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Warum Bob Marley eine Ikone der Menschenrechte ist

Silke Wünsch
14. Februar 2024

Bob Marley hat den Reggae weltberühmt gemacht - nicht nur wegen seiner Musik, sondern auch wegen seiner Botschaften, die heute wichtiger sind denn je. Davon erzählt das Biopic "One Love", das jetzt in die Kinos kommt.

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Jamaika Reggae-Sänger Bob Marley singt in ein Mikrofon.
Bob Marley im Juli 1980Bild: Langevin/AP/ Photo/picture alliance

Als Bob Marley im Juni 1980 in der Kölner Sporthalle auf der Bühne stand, war der Musiker aus Jamaika bereits von seiner Krankheit gezeichnet. Doch seine Ausstrahlung zog die 8000 Zuschauer in ihren Bann - vor allem, als er den "Redemption Song" anstimmte. Ganz allein, im Lichtkegel eines Scheinwerfers, umgeben von den Rauchschwaden hunderter Joints, die im Publikum herumgereicht wurden.

Ein knappes Jahr später war Marley tot, er starb am 11. Mai 1981 an Krebs. Er wurde nur 36 Jahre alt. Doch seine politischen und spirituellen Botschaften haben bis heute Bestand und werden auch in Zukunft in seinen Songs weiterleben. 

Bob Marley hat den Reggae und dessen Botschaften in die Welt getragen - so nachhaltig, dass die UNESCO diese Musik zum immateriellen Weltkulturerbe erklärt hat und Reggae auch auf der ganzen Welt gespielt wird. Die Filmbiografie "One Love" will Bob Marley ein weiteres Denkmal setzen.

Rastafari, eine junge Religion

In Alter von 22 Jahren entdeckte Bob Marley die Rastafari-Religion für sich. Sie ist erst ein knappes Jahrhundert alt. Als ihre Geburtsstunde gilt der Tag, an dem Haile Selassie I. zum Kaiser von Äthiopien gekrönt wurde - der 2. November 1930. Wenige Jahre zuvor hatte der jamaikanische Aktivist Marcus Garvey die Krönung eines mächtigen schwarzen Königs in Afrika vorhergesagt, der die Befreiung der Schwarzen bringen würde.

Selassies ursprünglicher Name war Ras Tafari Makkonen. "Ras" bedeutet in der amharischen Sprache, die in Äthiopien gesprochen wird, soviel wie "Fürst". Die Rastafari sahen in ihm die Wiederkunft Jesu Christi und betrachteten ihn als lebendigen Gott auf Erden. Vieles im Glauben der Rastafari bezieht sich auf die Bibel, vor allem auf das Alte Testament.

Die Rastafari glauben an eine - auch spirituelle - Rückkehr nach Afrika, in das gelobte Land Äthiopien. Die schwarzen Jamaikaner sind Nachfahren der Sklaven, die aus Afrika nach Amerika und in die Karibik verschleppt wurden

Rastafari wollen mit Hilfe ihres Glaubens den kulturellen Bruch, der durch die Versklavung ihrer Vorfahren entstand, überwinden. Dabei geht es um ein möglichst natürliches und naturnahes Leben, um die Prinzipien von Liebe und Frieden, es geht um Gerechtigkeit, Einheit und Gleichheit - und um den Kampf gegen Babylon - ein Synonym für die "westliche Welt", die so viel Unglück über das afrikanische Volk gebracht habe. Babylon steht auch für Jamaika, wo die Vorfahren als Sklaven gestrandet sind.

Hautfarbe ist egal

Rastafari wendet sich gegen jede Form der politischen, kulturellen und religiösen Unterwerfung von Menschen. So ist Rastafari eine weltweite Bewegung mit Anhängern aller Hautfarben. Heute wird ihre Zahl weltweit auf 700.000 bis eine Million geschätzt.

Demo für die Legalisierung von Marihuana in Polen, Menschen tragen eine große Flagge in den Rastafari-Farben grün-gelb-rot mit dem Konterfei von Bob Marley.
Bob Marley und Reggae - auch auf einer Domo für die Legalisierung von Cannabis in PolenBild: Jerzy Dabrowski/picture alliance

Durch das Tragen von Dreadlocks (Filzlocken) wollen sich einige Rastas bewusst von der Oberschicht der Gesellschaft abgrenzen. Die historischen Wurzeln der Dreadlocks liegen bei den Widerstandskämpfern der Mau-Mau, die sich in Kenia gegen die britische Kolonialmacht auflehnten. Mit ihnen identifizieren sich viele Rastafari. Das so oft erwähnte Rauchen von Marihuana dient eher zur Bewusstseinserweiterung als dem Berauschen und ist nicht unbedingt Teil der Rastafari-Religion.

Bob Marley machte Reggae weltberühmt

Mit Bob Marley, der als erster Superstar aus einem Entwicklungsland gilt, wurde auch der Reggae, die Musik der Rastafari, weltweit bekannt. Entstanden ist diese Musik in den 1960er-Jahren auf Jamaika, zu einer Zeit, als soziale Unruhen herrschten und Gangster die Straßen unsicher machten. DJs, die mit ihren "Soundsystems" (mobilen Diskotheken) auf den Straßen Musik machten, entwickelten diesen Sound aus vielen bereits bekannten Genres wie Mento, Ska, Soul und Jazz. Bob Marley war maßgeblich an dieser Entwicklung beteiligt.

Bob Marley trägt eine große Wollmütze.
Bob Marley 1973Bild: Michael Putland/Avalon/Retna/picture alliance

Der entspannte und doch treibende Rhythmus eignete sich hervorragend, um die positiven Botschaften von Frieden und Liebe zu verbreiten. 

Bob Marleys Texte benutzen viel religiöse Rhetorik, sind aber auch bodenständig und erzählen von den Problemen einer diskriminierten Minderheit, von Ghettos, Sklaverei und Ungerechtigkeit. Und wie ein roter Faden zieht sich der Rastafari-Glaube durch Marleys Lieder.

Bob Marleys Lieder

"Get Up Stand Up" ist entstanden, nachdem Bob Marley auf Haiti war und die Armut der Menschen dort unter der Duvalier-Diktatur (1957 - 1986) ihn offenbar schockiert hat. Der Text fordert die Menschen auf, für ihre eigenen Rechte zu kämpfen und nicht aufzugeben. Das Lied ermutigt, auf das eigene Urteilsvermögen zu vertrauen. "Get Up, Stand Up" gilt als inoffizielle Hymne von Amnesty International.

Schauspieler Kingsley Ben-Adir als Bob Marley mit Gitarre auf der Bühne.
Im Film "One Love" spielt Kingsley Ben-Adir die HauptrolleBild: Chiabella James

"Exodus" behandelt den Rastafari-Glauben der Rückkehr nach Afrika. Im Text heißt es: "Seid ihr zufrieden mit dem Leben, das ihr führt? Wir wissen, wohin wir gehen, wir wissen, woher wir kommen, wir verlassen Babylon, wir gehen in das Land des Vaters. In diesem Exodus bewegt sich das Volk Jahs (Gottes)".

In "Zimbabwe" fordert Bob Marley die Afrikaner auf, Simbabwe zu befreien, das unter der britischen Kolonialherrschaft den Namen "Rhodesien" trug. Bei der Unabhängigkeitsfeier Simbabwes spielte Marley das Lied live. Es wurde zur inoffiziellen Nationalhymne des Landes.

Oft falsch verstanden: No Woman, No Cry

"Keine Frau, kein Geheule", könnte man bei diesem Titel vordergründig denken. Doch Bob Marley wollte damit etwas Tröstliches sagen - denn in der Sprache der Bewohner von Trenchtown bedeutet "No Woman, No Cry": "Nein, Frau, weine nicht!"

Bob Marley mit geschlossenen Augen und ausgebreiteten Armen auf der Bühne.
Bob Marley ist bis heute eine wichtige IdentifikationsfigurBild: Ipol Kwame Brathwaite/dpa/picture alliance

Trenchtown ist das Ghetto der jamaikanischen Hauptstadt Kingston, in dem Bob Marley aufwuchs. Der Song spiegelt das Lebensgefühl dort wider, geprägt von Armut und starken Familienbanden, die sich gegenseitig unterstützen. Das Lied entstand, als Marley im Hinterhof saß und eine Frau in der Nachbarschaft weinen hörte.

Marleys Erbe: Redemption Song

Das Lied "Redemption Song" ist Marleys Vermächtnis. Es gibt mehrere Aufnahmen davon, aber eigentlich sollte es nur diese eine Version werden, die rein mit Stimme und Gitarre auskommt, wobei das Weglassen der Instrumente die Intensität des Liedes erhöht.

Marley zitiert darin den Rasta-Propheten Marcus Garvey, der 1937 in einer Rede sagte: "Emancipate yourself from mental slavery, none but ourselves can free our mind." Die Sklaverei der Vorfahren müsse aus den Köpfen der Menschen verschwinden, erst wenn man geistig frei sei, sei man wirklich frei.

Diese Gedanken und das Wissen um seinen baldigen Tod haben Bob Marley zum "Redemption Song" inspiriert. Ein Lied, mit dem er auch heute noch vielen Menschen weltweit Hoffnung gibt.