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"Weiße" Biotechnologie auf Wachstumskurs

Gernot Jaeger 23. Februar 2005

Im Gegensatz zur "grünen" Biotechnologie ist ihre "weiße" Variante weniger bekannt - und weniger umstritten. Sie gilt als weltweiter Wachstumsmarkt, auf dem die deutsche Industrie auch künftig mitmischen will.

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Einsatzgebiet für Biotechnologie: WaschmittelherstellungBild: dpa

Die "weiße" Biotechnologie ist längst keine Zukunftsmusik mehr: Millionen Menschen kaufen jeden Tag Produkte, in denen Biotechnologie drin steckt. Zum Beispiel im Waschpulver. Es sind Enzyme, die moderne Waschmittel effizient machen. Sie kommen mit weniger Wasser aus und wirken schon bei niedrigeren Temperaturen. Die Folge sind weniger Abwasser und geringerer Energieverbrauch. Ein gutes Beispiel, findet Fritz Brickwedde von der Bundesstiftung Umwelt: "Wir sehen drei Ziele, die sich parallel mit der weißen Biotechnologie verwirklichen lassen. Das ist erstens die Schonung von knappen Ressourcen. Zweitens eine Reduktion von Umweltbelastungen und drittens effizientere Produktionsverfahren."

Politische Bedingungen

Die Erwartungen sind hoch. Studien sagen voraus, dass schon in wenigen Jahren bis zu einem Fünftel des weltweiten Chemie-Umsatzes aus Bio-Tech-Produkten kommt. Das wäre ein Markt von über 300 Milliarden Euro. Nach Ansicht von Jürgen Hambrecht, Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie, muss Deutschland in diesem Markt ganz vorne mit dabei sein: "Die deutsche chemische Industrie will auf dem Gebiet der weißen Biotechnologie weiter zur Weltspitze gehören, dann da sind wir heute. Ob ihr das gelingt, hängt allerdings davon ab, wie sich die politischen Rahmenbedingungen weiter entwickeln."

Hambrecht geht es dabei vor allem um die Schwester der "weißen" Biotechnologie, nämlich um die "grüne" Gentechnik, also um den Anbau von genmanipulierten Pflanzen. "Es handelt sich hier um ein magisches Dreieck: Grüne Gentechnik, nachwachsende Rohstoffe und weiße Biotechnologie. Wer das nicht sieht, wird die Zukunft dieser Technologie sicher nicht begünstigen."

Abwanderung ins Ausland

Im Klartext: Die Industrie sieht das deutsche Gesetz zur Gentechnik als Einschränkung. Hambrecht will genveränderte Pflanzen leichter anbauen dürfen. Nur so sei der Nachschub für die weiße Biotechnologie gesichert. Hambrechts Kritik richtet sich direkt an Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement, der darauf antwortet: "Was unsere Gesetzgebung angeht, die ist aus meiner Sicht kritikwürdig. Wir haben das ja auch kritisch diskutiert. Ich gehe also davon aus, dass wir in einem Prozess sind und in diesem Prozess auch zu Veränderungen des Gentechnikgesetzes mit Blick auf die grüne Gentechnik kommen können und aus meiner Sicht auch kommen müssen."

Bei Clement rennt die Chemische Industrie also offene Türen ein. Allerdings kann der Wirtschaftsminister nicht für die gesamte Bundesregierung und schon gar nicht für den grünen Koalitionspartner sprechen. Denn gerade bei den Grünen gibt es nach wie vor viele Gegner des Anbaus genmanipulierter Pflanzen. Die nächste Überprüfung der aktuellen Gesetzeslage steht in zwei Jahren an. Auf diesen Termin wartet die Chemische Industrie gespannt. Sollte es keine Lockerung geben, sieht Jürgen Hambrecht schon jetzt die deutsche Forschung und Entwicklung in der Biotechnologie gefährdet. Dann sei auch eine Abwanderung dieser Bereiche ins Ausland nicht mehr ausgeschlossen.