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Wie Liebe die Hormone in Gehirn und Körper tanzen lässt

Hanna Pütz | Alexander Freund
14. Februar 2024

Verliebt zu sein ist nicht nur am Valentinstag aufregend. Eine große Rolle spielen dabei Hormone. Sie regen in verschiedenen Phasen der Verliebtheit die Gehirnaktivität an und sorgen für das Kribbeln im Bauch.

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Mehrere "Ich liebe dich - Ballons" vor einer Brücke
Liebe lässt sich nicht messen. Aber die Auswirkungen des Hormoncocktails lassen sich wissenschaftlich feststellenBild: WDR

Wenn wir uns verlieben, schüttet der Körper einen Hormoncocktail mit Serotonin, Phenylethylamin, Dopamin und Oxytocin aus, der es in sich hat. Die meisten dieser hormonellen Botenstoffe werden im Gehirn gebildet.

"Dort kann man sie nicht durch Blut abnehmen messen", bedauert der Bochumer Forscher Helmut Schatz von der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie. Liebe lässt sich zwar nicht messen. Aber wissenschaftlich nachvollziehen lassen sich die Auswirkungen des Hormonmixes dennoch. Das geht mit Tomographen, die zumindest die Aktivitäten in einzelnen Hirnarealen aufzeichnen.

Welche Phasen Verliebte durchlaufen und welche Hormone sie dabei begleiten, kann ganz schön aufregend sein!

Phase 1: "Ich bin ja so verliebt!"

Herzklopfen und Schmetterlinge im Bauch - dahinter stecken Dopamin und das "Verliebtheitshormon" Phenylethylamin. Es sorgt dafür, dass eine erotische Anziehungskraftzwischen Menschen entsteht. Zusätzlich macht Dopamin uns offen gegenüber anderen. Also auch gegenüber der künftigen großen Liebe.

Phase 2: "Wir haben uns geküsst!"

Lust zu knutschen? Dann los! Küssen ist nicht nur schön, sondern auch gesund. Die Pulsfrequenz steigt und der Stoffwechsel verbessert sich. Wer viel küsst, ist weniger anfällig für Bluthochdruck und Depressionen.

Frag doch! Was ist Liebe?

Der ausgetauschte Speichel ist gut für das Immunsystem und die Zähne, weil antimikrobielle Enzyme Karies und Parodontose vorbeugen. Und auch um tiefe Falten brauchen sich eifrige Küsser weniger Sorgen zu machen. Sie trainieren alle 34 Gesichtsmuskeln auf einmal und straffen so ihre Haut. 

Phase 3: "Nur in Deiner Nähe bin ich glücklich"

Insbesondere frisch Verliebte neigen dazu, den geliebten Menschen zu idealisieren, alle Gedanken kreisen um ihn. Das überschäumende Verliebtsein ist mit neuronaler Aktivität in Hirnbereichen verbunden, die bei Belohnung und Motivation, Emotionen sowie sexueller Erregung beteiligt sind. 

Bekannt ist, dass bestimmte Hirnareale, die bei romantischer Liebe eine Rolle spielen, sich mit dem sogenannten Annäherungssystem oder auch Verhaltensaktivierungssystem, kurz BAS (Behavioral Activation System), überschneiden.

Das BAS bewirkt, dass wir positive Reize verstärkt wahrnehmen, neugieriger sind und selbstbewusster handeln, heißt es in einer australischen Studie, die im Fachjournal "Behavioural Sciences" erschienen ist. "Menschen, die romantische Liebe erleben, zeigen eine Reihe von Kognitionen, Emotionen und Verhaltensweisen, die auf eine gesteigerte BAS-Aktivität hindeuten", heißt es in der Studie. Den Ergebnissen zufolge gibt es einen Zusammenhang zwischen BAS und Verliebtsein: Es reagiert auf Reize in Bezug auf die geliebte Person. 

Gleichzeitig nimmt bei frisch Verliebten überraschenderweise das Glückshormon Serotonin ab. Forscher erklären das so: Verliebte verlieren den rationalen Blick und stellen den Partner voll und ganz in den Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit. Wenn die Person für längere Zeit (oder auch nur für fünf Minuten) nicht in der Nähe ist, kommt es zu Entzugserscheinungen, ähnlich wie bei Drogensüchtigen.

Phase 4: "Du und ich für immer und ewig"

Wichtig für eine Partnerschaft ist auch das "Kuschelhormon" Oxytocin. Es fördert nicht nur die Bindung zwischen Mutter und Kind, sondern auch zwischen Partnern.

Alteres Paar hält gemeinsam ein Herz in der Hand
Nicht nur die Hormone entscheiden, ob eine Partnerschaft länge hältBild: Christin Klose/dpa-tmn/picture alliance

Zusätzlich sorgt es in sozialen Beziehungen für Vertrauen. Allerdings hat es auch seine schlechte Seiten: Es bewirkt, dass Menschen andere ausgrenzen. Das machen Verliebte in der Regel aber - wenn überhaupt - nicht mit böser Absicht.

Phase 5: Zeit zu zweit mit Testosteron und Östrogen

Sex hat nur indirekt mit den klassischen Verliebtheitshormonen zu tun. Auf Sexualität wirken vor allem die Geschlechtshormone Testosteron und Östrogen. Beim weibliche Orgasmus wird außerdem das Hormon Oxytocin hoher Konzentration ausgeschüttet. Je mehr davon ausgeschüttet wird, desto heftiger ist der Orgasmus und das anschließende Gefühl der Bindung an denjenigen, mit dem man diesen Orgasmus erlebt hat.

Ineinander verschränkte Hände von einem Paar
Die Hormone Testosteron und Östrogen sind für die Sexualität wichtig Bild: Christophe Gateau/dpa/picture alliance

Sex hat auch für die Gesundheit angenehme Begleiteffekte. Die Partner verbrennen beim Sex jeweils bis zu einige hundert Kilokalorien, so Endokrinologe Schatz.

Durch den Sex neigen Männer außerdem weniger zu Prostatakrebs. Und die vom Körper freigesetzten, opiumähnlichen Substanzen können sogar wie Schmerzmittel wirken. "Knie- oder Wirbelschmerzen bei älteren Männern gehen davon aber auch nicht weg", verrät Hormonforscher Helmut Schatz.

Der Zauber der Liebe

Ob die Liebe hält, hängt allerdings von viel mehr ab als nur von den Hormonen. "Man darf die Hormone nicht isoliert betrachten", betont Schatz. "Verliebtheit hängt stark von der Psyche ab. Und auch vom Nervensystem."

Der Zauber des Verliebtseins ist also nicht nur ein biologischer Prozess. Die Hormone sind nur Teil eines Netzwerks aus Komponenten, die für das Gefühl "Liebe" verantwortlich sind. 

Um die Liebe vor dem Alltag zu retten, rät Endokrinologe Schatz, gelegentlich zum Beispiel mal Achterbahn zu fahren: Gefahrensituationen schweißen Paare zusammen. Einen anderen Tipp hat der Bremer Hirnforscher Gerhard Roth: öfter Komplimente machen. Ehrliche und nette Worte können die vermehrte Ausschüttung von neuronalen Wirkstoffen wie Oxytocin und Dopamin auslösen. Genau der Stoff also, den Verliebte brauchen. 

 

Der Artikel erschien ursprünglich 2017 und wurde zum Valentinstag 2024 mit der australischen Studie aktualisiert.

DW Mitarbeiterportrait | Alexander Freund
Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit@AlexxxFreund