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Die Berlinale-Story

Ramón García-Ziemsen4. Februar 2009

Berlinale, das ist: Stars, Sternchen und Skandale. Aber die Berlinale ist noch mehr: Spiegel des Weltkinos und Spiegel der deutschen Geschichte nach dem 2. Weltkrieg.

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Der rote Teppich vor dem Zoo Palast-Kino in Berlin 1962
Auf dem TeppichBild: ullstein bild - Otto Kühn
Pressekonferenz des Skandalfilmes "O.K." von Michael Verhoeven auf der Berlinale 1971
Streiten um "O.K." - links Regisseur VerhoevenBild: ullstein bild - Binder

Es geschah 1970 und war der größte Skandal, den die Berlinale jemals erleben sollte: Ein Film des deutschen Regisseurs Michael Verhoeven war gezeigt worden, in dem ein vietnamesisches Mädchen von US-Soldaten vergewaltigt wird. "O.K." hieß der Film, eine wahre Geschichte des Vietnamkrieges. Alles andere als "o.k.", empfand der US-amerikanische Vorsitzende der Berlinale-Jury allerdings die filmische Umsetzung des Themas. Er beklagte sich über den offenen Antiamerikanismus, der Film wurde vom Wettbewerb ausgeschlossen. Die offizielle Begründung: "O.K." habe nicht dem Reglement entsprochen zum "besseren Verständnis zwischen den Völkern beizutragen." Es folgten heftige Diskussionen, die Jury löste sich auf und das einzige mal in der immer wieder von politischen Debatten überlagerten Berlinale wurden weder silberne noch goldene Bären verliehen. Die Berlinale stand kurz vor dem Ende.

"Schaufenster der freien Welt"

Das erste Berlinale-Plakat von 1951 in sattem Orange
Das erste Berlinale-Plakat 1951

Die Idee für ein internationales Filmfest in Berlin hatte ein amerikanischer Offizier. Er hieß Oscar Marty und war "Film Officer" der US-amerikanischen Militärregung der Alliierten in Deutschland. Das Ziel: sechs Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges sollte sich die in den 20er Jahren weltberühmte, nun aber zerstörte deutsche Filmindustrie wieder zeigen können. Am 6. Juni 1951 war es dann soweit – eröffnet wurde die erste Berlinale mit Alfred Hitchcocks "Rebecca". Der Eröffnungsfilm gab die Richtung vor: In den 50er Jahren waren es vor allem der Glanz und der Glamour Hollywoods, die die Berlinale auszeichneten. Und sie kamen alle: Sophia Loren und Gina Lollobrigida, Henry Fonda und Gary Cooper. Dass übrigens auch bei der Geburt 1951 viel Politik mit im Spiel war zeigte das Motto der ersten Berlinale: "Schaufenster der freien Welt." Die Berlinale sicher auch gedacht als eine Art "kulturelles Bollwerk gegen den Bolschewismus."

Neue Wege in den 60ern

Fans warten auf die Stars der Berlinale 1956
Warten auf die Stars 1956Bild: picture-alliance / akg-images

Eine wichtige Veränderung aus dem Jahr 1956 führte zu einer neuen Ausrichtung der Berlinale: Die Berlinale hatte den Status eines A-Festivals erhalten, womit aus der Publikumsjury eine Fachjury werden konnte. Eine der Folgen: Der europäische Film wurde entdeckt. Der Franzose Jean-Luc Godard oder der Italiener Michelangelo Antonioni gewannen silberne und goldene Bären. Aber auch der große Glamour blieben der Berlinale und den sich wirtschaftswundernden Deutschen erhalten. Was heute nicht mal mehr ein Schulterzucken hervorrufen wurde, war damals das Thema schlechthin: Dem Kurvenstar Jane Maynsfield platze 1961 das Kleid und die internationalen Filmfestspiele hatten –vorübergehend- einen neuen inoffiziellen Titel: Busen-Berlinale.

Nichts Neues im Osten?

Der italienische Regisseur Michelangelo Antonioni dreht mit einer Filmkamera
Michelangelo Antonioni...Bild: picture-alliance / dpa

In den 50er und 60er Jahren nahmen keine Filme aus Osteuropa an der Berlinale teil. Der kalte Krieg zeigte sich auch in der Kultur – nach dem Mauerbau 1961 fand die Berlinale nur noch im Westen der geteilten Stadt statt. Dabei hatten die Macher der Filmfestspiele einiges versucht, osteuropäische Filmemacher nach Berlin zu holen. Erfolgreich wurden diese Bemühungen erst, nachdem Bundeskanzler Willy Brandt mit seiner Ostpolitik neue Rahmenbedingungen geschaffen hatte. "Wandel durch Annäherung" – dieses Prinzip galt auch für die Kultur. Der erste Film aus der Sowjetunion war 1974 zu sehen, ein Jahr später wurde der DDR –Film "Jakob der Lügner" gezeigt. Ungewöhnlich auch: Erstmals gab es ein sowjetisches Jury-Mitglied.

Öffnung für das Weltkino…

Die US-Schauspielerin Jayne Mansfield in tiefausgeschnittenem Kleid und männlicher Begleitung auf der Berlinale 1961
...Jayne Mansfield...Bild: picture-alliance / dpa

…könnte ein Berlinale-Motto der 70er Jahre lauten, da Schritt für Schritt immer mehr Filme aus Asien, Afrika und Lateinamerika eingeladen wurden. Das Beispiel 1976: Im Wettbewerb gab es Filme aus dem Iran, Mexiko und Venezuela, der Volksrepublik China und aus diverseren Ländern des Ostblocks zu sehen. "Spiegel des Weltkinos" - diesen Anspruch gilt es bis heute einzulösen. Aber in den 70ern wurde noch vieles andere verändert: Es gab neue Sektionen, wie das z.B. das Kinderfestival. Zum ersten mal wurde bei einem internationalen Filmfest auch an die Kleinen gedacht – bis heute mit großem Erfolg. Außerdem wurde 1971 dass "Internationale Forum des jungen Films" gegründet. Es wurden und werden Filme junger Filmemacher aus aller Welt gezeigt.

Für viele ist das "Forum" heute das wichtigste Nebenprogramm der Berlinale, da hier Filme gezeigt werden, die oft nicht in die Kinos kommen, aber dennoch sehenswert sind. Die vielleicht wichtigste Änderung kam jedoch 1978: Die Berlinale fand nicht mehr im Juni statt, sondern wurde in den Februar verlegt. Mit der Verlegung gelang es sich vor allem aus dem Schatten des Filmfests in Cannes zu befreien, das die Filmwelt jeweils im Mai einlädt. Das Problem: Oft waren in Berlin nur zweitklassige Filme zu sehen. Mit dem neuen Wintertermin sollte sich das ändern.

Der Rolling Stone-Gitarrist Keith Richards wird von Security-Personal abgeschirmt und winkt seinen Fans
...und Keith Richards bei der Arbeit.Bild: picture-alliance/ dpa

Und heute?

Eine Frau geht an dem aktuellen Berlinale-Plakat 2009 vorbei
Berlinale Plakat 2007Bild: AP

"Im Kern besteht ein Festival aus drei Elementen: seinem Programm, seiner Organisation und seiner Atmosphäre. Und alle drei sind, wenn ich so sagen darf, auf dem besten Wege." So formulierte das der damalige Berlinale-Chef Moritz de Hadeln im Vorfeld der Berlinale des Jahres 2000. Das Programm zeigte sich gerne politisch, es gab Diskussionen um Filme über den deutschen Terrorismus und immer wieder kritische Filme über die USA. Goldene Bären wurden an Filme aus China und Russland vergeben. Dazu kamen neue Preise, wie zum Beispiel der "Teddy Award" – ein Preis für herausragende schwul-lesbische Filme. Und besonders stolz ist man bis heute auf die besondere Berlinale-Atmosphäre. Die Berlinale versteht sich nach wie vor als ein echtes Publikumsfestival. Mit Stars wenn auch nicht zum Anfassen, dann aber doch zum Angucken.