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Bargeld-Umtausch für geflüchtete Ukrainer?

Marie Sina
5. April 2022

Viele der vier Millionen Geflüchteten aus der Ukraine haben ein Teil ihrer Ersparnisse in bar nach Europa mitgebracht. Bis jetzt haben Banken ihre Währung zurückgewiesen. Der Schwarzmarkt floriert.

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Ukraine Währung  Hrywnja
Bild: Frank Hammerschmidt/dpa/picture alliance

Läden und Restaurants waren noch verriegelt, als Lana Bensch an einem frostigen Berliner Morgen mit 9000 Hrywnja (umgerechnet ca. 280 Euro) in der Tasche auf einen Unbekannten wartete. Ihr Blick schweifte über die Straße, auf der Suche nach dem Mann, der ihre ukrainische Währung in Dollar umtauschen würde. Gelbe und blaue Fahnen schmückten die grauen Häuserfronten um sie herum.

"Ich habe mich unwohl gefühlt, wie zurückgeworfen in einer Zeitmaschine in die 1930er", erinnert sich Bensch an den Moment, als sie Geld auf dem Schwarzmarkt umtauschte. Bensch, die vor zwanzig Jahren aus der Ukraine nach Berlin zog, kümmert sich um zwei Familien, die aus ihrem Heimatland geflohen sind. Wie viele der vier Millionen Geflüchteten aus der Ukraine, haben sie einen Teil ihrer Ersparnisse in Hrywnja-Scheinen, der nationalen ukrainischen Währung, mit nach Europa gebracht.

Bislang sind die meisten Banken in der EU nicht bereit, Hrywnja in europäische Währungen zu wechseln. Während die EU-Vertreter seit einem Monat über Lösungen diskutieren, müssen Menschen wie Lana Bensch auf den Schwarzmarkt ausweichen.

Warum europäische Banken nicht mit ukrainischer Währung handeln

Seit Beginn des Krieges hat die ukrainische Notenbank den Umtausch von Hrywnja in ausländisches Bargeld ausgesetzt, um die Devisenreserven des Landes zu schützen. Dadurch können europäische Banken die Währung nur schwer in Dollar oder Euro umtauschen. Außerdem könnte der Tausch von Hrywnja große finanzieller Verluste mit sich bringen.

Ankunft aus der Ukraine Geflüchteter am Hauptbahnhof in Berlin
Ankunft aus der Ukraine Geflüchteter am Hauptbahnhof in BerlinBild: Carsten Koall/dpa/picture alliance

"Es ist die Währung eines Landes, das um sein Überleben kämpft. Wir wissen nicht, was passieren wird. Wenn die Ukraine verliert, ist die Währung nichts mehr wert", erklärt Paweł Tokarski von der Stiftung Wissenschaft und Politik im Gespräch mit der DW.

Zusammengenommen haben diese Faktoren den Bargeldwechsel auf offiziellem Wege nahezu unmöglich gemacht. "Als ich zu einer Wechselstube gegangen bin, hing schon an der Tür ein Zettel, auf dem stand, dass sie keine Hrywnja annehmen," erzählt Bensch der DW.

EU-Kommission übernimmt die polnische Lösung

Das Risiko, mit einer Währung zu handeln, die bald wertlos sein könnte, ist europäischen Finanzinstitute zu groß. Daher verlangt das Bargeldproblem ukrainischer Geflüchteter nach einer europäischen Lösung.

"Es geht im Grunde darum, Geflüchteten Geld zukommen zu lassen. Es ist eher ein Regierungs- als ein Bankenproblem," meint Andrew Kenningham, Chefökonom für Europa bei Capital Economics.

Anderthalb Monate nachdem russische Truppen in die Ukraine einmarschiert sind, schlägt die EU-Kommission nun eine Lösung vor: EU-Mitgliedsstaaten sollen jeden Geflüchteten bis zu 10.000 Hrywnja (310 Euro) gebührenlos eintauschen lassen. Für das einheitliche Umtauschprogramm soll die ukrainische Zentralbank eine feste Wechselrate vorgeben. Polen – das nicht zur Eurozone gehört - hat diese Lösung bereits letzten Monat auf den Weg gebracht.

Laut des Plans sollen europäische Banken die ukrainische Währung bei den nationalen Notenbanken gegen die jeweilige heimische Währung eintauschen.

Europäische Zentralbank EZB in Frankfurt
Die EZB hat einen Vorschlag zur Lösung des Problems vorgelegt Bild: Daniel Roland/AFP

Ein europäisches Problem, aber keine europäische Lösung

Was in dem Vorschlag jedoch nicht erwähnt wird, ist, wer das Risiko der volatilen Währung im Endeffekt tragen wird. Laut Tokarski wird die Hauptlast auf die einzelnen Mitgliedsstaaten zukommen. "Also werden die Länder, die die meisten Geflüchteten aufnehmen, auch das größte Risiko tragen," mahnt er.

Mit dem Vorschlag weist die Kommission gleichzeitig andere Ansätze zurück. Letzte Woche hatte die Europäische Zentralbank (EZB) der Brüsseler Behörde eine gemeinschaftliche Lösung vorgelegt: die EZB wäre zu einer finanziellen Auffanglösung für geflüchtete Ukrainer bereit - im Gegenzug zu Garantien der EU. Dabei sollte die EZB als Finanztreuhänder für die EU dienen.

Bei dieser Lösung wären die Risiken gleichmäßig auf die EU-Länder verteilt gewesen. Der Vorschlag der Kommission ist dagegen eher ein Fahrplan für eine einheitliches Handeln der jeweiligen Staaten als eine europäische Lösung. "Es ist keine solidarische Lösung, sondern ein Placebo," kritisiert Tokarski.

Die EU-Finanzminister werden den Vorschlag heute bei ihrem Treffens in Luxemburg diskutieren. Die Entscheidung über die Umsetzung des Vorschlags liegt jedoch letztlich bei jedem einzelnen Mitgliedsstaat.

Unterdessen warten viele der bislang vier Millionen Flüchtlinge in Europa auf eine schnelle Lösung. "Diese Menschen sind auf jeden einzelnen Euro angewiesen, den sie bekommen können", sagt Lana Bensch.