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Auf der Suche nach dem "deutschen Stil"

Courtney Tenz ad
17. Mai 2017

Die Deutschen gelten nicht gerade als Trendsetter in Design und Mode. Trotzdem gibt es so etwas wie einen deutschen Stil. Ein neues Buch beschreibt die Entwicklung deutscher Stil-Ikonen der letzten Jahrzehnte.

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Heino, Ehefrau Hannelore Kramm
Bild: Getty Images/Peter Bischoff

Gibt es einen deutsche Stil? Und wenn ja, wie sieht er aus? Dieser Frage sind die Modejournalistin Silke Wichert und Kreativdirektorin Nina Zywietz in ihrem neuen Buch "The Germans - Stil und Ikonen einer Nation" auf den Grund gegangen. Nicht zuletzt, weil den beiden Autorinnen diese Frage im In- und Ausland immer wieder gestellt wurde. 

Jenseits von Witzen über Socken in Birkenstock-Sandalen präsentiert das Buch einen Bunten Strauß voller Antworten. Deutsche haben, so die Autorinnen, ihr ganz eigenes Stilempfinden - sei es bei der Kleidung oder ihrem Lifestyle. "Natürlich hat Deutschland so wie jedes Land seine Eigenheiten", schreiben sie im Vorwort. Bei Deutschland müsse man etwas tiefer graben, um dem Stil des Landes auf die Spur zu kommen, da Vieles von Spott und Frotzeleien überdeckt sei. "Sogar wir selbst mussten feststellen, dass wir typischer sind, als wir zugeben", so die Autorinnen - "und das nicht nur, weil mindestens eine von uns sogar bei Party-Einladungen in Spanien mit Vollkornbrot und Aufstrich auftaucht."

The Germans - Stil und Ikonen einer Nation Buch von Silke Wichert und Nina Zywietz (Die Bilder können nur im Rahmen einer Buchbesprechung inkl. Abbildung des Covers und Nennung der Copyrights zur Verfügung gestellt werden. Nicht zur Bebilderung eines Artikels zu einem anderen Thema.)
Bild: teNeues/Silke Wichert/Nina Zywietz

Was typisch deutsch ist

Der Band versucht vor allem mit zahlreichen Bildern, dem "typisch Deutschen" auf die Spur zu kommen. Er hält aber auch einige persönliche Anekdoten zum Thema bereit - so von Modeschöpferin Ayzit Bostan oder Designjournalist Christoph Amend. In zehn Kapiteln werden verschiedene Lebensbereiche behandelt, angefangen bei Sport über Modevorlieben bis hin zu Inneneinrichtung und der deutschen Art zu reisen. Bauhaus wird behandelt, genauso wie deutschstämmige Models und Stars.

Prominente wie Till Schweiger werden befragt, wie sie Deutschsein für sich definieren. Neben Pünktlichkeit und Präzision sticht für ihn noch eine Eigenschaft hervor: Beim frühen Planen seien die Deutschen ganz weit vorn. Wer sonst verabredet sich zwei Monate im Voraus zum Abendessen? "Menschen aus anderen Ländern hätten das in der Zeit längst wieder vergessen", so Schweiger.

Der "Ist mir wurscht"-Stil 

Es scheint irgendwie einfacher, den Pariser Chic zu definieren, als konkret zu benennen, das denn nun ein "typisch deutscher Stil" ist. Auch die Gesprächspartner der Autorinnen kommen zu unterschiedlichen Schlüssen: Der dekorative Schal? Der Kurzhaarschnitt? Die Korrespondentin des Guardian, Kate Connolly, stellt beispielsweise fest, dass Männer sich zunehmend mit Selbstbräuner verschönern, bevor sie zu wichtigen Konferenzen erscheinen.

Melissa Drier von der US-Fashionbibel "Women´s Wear Daily" definiert den deutschen Modegeschmack wenig schmeichelhaft als "Ist mir wurscht". Soll heißen: den Deutschen ist die Mode nicht so wichtig. Ein herbes Urteil über den Stil von Otto Normalverbraucher in Deutschland. Das Land hat immerhin auch Designer wie Karl Lagerfeld und Jil Sander hervorgebracht. Das versucht auch das Buch hervorzuheben, indem es Schlaglichter auf die Influencer hinter den Kulissen wirft: Da geht es nicht nur um Claudia Schiffer und Heidi Klum, sondern auch um die Fotografen Juergen Teller und Peter Lindbergh, die beide bis heute internationalen Modetrends setzen.

Bilder aus dem Buch The Germans - Stil und Ikonen einer Nation (teNeues/Getty Images)
Dreharbeiten zur TV-Reihe "Das Traumschiff" (1990)Bild: Peter Bischoff/Getty Images

Das deutsche Seelenleben

Silke Wichert und Nina Zywietz haben auch die Innenausstattung eines Hauses unter die Lupe genommen, um deutsche Stilelemente herauszuarbeiten: Ihrer Meinung nach zeigen Spitzenvorhänge und riesige Hohlschränke, welchen Stellenwert Privatheit und Organisation in der deutschen Seele innehaben.

Aber es geht nicht nur um Äußerlichkeiten. Auch andere Lebensbereiche werden gründlich durchleuchtet, zum Beispiel die deutsche Musikszene: vom legendären Berliner Nachtclub "Tresor", in dem die elektronische Musik der Achtziger mit erfunden wurde bis zur Rockband "Scorpions", die sozusagen den transatlantischen Graben in der Rockmusik geschlossen hat. Auch wenn viele der Fotografien im Buch wie aus der Zeit gefallen zu sein scheinen, stehen sie doch für Augenblicke, die für die meisten Deutschen stil- und bewusstseinsprägend waren. Ganz so wie der Song "Wind of Change", mit dem die Scorpions die Stimmung im Wende-Jahr 1989 einfingen.

"The Germans - Stil und Ikonen einer Nation" von Silke Wichert und Nina Zywietz erschien im Mai 2017 bei teNeues. 224 Seiten, Hardcover, 72 Farb- und 16 Schwarz-Weiß-Fotografien.Text in Deutsch.