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Masern-Impfpflicht mit Grundgesetz vereinbar

18. August 2022

Die seit 2020 vorgeschriebene Masernimpfung für Kita-Kinder und Betreuungspersonen sei sinnvoll und mit dem Grundgesetz vereinbar, so das Urteil aus Karlsruhe.

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Fünf Kita-Kinder spielen im Grünen
Ohne Impfnachweis oder Immunität gegen Masern dürfen Kinder in Deutschland nicht in die Kita Bild: Axel Heimken/dpa/picture alliance

In Deutschland sind zwar viele Menschen gegen die hochansteckenden Masern geimpft - aber immer noch nicht genügend. Seit 2020 macht der Staat Eltern mehr Druck: ohne Nachweis über eine Impfung oder eine überstandene Masernerkrankung keine Betreuung in Kindergärten (Kitas) oder bei Tagesmüttern. Dasselbe gilt auch für Betreuungspersonal.

Auch an Schulen oder in Gemeinschaftsunterkünften für Asylbewerber dürfen Personen nur mit Impfung oder Immunität gegen Masern tätig sein. Wegen der Schulpflicht können ungeimpfte Kinder zwar nicht vom Unterricht ausgeschlossen werden. Eltern drohen aber Bußgelder von bis zu 2500 Euro. Die Impfpflicht gilt für alle nach 1970 geborenen Personen.

"Grundrechtseingriffe durch Masern-Impfpflicht sind gerechtfertigt"

Das ist zumutbar, entschieden jetzt die obersten Verfassungsrichterinnen und -richter. Die Masern-Impfpflicht diene dem Gesundheitsschutz der Kinder und vulnerabler Personen wie Schwangeren oder Säuglingen, die sich nicht gegen Masern impfen lassen können. Um sich vor einer Ansteckung schützen zu können, seien diese darauf angewiesen, dass eine  Herdenimmunität in der Bevölkerung gegen Masern besteht. Diese gebe es erst ab einer Impfquote von 95 Prozent und ist in Deutschland nicht erreicht.

Mit einem Stift wird im Impfausweis eine vollbrachte Masernimpfung vermerkt
Längst nicht alle Menschen in Deutschland haben einen Masern-Eintrag in ihrem ImpfpassBild: picture-alliance/dpa

Die Grundrechtseingriffe für Kinder, Eltern und Personal seien nicht unerheblich, aber derzeit zumutbar, so das Bundesverfassungsgericht. Die Gefahr eines echten Impfschadens stufte das Gericht als "extrem unwahrscheinlich" ein. "Die Gefahr für Ungeimpfte, an Masern zu erkranken, ist deutlich höher als das Risiko, einer auch nur vergleichsweise harmlosen Nebenwirkung der Impfung ausgesetzt zu sein", hieß es. Ungeimpfte Kinder seien auch nicht von "jeglicher frühkindlichen oder vorschulischen Förderung außerhalb der Familie" ausgeschlossen. So könnten sich privat mehrere gleichgesinnte Familien zusammentun.

Masern können tödliche Gehirnentzündungen auslösen

Mehrere betroffene Familien hatten gegen die Masern-Impfpflicht geklagt. Sie sagen, ihr im Grundgesetz verankertes Elternrecht sowie das Recht der Kinder auf körperliche Unversehrtheit würden verletzt. Die Impfung sei zudem nur mithilfe von Kombinationsimpfstoffen gegen andere Erkrankungen wie Röteln, Mumps oder Windpocken möglich, kritisierten sie.

Masern wieder auf dem Vormarsch

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) begrüßte die Karlsruher Entscheidung. Auch der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, sprach in der "Rheinischen Post" von einem guten Urteil für die Kinder in Deutschland. Der Impfstoff sei sicher und seit Jahrzehnten erprobt.

Experten warnen seit langem davor, Masern als harmlose Kinderkrankheit anzusehen. Die Erkrankung kann zu Komplikationen führen, und das Immunsystem bleibt für längere Zeit geschwächt. Eine seltene Spätfolge ist eine Gehirnentzündung, die fast immer tödlich endet.

cw/fab (dpa, epd)