Bundestag: "Weitreichende Waffensysteme" für die Ukraine
22. Februar 2024Die Abstimmung im Berliner Reichstag fiel mit 382 Ja-Stimmen der Koalition aus SPD, Grünen und FDP gegen 284 Nein-Stimmen deutlich aus. Zwei Parlamentarier enthielten sich. Damit sprach sich der Bundestag dafür aus, dass die Ukraine bei ihrer Abwehr gegen den russischen Angriffskrieg mit weiteren Waffenlieferungen unterstützt werden soll.
In dem Entwurf heißt es, Deutschland solle "zusätzlich erforderliche weitreichende Waffensysteme" liefern. Was damit aber genau gemeint ist, blieb zunächst offen.
Taurus-Lieferung - ja oder nein?
Die entsprechende Passage wird von den Ampelfraktionen unterschiedlich interpretiert. Für viele Politiker von Grünen und FDP sind darunter Taurus-Marschflugkörpermit einer Reichweite von bis zu 500 Kilometern zu verstehen.
Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Gabriela Heinrich, sagte dagegen im Bundestag, mit der Formulierung sei "nicht zwingend" Taurus gemeint. "Es ist eine Interpretationsfrage (...). Fakt ist: Wir haben an dieser Stelle keine rote Linie gezogen."
Union fordert Klartext
CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz appellierte eindringlich an die Koalition, der Ukraine zu liefern, was sie zu ihrer Verteidigung brauche. "Die Ukraine erhält weiterhin nicht in vollem Umfang das Material, das sie dringend benötigt, um den russischen Angriffskrieg wirksam abzuwehren", sagte er.
Der CDU-Verteidigungspolitiker Johann David Wadephul forderte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, endlich einmal zu sagen, was denn das große Problem mit der Taurus-Lieferung sei. Die Öffentlichkeit, die Ukraine und der Bundestag hätten einen Anspruch darauf, dies zu erfahren.
"Weitreichende Waffensysteme"
In dem Antrag, der zwei Jahre nach der russischen Invasion und zehn Jahre nach der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim beschlossen wurde, wird die Forderung nach weiteren weitreichenden Waffensystemen auch begründet: "Insbesondere muss die Ukraine auch künftig in die Lage versetzt werden, Angriffe auf militärische Ziele wie Munitionsdepots, Versorgungsrouten und Kommandoposten weit hinter den Frontlinien durchzuführen und ihre Soldatinnen und Soldaten vor den vielgestaltigen Attacken des russischen Militärs bestmöglich schützen zu können", heißt es darin.
Taurus-Marschflugkörper werden von Flugzeugen aus abgefeuert. Sie können Ziele in bis zu 500 Kilometern Entfernung mit großer Präzision treffen. Die Ukraine will damit den Nachschub der russischen Truppen an der Front kappen.
Die Regierung in Kiew hatte die Taurus-Marschflugkörper im Mai 2023 offiziell von Deutschland erbeten. Der Kanzler erklärte im Oktober, dass Deutschland Taurus vorerst nicht liefern werde. Dahinter steht die Befürchtung, dass die Flugkörper russisches Territorium treffen könnten und Russland dies als direkten Angriff mit deutscher Beteiligung werten würde.
Auf der Münchner Sicherheitskonferenz wich Scholz am Samstag der Frage aus, ob er sie vielleicht doch noch freigeben will. Er versicherte in einem Interview lediglich, dass Deutschland immer genug tun werde, um die Ukraine zu unterstützen.
Taurus-Antrag der Union abgelehnt
Zuvor war die CDU/CSU-Fraktion mit einem eigenen Antrag zu Waffenlieferungen gescheitert. Darin war ausdrücklich die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern gefordert worden. In namentlicher Abstimmung stimmten 181 Abgeordnete für die Vorlage, 480 dagegen und fünf enthielten sich.
Wie zuvor angekündigt, stimmte die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann als einziges Mitglied der Ampelparteien dafür. Aus der Unionsfraktion gab es gleichzeitig eine Gegenstimme und eine Enthaltung zum eigenen Antrag.
Der Antrag für eine "echte Zeitenwende in der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik" hatte die "unverzügliche Lieferung von erbetenen und in Deutschland verfügbaren Waffensystemen" einschließlich Taurus-Marschflugkörpern verlangt. Strack-Zimmermann stimmte dem zu - "ausschließlich, weil das System des Taurus unmissverständlich genannt worden ist", wie sie im Anschluss in der Debatte zu dem letztlich angenommenen Antrag der Ampelparteien zur Ukraine sagte.
mak/gri (dpa, afp, rtr)