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KonflikteUkraine

Selenskyj: "Werden Besatzer nie tolerieren"

Veröffentlicht 2. Juli 2023Zuletzt aktualisiert 2. Juli 2023

Der ukrainische Präsident Selenskyj besucht Odessa und bekräftigt die Befreiung besetzter Gebiete. Nach fast zwei Wochen Pause greift Russland die Hauptstadt Kiew wieder aus der Luft an. Ein Überblick.

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Videoansprache - Wolodymyr Selenskyj
Wolodymyr Selenskyj in Odessa Bild: president.gov.ua

 

Das Wichtigste in Kürze: 

  • Selenskyj betont in Odessa die Kampfbereitschaft seines Landes 
  • Kiew wieder Ziel russischer Angriffe
  • CIA: Krieg hat "zersetzende Wirkung" auf Putins Herrschaft 
  • Lambsdorff sieht Stunde der Diplomatie noch nicht gekommen

 

Bei einem Besuch in der Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die geplante Befreiung besetzter Gebiete im Süden seines Landes bekräftigt. "Der Feind wird definitiv nicht die Bedingungen im Schwarzen Meer diktieren", sagte Selenskyj in einer vor Ort aufgenommenen Videonachricht anlässlich des Tages der ukrainischen Seestreitkräfte am Sonntag.

Im Internetdienst Telegram veröffentlichte Selenskyj zudem Videos aus Odessa, die ihn bei Treffen mit Kommandeuren sowie bei einem Besuch von verwundeten Soldaten in einem Krankenhaus zeigen. "Zusammen werden wir gewinnen", betonte er. "Die ukrainischen Küsten werden die Besatzer nie tolerieren!"

Kiew wieder aus der Luft angegriffen

Erstmals seit zwölf Tagen ist die ukrainische Hauptstadt Kiew wieder Ziel russischer Luftangriffe geworden. Die Luftverteidigung habe in der Nacht auf Sonntag alle feindlichen Geschosse abwehren können, teilte die ukrainische Luftwaffe mit. Mehrere Häuser im Kiewer Gebiet wurden laut Militärverwaltung allerdings durch herabfallende Trümmerteile beschädigt und ein Bewohner verletzt.

Zerstörtes Wohnhaus in Kiew
Viele Wohngebäude in Kiew sind bereits durch frühere russische Raketenangriffe unbewohnbar geworden Bild: Valentyn Ogirenko/REUTERS

Auch andere Teile der Ukraine waren von den jüngsten russischen Angriffen betroffen. Landesweit wurden offiziellen Angaben zufolge insgesamt acht Kampfdrohnen und drei Marschflugkörper von der ukrainischen Luftverteidigung zerstört.

Selenskyj betont Stellenwert seines Landes für die EU

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich zuversichtlich zur europäischen Zukunft seines Landes geäußert. Es sei schon immer unmöglich gewesen, sich ein "gemeinsames Haus Europa" ohne die Ukraine vorzustellen, doch nun habe die Regierung in Kiew erreicht, dass auch auf politischer Ebene Europa-Angelegenheiten nicht mehr ohne die Ukraine gedacht würden, sagte er am Samstagabend in seiner täglichen Videoansprache.

Der Besuch von Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez am ersten Tag der spanischen EU-Ratspräsidentschaft sei diesbezüglich eine wichtige Geste gewesen, fügte er hinzu. Er bedankte sich bei Madrid für die politische, wirtschaftliche und militärische Hilfe sowie die Aufnahme von Flüchtlingen. Er sei aber zuversichtlich, dass diese bald in die Heimat zurückkehren könnten, wenn es dort wieder sicher sei. Teil dieser Sicherheit sei der von Kiew angestrebte NATO-Beitritt der Ukraine. Er danke Spanien für seine Unterstützung der ukrainischen NATO-Ambitionen, sagte Selenskyj.

Wolodymyr Selenskyj und Pedro Sánchez umarmen sich
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj umarmt den spanischen Regierungschef Pedro Sánchez am Samstag in Kiew Bild: Ukrainian Presidential Press Service/Handout/REUTERS

Der ukrainische Staatschef hielt seine Ansprache im Nordwesten des Landes am Atomkraftwerk Riwne. Dort habe er eine Lagebesprechung mit militärischen und politischen Entscheidungsträgern unter anderem zur Sicherheit von Atomkraftwerken gehabt, sagte Selenskyj. Kiew hat Moskau in den vergangenen Wochen mehrfach vorgeworfen, einen atomaren Zwischenfall im von Russen besetzten Kernkraftwerk Saporischschja zu provozieren. Russland weist diese Anschuldigungen zurück. 

CIA-Chef: Krieg hat "zersetzende" Wirkung auf Putins Herrschaft

Der US-Auslandsgeheimdienst CIA will aus einer von ihm ausgemachten wachsenden "Abneigung" in der russischen Gesellschaft gegen den Ukraine-Krieg Nutzen für seine Spionageaktivitäten ziehen. "Diese Abneigung schafft eine günstige Gelegenheit für uns bei der CIA, wie es sie nur einmal in einer Generation gibt", sagte CIA-Chef William Burns am Samstag in einer Rede bei der Ditchley-Stiftung im englischen Oxfordshire. Diese Gelegenheit werde die CIA sich nicht entgehen lassen.

Burns verwies darauf, dass die CIA kürzlich eine Botschaft an Russinnen und Russen im Onlinedienst Telegram verschickt habe. Darin würden sie darüber informiert, wie sie den US-Geheimdienst im sogenannten Darknet, einem versteckten Bereich des Internets, kontaktieren könnten. Diese Botschaft seines Dienstes sei in der ersten Woche 2,5 Millionen Mal angeschaut worden.

William Burns
CIA-Chef William Burns (Archivaufnahme vom März) Bild: MANDEL NGAN/AFP/Getty Images

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine habe eine "zersetzende" Wirkung auf die russische Gesellschaft und die Herrschaft von Kreml-Chef Wladimir Putin, sagte Burns. Dies sei auch durch den kurzzeitigen Aufstand des Chefs der Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, deutlich geworden.

Der CIA-Chef bezeichnete den Angriff auf die Ukraine als "strategischen Fehlschlag" für die Führung in Moskau. Dadurch seien Schwächen der russischen Armee bloßgelegt, Russlands Wirtschaft beschädigt und eine Erweiterung wie Stärkung der NATO in Gang gesetzt worden.

NATO tagt Mitte Juli in Litauen                                            

Die Ukraine hatte vor einem Jahr den Status eines EU-Beitrittskandidaten erhalten und hofft, in diesem Jahr formelle Verhandlungen über ihren Beitrittsantrag beginnen zu können. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sprach der spanische Ministerpräsident Petro Sánchez von einer ermutigenden Zwischenbewertung der EU-Kommission zu den Fortschritten Kiews. Der Besuch des spanischen Regierungschefs bei Selenskyj fand im Vorfeld des NATO-Gipfels am 11. und 12. Juli in Litauen statt, an dem erstmals auch Selenskyj teilnehmen wird.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte Mitte Juni allerdings bereits deutlich gemacht, dass das westliche Verteidigungsbündnis beim Gipfel in Vilnius der Ukraine keine Beitrittseinladung aussprechen wird. Stattdessen soll ein neuer NATO-Ukraine-Rat eingerichtet werden, der "auf Augenhöhe" Verhandlungen über die transatlantische Sicherheit ermöglichen soll. 

Diplomatie muss warten

Der künftige deutsche Botschafter in Moskau, Alexander Graf Lambsdorff, erteilte Friedensgesprächen im Ukraine-Krieg mit Moskau zum augenblicklichen Zeitpunkt eine Absage. Im Interview mit "Welt am Sonntag" sagte der FDP-Politiker: "Im Moment suchen beide Kriegsparteien, die Ukraine und Russland, ihren Vorteil auf dem Schlachtfeld. Solange das so ist, bleibt die Diplomatie im Hintergrund." 

Kuleba spricht von russischer Lufthoheit

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba sieht in der russischen Lufthoheit eines der drei Hauptprobleme bei der Gegenoffensive seines Landes. Das von den Russen dicht verminte Gelände und die stark befestigten russischen Verteidigungslinien seien schwer zu überwinden, sagte er den zum Axel-Springer-Verlag gehörenden Medien "Bild", "Welt" und "Politico". "Und drittens leiden unsere Streitkräfte sehr darunter, dass uns Anti-Luft-, Anti-Hubschrauber- und Anti-Flugzeug-Waffen am Boden fehlen."

NATO Außenministertreffen in Brüssel
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba (l.) zusammen mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg im April in Brüssel Bild: Geert Vanden Wijngaert/AP Photo/picture alliance

Die Entscheidung der westlichen Verbündeten für die Lieferung von Kampfjets hätte schon früher getroffen werden können, nun bitte er die Partner darum, die Lieferungen zu beschleunigen. Kuleba kritisierte Kommentare über mangelnde Fortschritte der Gegenoffensive: "Wir fühlen uns frustriert von denen, die jetzt sagen: Oh, das läuft nicht gut."  

se/sti/haz/AL/AR/nob (dpa, rtr, afp)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

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