Eine deutsch-deutsch Kinolegende: Wolfgang Kohlhaase
Er war ein bedeutender Drehbuchautor in der DDR. Als einem der wenigen Filmschaffenden gelang es ihm, auch nach der Wende erfolgreich zu bleiben.
Aufrechter Beobachter: Wolfgang Kohlhaase
Wolfgang Kohlhaase, geboren 1931 in Berlin, vollbrachte, woran viele scheiterten. Ihm gelang als Filmschaffender der Sprung in ein anderes System. Vor der Wende schrieb er Drehbücher für die besten Regisseure der DDR. Nach 1989 arbeitete er weiter - wiederum mit großen Regisseuren des deutschen Kinos. Stets blickte er in seinen Büchern sehr genau auf gesellschaftliche Befindlichkeiten.
Vielfach geehrt
Auszeichnungen war der Drehbuchautor gewöhnt. 2010 bekam er den Goldenen Ehrenbären der großen Berlinale aus den Händen von Dieter Kosslick. Schon 1954 gewann er den Nationalen Filmpreis der DDR. Auch den deutschen Filmpreis Lola erhielt er für sein Gesamtwerk.
Arbeiten in Ostdeutschland: "Der schweigende Stern"
Kohlhaase begann Anfang der 1950er-Jahre als Drehbuchautor in der DDR. Er hatte eine große Begabung für Dialoge und einen guten Blick auf die Missstände in der Gesellschaft. Das kam in seinen realistischen Berlin-Filmen zum Ausdruck ("Berlin - Ecke Schönhauser", "Berlin um die Ecke"), aber auch in Genre-Arbeiten wie im Science-Fiction-Film "Der schweigende Stern" (siehe Bild).
Wolfgang Kohlhaase blickt auf ostdeutsche Geschichte
Kohlhaase wurde in den Folgejahren zu einem der wichtigsten Autoren des Kinos in der DDR. In Filmen wie "Ich war neunzehn" oder "Mama, ich lebe" verstand er es, den Empfindungen seiner Landsleute nachzuspüren. Noch heute gelten diese Werke als Klassiker und werden zu Jubiläumsfeierlichkeiten immer wieder gezeigt - wie "Ich war neunzehn", hier im Jahre 2005 am sowjetischen Ehrenmal in Berlin.
Wolfgang Kohlhaase & Konrad Wolf
Mehrere Filme entstanden in diesen Jahren in Zusammenarbeit mit dem Regisseur Konrad Wolf (im Bild). Kohlhaase wie Wolf gelang es, trotz der Vorgaben sozialistischer Kunstideale, Wirklichkeit und Alltag auf der Leinwand einzufangen. Kohlhaase hatte deshalb allerdings auch immer wieder Ärger mit der DDR-Zensur - und zog sich phasenweise zurück.
Nach 1989: Wolfgang Kohlhaase gelingt der Sprung
Vielen DDR-Filmschaffenden, auch bekannten Regisseuren und Autoren, gelang es nach 1989 nicht, dauerhaft erfolgreich im Filmgeschäft Fuß zu fassen. Wolfgang Kohlhaase war eine Ausnahme. Der Autor schrieb weiter Drehbücher, u.a. auch für Oscarpreisträger Volker Schlöndorff. Im Jahr 2000 drehte Schlöndorff "Die Stille nach dem Schuss" (im Bild) nach einem Drehbuch Kohlhaases.
Wolfgang Kohlhaase & Andreas Dresen
Es lag nahe, dass Wolfgang Kohlhaase irgendwann auch mit dem Regisseur Andreas Dresen zusammenkommen sollte. Beide zeichnet aus, dass ihre Arbeiten einen psychologisch genauen Blick auf die "einfachen" Menschen und ihren Alltag werfen. Einer der schönsten Filme der beiden war 2005 die melancholische Tragikomödie "Sommer vorm Balkon".
Wolfgang Kohlhaases Talent zur Komik
Eher die komödiantischen Seiten kamen dann im nächsten Film der beiden zutage. "Whisky mit Soda", geschrieben von Kohlhaase, in Szene gesetzt von Dresen, erzählt vom Alltag eines bekannten und erfolgreichen Schauspielers, der allerdings ein Problem hat - er trinkt zu viel. Wunderbar in der Hauptrolle: Henry Hübchen.
Wolfgang Kohlhaase auf großer Bühne
Und noch ein drittes mal arbeiteten die beiden zusammen. Der Film "Als wir träumten" feierte 2015 Weltpremiere auf der Berlinale. Das Ensemble mit dem Autor Wolfgang Kohlhaase (l.) zeigte sich nach der Premiere frohgelaunt. Auch "Als wir träumten" war ein typischer Kohlhaase-Stoff: ein Blick auf eine Clique Jugendlicher in Leipzig in der Zeit nach der Wende.
Geschichtsstunden von Wolfgang Kohlhaase
Zwei Jahre später sollte Wolfgang Kohlhaase noch einmal ein großartiges Drehbuch gelingen. Gemeinsam mit Eugen Ruge schrieb Kohlhaase nach dessen Roman "In Zeiten des abnehmenden Lichts" das Buch zur Verfilmung - auch dies war ein treffender Blick auf den DDR-Alltag: weise und humanistisch, aber auch kritisch und satirisch. Kohlhaase starb am 05.10.2022 in der Stadt, die er liebte: Berlin.
Dies ist die aktualisierte Fassung einer Bildergalerie aus dem Jahr 2018.