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Politik

Weiterhin Hoffnung auf Fortschritte in Afghanistan

Nasim Saber
19. Februar 2021

Kann die sich abzeichnende Verlängerung der NATO-Präsenz in Afghanistan dem Friedensprozess dienen? Im Westen hofft man es, die Taliban halten sich bedeckt.

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NATO - ISAF-Truppe in Afghanistan
Bild: picture-alliance/dpa/M. Gambarini

Mit einem vollständigen Abzug der US-Truppen und ihrer NATO-Verbündeten aus Afghanistan bis Ende April dieses Jahres ist nicht zu rechnen. Dieses Datum war im Abkommen von Doha zwischen den USA und den Taliban vor einem Jahr anvisiert worden. Nach den Beratungen der NATO-Verteidigungsminister sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, man habe keinen endgültigen Beschluss über die zukünftige Präsenz in Afghanistan gefasst. Es solle nun erst noch einmal geprüft werden, ob die Taliban die Bedingungen für den Rückzug der Nato erfüllt hätten. Dazu gehöre, dass die militant-islamistische Gruppe "in gutem Glauben" mit der Regierung in Kabul über eine friedliche Lösung des innerafghanischen Konflikts verhandele. Zudem müssten die Taliban ihrer Verpflichtung nachkommen, die Zusammenarbeit mit internationalen terroristischen Gruppen einzustellen und auch die Gewalt gegen ihre Gegner in Afghanistan reduzieren.

"Bedrohungslage wird ansteigen"

"Wir setzen auf politische Fortschritte"

Zum letztgenannten Punkte sagte die deutsche Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer im DW-Interview: "Es gibt und gab das Abkommen zwischen den USA und den Taliban, dass die internationalen Truppen das Land zum 30. April 2021 verlassen. Die Taliban haben sich im Gegenzug verpflichtet, Gewalt zu reduzieren. Das haben sie gerade mit Blick auf die afghanischen Sicherheitskräfte nicht getan. Ganz im Gegenteil, die Gewalt ist gestiegen, die Terrorakte sind gestiegen."

Dennoch "setzen (wir) darauf, dass es in den nächsten Wochen und Monaten eben auch politische Fortschritte gibt. Deswegen und dazu dient ja die Militärpräsenz am Ende in Afghanistan", sagt Kramp-Karrenbauer im DW-Interview. 

Die Taliban ihrerseits wollen weiterhin am Abkommen von Doha festhalten, was immer das konkret heißen soll. Der Sprecher des Büros der Taliban in Katar, Mohammad Naim sagte gegenüber der DW: "Ich glaube nicht, dass das Abkommen von Doha gebrochen wird, weil das keiner Seite einen Vorteil bringen würde." Das Abkommen sei eine "angemessene, vernünftige und logische Lösung für die Probleme des Landes". Der Frage, was die Taliban im Falle des Verbleibs von ausländischen Soldaten im Land tun wollen, wich der Sprecher aus, indem er lediglich die Bedeutung des Abkommens für beide Seiten und für die Lösung der vorhandenen Probleme betonte.

Infografik US-Drohnen-Angriffe in Afghanistan DE

Friedensgespräche in der Sackgasse - oder doch nicht?

Zum Doha-Abkommen gehören Friedensgespräche zwischen den Taliban und der Regierung in Kabul, beziehungsweise "zwischen den verschiedenen afghanische Interessengruppen", so die auf Wunsch der Taliban gewählte offizielle Formulierung. Homeira Saqeb gehört als Frauen -und Menschenrechtsaktivistin dem hohen Friedensrat an, der im Namen der Regierung in Kabul mit den Taliban verhandelt. Seit zwei Monaten haben keine Treffen zwischen beiden Seiten mehr stattgefunden. Dennoch sagt Saqeb: "Ich hoffe, dass die Gespräche nicht in einer Sackgasse sind, sondern es sich um eine kurze Unterbrechung handelt. Die Taliban können sich jetzt untereinander beraten und sich im März wieder an den Verhandlungstisch setzen." 

Katar Unterzeichnung Abkommen USA mit Taliban
USA und Taliban unterzeichneten Abkommen im Februar 2020 in DohaBild: AFP/G. Cacace

Die afghanische Regierung betont unterdessen ihre enge Abstimmung mit Washington. In einem Video-Statement des Sprechers von Präsident Ashraf Ghani heißt es: "Der afghanische Präsident und der US-Außenminister Antony Blinken haben in ihrem Telefongespräch über die bilateralen Beziehungen und über eine stärkere Zusammenarbeit beider Länder im afghanischen Friedensprozess gesprochen und diskutiert. Beide Seiten haben die Bedeutung der regionalen und internationalen Diplomatie für den Erfolg des Friedensprozesses betont."

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Taliban-Diplomatie

Wichtiger als eine Verständigung mit der Regierung in Kabul ist den Taliban möglicherweise die Abstimmung mit regionalen Regierungen, die im Afghanistan-Konflikt involviert sind. Neben Reisen nach Pakistan beinhaltete dies in jüngster Zeit auch Gespräche in Moskau, Teheran und Turkmenistan. Letzteres etwa hat großes Interesse daran, dass die Taliban die Sicherheit einer Gas-Pipeline nach Südasien garantieren. Ein ehemaliger Unterhändler der Taliban, Sher Mohammad Abbas Stanikzai, hatte vor einigen Wochen in Moskau erklärt: Präsident Ghani müsse für eine friedliche Lösung abtreten, da er von den Taliban als westliche Marionette betrachtet werde.

Mitarbeit: Michaela Küfner, Shakila Ebrahimkhail