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EZB erhöht Leitzins weiter auf 3,75 Prozent

4. Mai 2023

Mit der siebten Zinserhöhung in Folge stemmt sich die Europäische Zentralbank gegen die anhaltend hohe Inflation. Ziel der Währungshüter bleibt nach vor eine Inflationsrate von zwei Prozent.

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EZB-Chefin Christine Lagarde erläutert die Beschlüsse des EZB-Rates am 4. Mai auf einer Pressekonferenz
EZB-Chefin Christine Lagarde erläutert die Beschlüsse des EZB-Rates am 4. Mai auf einer PressekonferenzBild: Jens Krick/Flashpic/picture alliance

Die Euro-Währungshüter drosseln bei ihrer siebten Zinserhöhung in Folge etwas das Tempo. Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) beschloss am Donnerstag eine Anhebung der Leitzinsen im Euroraum um 0,25 Prozentpunkte. Zuvor hatte es drei Anhebungen um 0,50 Punkte gegeben.

Der Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB besorgen können, steigt nun auf 3,75 Prozent. Parken Banken Geld bei der EZB, erhalten sie dafür künftig 3,25 Prozent Zinsen, wie die Notenbank in Frankfurt mitteilte.

Lagarde: "Große Übereinstimmung" bei Zinsschritt

EZB-Präsidentin Christine Lagarde (Artikelbild) betonte, es sei bei der Zinsentscheidung ein "Balanceakt" gelungen, der auf "fast einmütiger Zustimmung" basiere. Alle hätten darin übereingestimmt, dass eine Anhebung nötig sei und eine Pause nicht in Frage komme. Niemand sei daher für unveränderte Zinsen gewesen. Einige hätten jedoch einen stärkeren Schritt in Höhe von einem halben Prozentpunkt für angebracht gehalten, räumte Lagarde ein.

Letztlich habe es eine sehr starke Übereinstimmung auf der Sitzung für einen kleineren Zinsschritt von einem viertel Prozentpunkt gegeben: "Wir haben noch mehr Boden gut zu machen", fügte Lagarde mit Blick auf den Kampf gegen die ausufernde Inflation hinzu.

Mit den im vergangenen Juli begonnenen Zinserhöhungen versuchen die Währungshüter, die hohe Inflation einzudämmen. Höhere Zinsen verteuern Kredite. Das kann die Nachfrage bremsen und hohen Teuerungsraten entgegenwirken.

EZB hält an Inflationsziel von zwei Prozent fest

Die EZB strebt mittelfristig für den Euroraum Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von zwei Prozent an. "Die Inflation liegt seit Mitte 2021 über unserem Ziel, ist also seit fast zwei Jahren zu hoch", hatte EZB-Chefvolkswirt Philip R. Lane kürzlich in einem Interview gesagt und eine weitere Zinserhöhung für die Mai-Sitzung in Aussicht gestellt. "Dies ist immer noch nicht der richtige Zeitpunkt, um aufzuhören."

Im April hat sich die Inflation im Euroraum wieder etwas verstärkt. Im Währungsraum der 20 Staaten lagen die Verbraucherpreise einer ersten Schätzung des Statistikamtes Eurostat zufolge um 7,0  Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Im März war die jährliche Teuerungsrate im Euroraum noch deutlich von 8,5 Prozent auf 6,9 Prozent gesunken.

Deutschland Europäische Zentralbank
Sitz der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am MainBild: Florian Gaul/greatif/picture alliance

Ringen um Vertrauen

"Je länger die Inflation zu hoch bleibt, desto größer ist das Risiko, dass sich die Wahrnehmung der Menschen ändert, dass sie das Vertrauen in unsere Fähigkeit verlieren, zu unserem Zwei-Prozent-Ziel zurückzukehren", hatte EZB-Chefvolkswirt Lane gewarnt.

Höhere Teuerungsraten lassen die Kaufkraft schwinden: Verbraucherinnen und Verbraucher können sich für einen Euro weniger leisten. Das belastet das Wirtschaftswachstum, für das der private Konsum ein wichtige Stütze ist. Auf der anderen Seite verteuern steigende Zinsen Kredite für Unternehmen, weshalb die eine oder andere Investition ausfallen könnte. Auch das bremst die Konjunktur.

Zugleich will die Notenbank von Juli an die Gelder aus auslaufenden Wertpapieren des allgemeinen Kaufprogramms APP nicht mehr in den Erwerb neuer Anleihen stecken. Den Kauf frischer Wertpapiere im Rahmen des Programms hatte die EZB bereits zum 1. Juli 2022 eingestellt.

US-Bankenbeben hält an

Die rasante Zinswende, die die Zentralbanken in den USA und Großbritannien nach Jahren des extrem billigen Geldes noch vor der EZB einleiteten, ist auch für Banken nicht nur positiv. Das zeigte sich zuletzt in den USA, wo bereits drei Institute nach enormen Mittelabzügen aufgrund von Liquiditätssorgen kollabierten. Die US-Notenbank Fed hob am Mittwoch zum zehnten Mal in Folge ihren Leitzins an: Nach einem Sprung um 0,25 Prozentpunkte liegt der Leitzins in den USA nun in einer Spanne von 5,0 bis 5,25 Prozent.

Weitere Erhöhungen wahrscheinlich

"Wie die amerikanische Notenbank nähert sich auch die EZB dem Ende der Zinstreppe", kommentierte Ulrich Kater, der Chefvolkswirt der Dekabank, die EZB-Zinspolitik. "Im Euroraum gibt es noch einen oder zwei weitere Schritte, dann ist erstmal Pause. Ob dies nur ein vorübergehender Absatz ist, von dem aus es mit den Zinsen weiter nach oben geht, wird sich erst gegen Jahresende zeigen. Dann ist es besser einschätzbar, ob das Zinsmedikament gegen die hohe Inflation anschlägt."

Sein Kollege Jörg Krämer von der Commerzbank glaubt nicht an ein Ende der Zinserhöhungen in absehbarer Zeit: "Auch nach sieben Zinserhöhungen in Folge liegt noch ein gutes Stück Arbeit vor der EZB. Die Inflation neigt nämlich dazu, sich auf hohen Niveaus festzusetzen. Diese selbst stabilisierende Tendenz der Inflation zu überwinden, erfordert ein entschiedenes Gegensteuern. Ein EZB-Einlagensatz von jetzt 3,25 Prozent reicht sicherlich nicht aus. Die EZB muss mehr als einmal nachlegen, um die Inflation dauerhaft zurück auf zwei Prozent zu bringen."

tko/hb (dpa, rtr)