarbeit
Mädchen dürfen nach der fünften Klasse nicht mehr zur Schule gehen. Viele von ihnen müssen arbeiten und sind unterernährt.Bild: Saifurahman Safi/dpa/XinHua/picture alliance

Seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 befindet sich Afghanistan in einer tiefen humanitären und wirtschaftlichen Krise. Länder, die militärisch in Afghanistan involviert waren, hätten eine moralische Verpflichtung, beim Wiederaufbau des Landes auf der Grundlage des Doha-Abkommens zu helfen, forderte Sher Mohammad Abbas Stanikzai am 18. November in Kabul. Stanikzai ist der stellvertretende Außenminister der Taliban. Er forderte die Vereinten Nationen und internationale NGOs auf, Afghanistan in Form von technischer Hilfe, wirtschaftlichen Entwicklungsinitiativen und landwirtschaftlicher Zusammenarbeit zu unterstützen.

"Anspruch auf 800 Millionen Dollar Hilfe"

Die Taliban hoffen, durch die Teilnahme an internationalen Foren wie der jüngsten UN-Klimakonferenz mehr Unterstützung zu erhalten. Laut Graeme Smith, Afghanistan-Experte der International Crisis Group, hatte das Land vor dem Machtwechsel der Taliban allein im Klimabereich Anspruch auf rund 800 Millionen Dollar aus dem Grünen Klimafonds (GCF), der Globalen Umweltfazilität und dem Anpassungsfonds.

Aserbaidschan Baku | Vertreter aus Afghanistan bei UN-Klimagesprächen COP29
Vertreter der Taliban bei den UN-Klimagesprächen COP29 in BakuBild: ALEXANDER NEMENOVZAFP

Die Mittel sollten ursprünglich für Projekte im Bereich erneuerbare Energien und Klimaanpassung verwendet werden. Durch die Machtübernahme der Taliban bleibt unklar, ob solche Projekte unter den neuen Gegebenheiten umgesetzt werden könnten.

Die internationale Gemeinschaft erkennt die Taliban weiterhin nicht als Regierung an. Die Taliban haben ihre Verpflichtungen aus dem Doha-Abkommen von 2020, insbesondere in Bezug auf Frauenrechte, nicht eingehalten.

Unterdrückung im Namen des Islam

"Die Taliban behaupten, Vertreter der afghanischen Kultur und Religion zu sein. Doch in Wahrheit sind sie eine kleine Gruppe von Männern, die weder das Land noch alle Stimmen in diesem Land repräsentieren", kritisierte die Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai Mitte November im Gespräch mit der DW. Malala, der im Alter von 15 Jahren bei einem Attentat von den Taliban in dem Kopf geschossen und dabei schwer verletzt wurde, setzt sich seit ihrer Genesung für das Recht auf Bildung, insbesondere für Mädchen, ein.

"Der Islam verbietet einem Mädchen nicht, zu lernen. Der Islam verbietet einer Frau nicht, zu arbeiten", betonte Malala. Sie forderte muslimische Länder und religiöse Führer auf, sich klar gegen die Haltung der Taliban zu positionieren. Nach der Machtübernahme im Sommer 2021 begannen die Taliban, Frauen und Mädchen systematisch aus dem öffentlichen Leben zu verdrängen. Sie wurden von Bildungseinrichtungen und dem Arbeitsmarkt ausgeschlossen und ihre Bewegungsfreiheit wurde stark eingeschränkt.

 

Humanitäre Krise verschärft sich von Monat zu Monat 

"Ich bin glücklich, wenn ich arbeiten und Geld verdienen kann. Zur Schule darf ich nicht mehr gehen", erzählt Mehrsana eine junge Frau aus der Provinz Herat, die auf einer Safranfarm arbeitet. Die Farm, auf der ausschließliche Frauen arbeiten, bietet nur für einen Monat im Jahr eine Beschäftigung. Eine dauerhafte Arbeit oder Ausbildung bleibt für sie unerreichbar.

Minderjährige wie sie gehören zu den Hauptleidtragenden der katastrophalen Wirtschaftslage. Neunzehn Prozent der Kinder in Afghanistan arbeiten als Kinderarbeiter, teilte die Afghanistan-Abteilung des Büros der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) vor dem internationalen Tag der Kinderrechte am 20. November mit.

Tödliche Gefahr: UN warnen vor Landminen in Afghanistan

Kurz vor Beginn des Winters warnte die Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC) eindringlich vor den Folgen der akuten Mangelernährung bei Kindern. „Das Ausmaß der Unterernährung in unserem Land ist erschütternd", erklärte Mohammad Nabi Burhan, Generalsekretär des afghanischen Roten Halbmonds, im Oktober. Viele Kinder seien geschwächt, einige hätten bereits Wachstumsstörungen entwickelt.

Afghanistan zählt zu den ärmsten Ländern der Welt und war vor der Machtübernahme der Taliban stark von Hilfsgeldern abhängig. 2020 belief sich das Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Landes auf knapp 20 Milliarden US-Dollar, wovon fast die Hälfte aus ausländischen Hilfszahlungen stammte. Unter der Herrschaft der Taliban, die an ihrer Position festhalten, ist eine Verbesserung der Lebensbedingungen für Millionen von Frauen, Kindern und Familien derzeit nicht absehbar.