Zielscheibe Santa Claus
24. Dezember 2004Wie viele Weihnachtsbräuche sich im Lauf der Zeit vermischt haben, ist heutzutage nur noch schwer zu durchschauen. Zwei zentrale Figuren sind auf jeden Fall Santa Claus (der Weihnachtsmann) und der Nikolaus. Steht der eine für Konsum und Kommerz, bringt der andere christliche Werte wie Großmütigkeit und Nächstenliebe in die Weihnachtszeit.
Persönlich habe sie nichts gegen Santa Claus, sagt Bettina Schade. Im Grunde mag sie die Weihnachtszeit mit ihren Lichtern und geschmückten Tannenbäumen, herausgeputzt mit goldenen Sternen und Silberschmuck. Hektischer Kaufzwang und die Allgegenwart jenes rotgewandeten, bärtigen alten Mannes verfremdeten jedoch immer mehr die eigentliche Bedeutung von Weihnachten.
Bettina Schade ist Mitglied der "Frankfurter Nikolaus Kampagne". Gegründet hat diese Initiative Eckhard Bieger, ein römisch-katholischer Geistlicher aus Frankfurt. Alarmiert von der wachsenden Kommerzialisierung des deutschen Weihnachtsfestes, wollte Bieger den eigentlichen Heiligen Nikolaus – ein Mönch und Bischof aus dem vierten Jahrhundert – wieder ins Zentrum der deutschen Weihnachtsbräuche zurückholen, dort wo er ursprünglich auch hingehört.
Santa-Freie-Zone
Die Weihnachtszeit sollte sich verändern oder zumindest leiser, unaufdringlicher werden. "Der christliche Ursprung von Weihnachten - die Geburt Jesu - ist zunehmend in den Hintergrund getreten. Heutzutage wird das Weihnachtsfest reduziert auf materielles Schenken und Kommerz", meint Bettina Schade.
Gegenüber dem amerikanisch inspirierten, vergnügten alten Santa Claus hat die historische Nikolausfigur, die eine Bischofsmütze (Mitra) trägt, einen schweren Stand. Sie ist aus der deutschen Kulturlandschaft nahezu komplett verschwunden. Landauf und Landab stellen die Kinder zwar immer noch nach altem Brauch ihre Schuhe und Stiefel in der Nacht auf den 6. Dezember vor die Tür, damit der Heilige Nikolaus sie mit kleinen Geschenken und Süßigkeiten füllt. Dieses Ereignis ist jedoch längst nicht mehr so spektakulär wie die Vorstellung des von Rentieren gezogenen Santa-Schlittens, der durch den Nachthimmel fliegt.
Ein Kind von Coca-Cola
Gegen diesen Trend hat die Frankfurter Initiative zusammen mit dem katholischen Bonifatiuswerk ihre "Pro-Nikolaus Kampagne" gestartet. Auf den Weihnachtsmärkten und in den Kaufhäusern verteilen ihre Mitglieder Sticker, die eine "Santa-Freie-Zone" proklamieren. "Santa Claus ist eine Erfindung von Coca-Cola und der Werbeindustrie um die Vermarktung zu steigern", erklärt Gründer Eckard Bieger. Das berühmte Bild von Santa - dick, weißbärtig und roter Mantel - ist in der Tat eine Erfindung von Coca-Cola. In den 1930er Jahren suchte das Unternehmen nach einer neuen Figur für seine Werbekampagne.
Ein schwedisch-amerikanischer Künstler, Haddon Sundblom, entwarf schließlich die lustige, gutmütige Santa Figur. Inspiriert wurde er durch eine noch ältere Figur, die - von holländischen Einwanderern in die Vereinigten Staaten eingeführt - der deutsche Einwanderer Thomas Nast im 19. Jahrhundert für das "Harpers Weekly" gezeichnet hatte.
Ein Vorbote von Amnesty International
Statt des ganzen Weihnachtsbremboriums um Santa Claus tritt der Verein dafür ein, die Tradition des Heiligen Nikolaus wieder stärker in den Vordergrund zu stellen. Schließlich hat der legendäre Bischof christliche Werte wie Großzügigkeit oder Hilfsbereitschaft in die Weihnachtszeit gebracht.Der legendäre Heilige Nikolaus soll vermutlich im vierten Jahrhundert gelebt haben und war Bischof von Myra, einer Stadt in der heutigen Türkei. Großzügig und mildtätig soll er gewesen sein. Seine menschliche Größe und die guten Charaktereigenschaften, die er in seiner Person vereinte, waren Stoff für zahlreiche Legenden und Geschichten von Wundern.
"Santa hat nichts von alldem. Bei ihm handelt es sich nur um den Überbringer der Geschenke. Eine Rückbesinnung auf die historische Nikolausfigur, so wünscht es sich Bettina Schade, könne die zentralen Werte des Weihnachtsfestes – wie Familie oder anderen zu helfen - wieder stärker in Erinnerung rufen.