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Armen Sarkisjan: Wer ist das Opfer des Attentats in Moskau?

Alexandra Ivanova
4. Februar 2025

Armen Sarkisjan, Gründer des ArBat-Bataillons, ist bei einem Attentat getötet worden. Die ukrainischen Behörden hatten ihn schon lange im Visier - nicht nur nur wegen seiner Rolle in Russlands Angriffskrieg.

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Am Ort der Explosion in Moskau - zerborstene Glastüren am Eingang des Wohnkomplexes in Moskau
Am Ort der Explosion in MoskauBild: Investigative Committee of Moscow/AP Photo/picture alliance

Bei einer Explosion in einem luxuriösen Wohnkomplex im Norden Moskaus ist am Montag der Gründer des ArBat-Bataillons, Armen Sarkisjan, getötet worden. Die Truppe kämpft an der Seite der regulären Armee der Russischen Föderation im Angriffskrieg gegen die Ukraine. Der Name ArBat ist eine Abkürzung und steht für "Armenisches Bataillon".

Die Meldung über Sarkisjans Tod wurde inzwischen von den russischen Behörden bestätigt. Der Sprengsatz detonierte, als sich der 46-Jährige im Eingangsbereich des Apartmenthauses befand.

Wer ist Armen Sarkisjan?

Die staatlichen russischen Medien bezeichnen Armen Sarkisjan als "Chef des Boxverbandes der Volksrepublik Donezk", der Region im Osten der Ukraine, die im September 2022 von Russland annektiert wurde. Der Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU) wirft Sarkisjan vor, Gefängnisinsassen für den Kampf gegen die Ukraine rekrutiert zu haben und nennt ihn ein "kriminelles Schwergewicht" aus der Zeit des prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch. Der war zwischen Februar 2010 und Februar 2014 im Amt, bis er im Zuge proeuropäischer Massenproteste in der Ukraine nach Russland floh und vom Parlament in Kyjiw für abgesetzt erklärt wurde. Laut SBU wird Sarkisjan seit Mai 2014 polizeilich gesucht.

Der Gründer des ArBat-Bataillons, Armen Sarkisjan, im Dezember 2024 bei einer Boxveranstaltung
Der Gründer des ArBat-Bataillons, Armen Sarkisjan, im Dezember 2024 bei einer BoxveranstaltungBild: Valery Sharifulin/TASS/dpa/picture alliance

Nach Angaben des renommierten Telegram-Kanals "ASTRA", der von unabhängigen russischen Journalisten betrieben wird, soll Sarkisjan in die Ermordung des Journalisten Wjatscheslaw Weremij verwickelt sein, der im Februar 2014 in Kyjiw auf offener Straße von unbekannten maskierten Männern erschossen wurde. Der leitende Korrespondent der ukrainischen Zeitung "Westi" (Nachrichten) war für seine Berichte über drängende gesellschaftliche Probleme bekannt und recherchierte zum Euromaidan, wie die Proteste gegen Janukowitsch auf dem Maidan, dem zentralen Platz der ukrainischen Hauptstadt, genannt wurden.

Sarkisjan und die "Tituschki-Banden"

Sarkisjan gilt zudem als Organisator der sogenannten "Tituschki-Banden", prorussischer Schlägertrupps, die damals gegen die Demonstranten vorgingen und zur Jagd auf bestimmte Euromaidan-Teilnehmer angesetzt wurden. 

Im vergangenen Jahr teilte der SBU mit, gegen Sarkisjan sei in Abwesenheit gemäß dem Strafgesetzbuch der Ukraine Verdacht erhoben worden - "wegen der freiwilligen Teilnahme an illegalen bewaffneten oder paramilitärischen Formationen, wegen der Unterstützung solcher Formationen bei der Durchführung von Militäroperationen gegen die Streitkräfte der Ukraine sowie wegen der Unterstützung des Aggressors Russland mittels einer organisierten Gruppe von Personen". Nach der Explosion in Moskau meldeten einige ukrainische Medien unter Berufung auf eigene Quellen, hinter dem Attentat stecke der SBU.

Der Telegram-Kanal "VChK-OGPU", der den russischen Sicherheitskräften nahesteht, schrieb, Sarkisjan habe "enge Beziehungen zu tschetschenischen Sicherheitskräften" unterhalten.

Das ArBat-Bataillon und die Wagner-Gruppe

Auf der SBU-Website heißt es, dass das "separate Bataillon der Spezialeinheit ArBat von Armen Sarkisjan nach Beginn der umfassenden militärischen Invasion der Russischen Föderation in die Ukraine auf Befehl des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB gebildet wurde". Das Bataillon soll von Personen organisiert worden sein, die wegen Mordes, Raubes und anderer schwerer Verbrechen verurteilt wurden.

Mehrere Polizisten am abgesperrten Ort der Explosion in Moskau
Polizisten am Ort der Explosion in MoskauBild: Alexander Zemlianichenko/AP Photo/picture alliance

Nach Angaben der Spionageabwehr des SBU kämpfte ArBat zunächst am Frontabschnitt bei Torezk im ukrainischen Donbass und wurde später in die russische Region Kursk verlegt, um dort die Offensive der ukrainischen Verteidigungskräfte abzuwehren.

Russische Medien bezeichnen ArBat hingegen als "Freiwilligenbataillon", das bei der "speziellen Militäroperation", wie der Krieg gegen die Ukraine in Russland genannt wird, eingesetzt wird. Das Bataillon war im Sommer 2023 Thema öffentlicher Debatten, als das Oberhaupt der Russischen und Neu-Nachitschewaner Diözese der Armenischen Apostolischen Kirche, Erzbischof Ezras Nersisyan, den Angehörigen des Bataillons für ihren Militäreinsatz seinen Segen gab.

Wie die ukrainische Internetzeitung Telegraf feststellt, wechselten nach dem erfolglosen Aufstand des Gründers der Privatarmee Wagner-Gruppe, Jewgenij Prigoschin, gegen die russische Militärführung im Sommer 2023 viele einstige Wagner-Söldner zum ArBat-Bataillon. Seit dem 1. Juli 2023 ist das Bataillon beim russischen Verteidigungsministerium unter Vertrag. Im August 2024 berichtete die Online-Zeitung "The Moscow Times", ArBat rekrutiere auch Kämpfer aus Indonesien.

Wer wurde bei der Explosion noch verletzt?

Nach Angaben von "VChK-OGPU" und dem Webportal "RBC" wurde bei dem Attentat in Moskau der 49-jährige Oleg Kaspirowitsch verletzt, der laut der Zeitung "Telegraf" Sarkisjans Leibwächter gewesen sei soll. Er steht auf der "Myrotworez-Liste" der Feinde der Ukraine, einer Webpräsenz des ukrainischen, nichtstaatlichen "Zentr Myrotworez" (Zentrum Friedensstifter). Medienberichten zufolge wurden bei der Explosion drei weitere Personen verletzt.

Adaption aus dem Russischen: Markian Ostaptschuk