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Was bleibt von den Olympischen Spielen?

8. August 2021

Tokio 2020 waren spezielle Olympische Spiele - wegen Corona und der fehlenden Zuschauer. Aber auch sportliche Höchstleistungen, emotionale Momente und einige Negativschlagzeilen bleiben in Erinnerung.

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Tokio 2020 - Skateboard
Bild: picture alliance/dpa/AP

Was waren die sportlichen Highlights?

Es gab beeindruckende Leistungen auf der schnellen Bahn im Olympiastadion von Tokio, wie die neuen Fabel-Weltrekorde über 400-Meter-Hürden des Norwegers Karsten Warholm und der US-Amerikanerin Sidney McLaughlin. Auch im Schwimmen und im Bahnradsport fielen zahlreiche Weltbestmarken. Vor allem aber bleiben einige sehr emotionale Bilder im Kopf: Lange in Erinnerung bleiben wird beispielsweise der herzzerreißende Jubel des italienischen Hochspringers Gianmarco Tamberi, nachdem sein Konkurrent und Freund Essa Mutaz Barshim aus Katar ihm vorgeschlagen hatte, sich den Olympiasieg zu teilen. Es war der olympische Moment der Spiele.

Im Olympiabecken krönte sich der neue US-Schwimm-Star Caeleb Dressel mit fünf Goldmedaillen zum "König der Athleten". Die australische Schwimmerin Emma McKeon stand mit viermal Gold und dreimal Bronze sogar siebenmal auf dem Podest. Für Gastgeber Japan war sicherlich einer der Höhepunkte, als die Judo-Geschwister Uta und Hifumi Abe innerhalb einer halben Stunde jeweils Gold gewannen.

Aus deutscher Sicht bleiben - neben vielen anderen Eindrücken - sicherlich der Olympiasieg im Tennis von Alexander Zverev, die lang ersehnten Schwimm-Medaillen durch Florian Wellbrock und Sarah Köhler, das im letzten Versuch errungene Weitsprung-Gold für Malaika Mihambo, der emotionale Silbermedaillen-Gewinner im Gehen, Jonathan Hilbert, sowie die Medaillen im letzten Wettkampf der Karriere für Ringerin Aline Rotter-Focken, Rennkanute Ronald Rauhe und Ringer Frank Stäbler in Erinnerung.

Was bleibt negativ hängen?

Leider hat in der Das-musste-nicht-sein-Kategorie auch das deutsche Olympiateam für Negativschlagzeilen gesorgt: Der Sportdirektor des Radsportverbands, Patrick Moster, musste die Spiele verlassen, nachdem er beim Zeitfahren Nikias Arndt mit den Worten angefeuert hatte: "Hol' dir die Kameltreiber!" - bezogen auf zwei afrikanische Sportler, die vor Arndt fuhren.

Verstörend war auch das Verhalten der Bundestrainerin im Modernen Fünfkampf, Kim Raisner, die ihre Athletin Annika Schleu beim Springreiten aufforderte, ihr Pferd hart mit der Reitgerte zu traktieren ("Hau mal richtig drauf!") und den Wallach Saint Boy über den Zaun hinweg in die Flanke boxte. Auch sie wurde vom Weltverband für den Rest der Wettbewerbe suspendiert.

Tokio 2020 - Olympia - Annika Schleu
"Ich war mit der Situation völlig überfordert", gab Fünfkämpferin Annika Schleu später zuBild: AFP via Getty Images

Auch Dopingfälle gab es ein paar in Tokio: Noch am Schlusstag wurde Mittelstreckenläufer Alsadik Mikhou aus Bahrain wegen Blutdopings suspendiert. Zuvor war die nigerianische Weltklasse-Sprinterin und Weitspringerin Blessing Okagbare positiv auf Wachstumshormon getestet und suspendiert worden. Einen weiteren Fall in der Leichtathletik gab es mit dem kenianischen Sprinter Mark Odhiambo, bei dem drei Tage vor seinem Start über 100 Meter die verbotene anabole Substanz Methasteron gefunden worden war.

Wer hat die meisten Medaillen gewonnen?

Erfolgreichste Nation in Tokio sind mit 39 Gold-, 41 Silber- und 33 Bronzemedaillen die USA. Auf Platz zwei folgte China (38/32/18) vor Gastgeber Japan (27/14/17). Die US-Amerikaner verdrängten die Chinesen erst am Schlusstag von der Spitzenposition.

Das deutsche Olympiateam gewann zehn Goldmedaillen. Hinzu kamen elfmal Silber und 16-mal Bronze. Insgesamt war es die schlechteste deutsche Bilanz seit der Wiedervereinigung und den Spielen von 1992 in Barcelona. Alfons Hörmann, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) befand dennoch: "Die sportliche Bilanz ist insgesamt in Ordnung." Deutschlands Sportler belegen im Tokioter Medaillenspiegel Rang neun. Am erfolgreichsten waren die Reiter mit drei Goldmedaillen, vor den Kanuten (2). Auf dem Pferderücken und mit dem Kajak oder Kanadier sammelten deutsche Athleten zusammen elf der insgesamt 37 deutschen Medaillen.

Wie politisch waren die Spiele in Tokio?

Was politische Statements von Athletenseite angeht, ging es in Tokio eher ruhig zu - ruhiger jedenfalls als man in Zeiten von #BlackLivesMatter oder der anhaltenden Benachteiligung von LGBTQ in vielen Teilen der Welt hätte erwarten können. Das IOC hatte die umstrittene Regel 50 der Olympischen Charta vor den Spielen noch leicht gelockert.

Zeichen setzten jedoch lediglich die deutsche Hockey-Kapitänin Nike Lorenz mit ihrer Regenbogen-Binde und die  US-Kugelstoßerin Raven Saunders, die ihre Arme bei der Siegerehrung kreuzte, um damit ihre Solidarität mit "unterdrückten Menschen" auszudrücken. Zudem trugen zwei chinesische Radsportlerinnen bei ihrer Siegerehrung Anstecknadeln mit dem Gesicht des früheren Staatschefs Mao Zedong.

Olympia | Tokio 2020 | Raven Saunders
Setzte ein Zeichen für alle unterdrückten Menschen: US-Kugelstoßerin Raven SaundersBild: Ina Fassbender/AFP/Getty Images

In den Fokus der Weltpolitik rückten die Spiele aber durch den Fall der belarussischen Sprinterin Kristina Timanowskaja, die sich ihren Trainer widersetzte, ihre erzwungene Rückreise in die Heimat mit Mühe und Not verhindern konnte und nun in Polen Asyl bekommt. Zwei belarussische Funktionäre wurden vom IOC suspendiert. Ob weitere Sanktionen folgen, muss sich zeigen. Auch der Nahost-Konflikt wirkte sich auf die Spiele aus, als ein algerischer Judoka nicht gegen einen Kämpfer aus Israel antreten wollte.

Welche Auswirkungen hatten die Spiele auf die Corona-Situation?

Neben den leeren Stadien belasten auch stetig steigende Corona-Zahlen in der Olympia-Stadt Tokio das Bild der Spiele. Laut Johns-Hopkins-Universität traten am 7. August, dem vorletzten Olympia-Tag, 4498 positive Fälle in der Präfektur Tokio auf. Die Zahlen waren schon vor den Spielen - nach einem zwischenzeitlichen Tiefstwert von 209 am 14. Juni - zunächst leicht, dann während der vergangenen zwei Wochen stark angestiegen. Mit den Olympischen Spielen hatte das aber nicht unbedingt direkt etwas zu tun.

Insgesamt wurden laut offiziellen Verlautbarungen im Zusammenhang mit den Spielen seit dem 1. Juli in Tokio 624.364 Corona-Tests durchgeführt. Dabei traten 430 positive Fälle auf, darunter waren 29 Athleten und 25 Journalisten. Die meisten Corona-Fälle gab es bei Helfern aus Japan - also bei den Menschen, die sich nicht wie die Athleten und Trainer in einer Art Sportlerblase aufhielten, sondern auch Kontakt zur Außenwelt hatten.

DOSB-Präsident Hörmann sah daher in den Tokio-Spielen ein "wichtiges Signal an die Weltgemeinschaft". "Olympia ist kein Superspreader-Ereignis geworden", sagte er. Ob sich das Virus aus Tokio durch die zurückreisenden Athleten und Betreuer wieder in andere Teile der Welt verteilt, muss sich im Laufe der kommenden Tage zeigen. Entsprechende Befürchtungen aus dem Vorfeld der Spiele scheinen bislang aber nicht einzutreffen.