Dänische Königin Margrethe II. dankt ab
1. Januar 2024Genau 52 Jahre nach ihrer Thronbesteigung will die dänische Königin Margrethe II. abdanken. Sie werde am 14. Januar als Regentin zurücktreten, sagte die 83-Jährige völlig unerwartet bei ihrer im Fernsehen übertragenen Neujahrsansprache. Margrethe hatte den Thron nach dem Tod ihres Vaters 1972 geerbt. Neuer König soll Kronprinz Frederik werden.
"Ich habe beschlossen, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist", sagte die Monarchin, die auf eine schwere Rückenoperation im vorigen Februar verwies. Die Folgen des Eingriffs hatten sie bis April daran gehindert, öffentlich aufzutreten. "Man kann nicht so viel unternehmen, wie man in der Vergangenheit geschafft hat." Dies habe zu Überlegungen geführt, "ob es an der Zeit ist, die Verantwortung an die nächste Generation weiterzugeben".
Kronprinz Frederik André Henrik Christian und seine Frau, Kronprinzessin Mary, sind einer Umfrage des dänischen Rundfunks DR zufolge ähnlich beliebt wie Margrethe. Demnach haben mehr als 80 Prozent der Dänen ein positives Bild von dem baldigen Königspaar, das vier Kinder hat: Prinz Christian als Thronfolger, Prinzessin Isabella und die Zwillinge Prinz Vincent und Prinzessin Josephine.
Angstzustände in jungen Jahren
Auf die eigene Kindheit hatte der Kronprinz 1996 in einer spektakulären Interviewserie kritisch geschaut: Er sei oft allein gewesen und habe in Bezug auf seine künftige Stellung unter Angstzuständen gelitten. Erst bei seiner Ausbildung zum Marinekampfschwimmer und im Studium, das auch ein Jahr an der US-amerikanischen Harvard-Universität einschloss, habe er durch bezwungene Herausforderungen eine Befreiung erlebt und zu sich selbst gefunden.
Seine Mutter war ihm ein Vorbild darin, wie sich Repräsentationspflichten und breit gestreute Interessen so verbinden lassen, dass die eigene Persönlichkeit hinter der öffentlichen Figur nicht verschwindet. Die älteste Tochter von König Frederik IX. von Dänemark und dessen Frau Ingrid, geborene Prinzessin von Schweden, verbrachte als Schülerin ein Jahr in einem englischen Mädchenpensionat, ehe ihr Studium sie an die Pariser Sorbonne, die London School of Economics, die Universität Cambridge in Großbritannien und an heimische Hochschulen in Kopenhagen und Aarhus führte.
Dabei kam sie mit den Rechts- und Staatswissenschaften, der Nationalökonomie, der Geschichte und der Archäologie in Kontakt. Während der Ferien tat sie Dienst im Frauenhilfskorps der Luftwaffe, um die Probleme der Landesverteidigung kennenzulernen. Nach dem Tod ihres Vaters 1972 wurde sie zur ersten weiblichen Herrscherin Dänemarks seit einem halben Jahrtausend.
Ausflüge als Kostümbildnerin
An der Spitze der ältesten Monarchie des Kontinents wahrte Margrethe einerseits die Grenzen ihres weitgehend repräsentativen Amtes. Andererseits setzte sie mit großer persönlicher Ausstrahlung in ihren Ansprachen politische Akzente, etwa gegen Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit. Daneben präsentierte sie in Ausstellungen ihre großflächigen Landschaftsbilder, illustrierte Bücher, entwarf zahlreiche Bühnenbilder und Kostüme.
Für das weitgehend positive, skandalfreie Image des dänischen Königshauses sorgten auch die Journalisten des Landes, die sich, im Gegensatz etwa zu den britischen Medien, in deutlicher Zurückhaltung übten und, falls erforderlich, in unverbrüchlicher Treue hinter ihre Königin stellten.
Als die einst kettenrauchende Margrethe vor einem Vierteljahrhundert in einer schwedischen Zeitung dafür gescholten wurde, sich während eines Altersheimbesuchs in Gegenwart asthmakranker Patienten eine Zigarette angezündet zu haben, schäumte die dänische Boulevardpresse über ihre Kollegen im Nachbarland - und rief die Monarchin dazu auf, weiterhin öffentlich zu rauchen.
Schatten auf Schloss Amalienborg
Einen Schatten auf Schloss Amalienborg warf nur ihr inzwischen verstorbener Mann, Graf Henri de Laborde de Monpezat, der mit seiner Rolle als Prinz Henrik von Dänemark vor aller Augen fremdelte. Während die Königin kurz nach ihrem 30-jährigen Thronjubiläum in Begleitung ihres Sohnes Frederik an der niederländischen Thronfolger-Hochzeit teilnahm, zog sich ihr Gemahl ins Privatschloss der Familie im französischen Caix zurück.
In einem Zeitungsinterview schmollte der gebürtige Franzose, er fühle sich von der dänischen Öffentlichkeit noch immer nicht akzeptiert. Die Königin reiste kurzerhand mit den beiden Söhnen nach Frankreich, zeigte sich der Presse für gemeinsame Fotos, und die Wogen waren alsbald wieder geglättet.
Seit dem Tod ihrer entfernten Cousine Elisabeth II., die das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland repräsentierte, ist Margrethe die letzte amtierende Monarchin Europas. Ministerpräsidentin Mette Frederiksen, die in der parlamentarischen Monarchie de facto die Macht in Händen hält, erklärte nach der spektakulären Neujahrsansprache: "Viele von uns haben noch nie einen anderen Monarchen erlebt." Die Königin sei "die Verkörperung Dänemarks". Sie habe mit Worten und Gefühlen gezeigt, "wer wir als Volk und Nation sind".
Polarexpedition mit Schlittenhunden
Ihr ältester Sohn soll nun das Land als Frederik X. in die Zukunft führen. Der heute 55-Jährige, dem schon an seinem 18. Geburtstag offizielle Pflichten übertragen wurden, musste fünf Jahrzehnte auf den Schritt an die Spitze warten, während seine Mutter die Monarchie behutsam modernisierte. Doch seinen Durchhaltewillen hatte der Kronprinz bereits im Jahr 2000 unter Beweis gestellt, als er an einer viermonatigen Polarexpedition nach Grönland teilnahm und, gezogen von Schlittenhunden, eine Strecke von 2800 Kilometern zurücklegte.
Mut und Ausdauer wird er auch als Oberhaupt seines Landes brauchen, das inmitten weltpolitischer Umwälzungen seinen Platz behaupten muss: Der große Nachbar Schweden will - dem finnischen Beispiel folgend - der NATO beitreten, derweil der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine für neue Unruhe in Europa sorgt.
Innerhalb der EU löst das Thema Migration hitzige Debatten aus, wovon vor allem Rechtspopulisten profitieren. Und global stehen die Herausforderungen durch die Erderwärmung samt allen Auswirkungen auf Industrie und Wohlstand ganz oben auf der Agenda. Gerade auf diesem Feld hat sich Frederik durch sein wiederholtes Eintreten für den Klimaschutz - nebst seinem Engagement für den Breitensport - schon einmal gut sichtbar positioniert.
jj/haz (dpa, afp, munzinger)