Warum stranden Wale und Delfine?
23. September 2020Welche Wale und Delfine stranden wo?
Die häufigsten Massenstrandungen sind von Grind- und Pottwalen, Schnabelwalen und Hochsee-Delfinen bekannt. Bartenwale, zu denen bis auf den Pottwal alle Großwale zählen, stranden dagegen sehr selten.
Stranden die Säuger, können sie austrocknen, überhitzen, ersticken oder durch ihr gewaltiges Eigengewicht schwere innere Verletzungen erleiden.
Einzelne Strandungen wurden bereits an vielen Orten beobachtet, die meisten Massenstrandungen wurden in Westaustralien, Neuseeland (mit jährlich bis zu 300 gestrandeten Walen), an der Ostküste Nordamerikas und Patagonien (Chile) verzeichnet. Zuweilen gibt es aber auch an der Nordsee Massenstrandungen.
Wie orientieren sich Wale und Delfine?
Ähnlich wie Zugvögel legen auch manche Wal-Arten jedes Jahr große Entfernungen zurück. Im Winter ziehen Wale aus den kalten Nordmeeren in wärmere Gewässer nach Süden. Und Wale der südlichen Gewässer zieht es in dem Norden. Monate später treten sie dann ihre Heimreise an.
Die kleineren Zahnwale wie Delfine verfügen über ein leistungsstarkes Unterwassersonar. Sie orientieren sich auf ihren Wanderungen also, indem sie Schallwellen in Form von Klicklauten aussenden. Prallen diese Schallwellen gegen ein Objekt, kommen die reflektieren Schallwellen als Echo zurück zu den Ohren, die bei den Walen abgeschirmt vom Schädel in schaumgefüllten Kammern im Körperinneren liegen, um ein räumliches Hören zu ermöglichen. Je schneller der Schall zurückkehrt, desto näher ist die Beute, ein Hindernis oder die Küste.
Bei den großen Bartenwalen, die Hornplatten (Barten) statt Zähne im Oberkiefer haben und damit Krill, tierisches Plankton und kleine Fische aus dem Wasser filtern, ist dieses Unterwassersonar dagegen nur sehr schwach ausgebildet.
Die Echoortung funktioniert grundsätzlich sehr gut, doch vor allem bei seicht zulaufenden oder halbkreisförmigen Buchten, bei sandigen Unterwasserböschungen oder Schlickbänken funktioniert die Schallreflektion nicht zuverlässig. Denn diese Küsten oder Hindernisse werfen aus keiner Richtung ein eindeutiges Echo zurück. Das Warnsystem versagt.
Welchen Einfluss hat das Erdmagnetfeld?
Wale wie der Grindwal orientieren sich aber nicht nur durch ihr Unterwassersonar, sondern - ebenfalls wie Zugvögel - offenbar auch an den Linien des Erdmagnetfeldes, denn ihre Wanderungen verlaufen häufig parallel zu magnetischen Linien. Die leichten Schwankungen des Erdmagnetfeldes sollen wie eine Art Landkarte funktionieren.
In den Schädeln der Tiere wurden Magnetitkristalle gefunden. Durch Störungen des Erdmagnetfeldes in Küstennähe könnten die Wale irritiert werden. Senkrecht auf das Festland zulaufende Magnetfelder werden auch mit Massenstrandungen von Walen in bestimmten Küstenregionen in Verbindung gebracht.
Größere Veränderungen beim Erdmagnetfeld gibt es auch alle paar Jahre durch Sonnenstürme und Sonnenflecken aufgrund besonders starker Aktivitäten auf der Sonnenoberfläche. Gerade dann verirren sich und stranden in der Nordsee zum Beispiel Pottwale, die ebenfalls den Geomagnetismus als natürliches Navigationssystem nutzen.
Warum stranden Wale und Delfine?
Als Hauptursache für Walstrandungen gelten also Navigationsfehler der Tiere, aber nach wie vor sind nicht alle Ursachen abschließend erforscht.
Ein weiterer Grund für Massenstrandungen ist sicherlich das Sozialverhalten vieler Walarten, die in Gruppen, sogenannten Walschulen, unterwegs sind und sich von einem Leittier führen lassen. So führt ein männlicher Pottwal den Weg aus dem Nordpolarmeer zurück in wärmere Gewässer. Bei den Schwertwalen führt dagegen eine Mutter oder Großmutter die Gruppe an.
Verliert das Leittier die Orientierung, weil es verwirrt ist oder weil zum Beispiel Parasiten das Ohr des Leittieres befallen haben und es das Echo der ausgesandten Klicklaute nicht mehr hören kann, dann folgen die mitschwimmenden Tiere dem Leittier in die falsche Richtung. Sitzt das Leittier im seichten Wasser fest, bleibt der Rest der Gruppe bei ihm, auch wenn es ihr sicheres Verderben bedeutet.
Manchmal geht diese Gruppenzugehörigkeit so weit, wie etwa bei Schwertwalen an der südafrikanischen Küste beobachtet, dass bereits gerettete Wale nach einer Massenstrandung wieder zum Strand zurückkehren, wenn ein anderer gestrandeter Wal um Hilfe ruft.
Neben Navigationsfehlern können die Strandungen aber auch ganz natürliche Gründe haben: Manchmal stranden zum Beispiel kleinere Delfine, weil sie sich vor Orcas und anderen Fressfeinden in flachere Gewässer geflüchtet haben oder weil sie sich bei der Jagd auf Fischschwärme zu weit in flache Stellen vorgewagt haben.
Gelegentlich werden einzelne Tiere auch bereits tot an Land gespült, die vorher durch Schiffskollisionen, Fischernetze oder Haiangriffe verletzt oder durch Infektionen oder Parasitenbefall erkrankt waren.
Welche menschlichen Einflüsse verschärfen die Situation?
Neben natürlichen Faktoren kann auch menschengemachter Unterwasserlärm, etwa von Schiffen, Eisbrechern, Bohrinseln oder militärischen Sonargeräten, die Orientierung und Kommunikation der Meeressäuger massiv beeinträchtigen. Orientierungslos flüchten sie vor den starken Schallwellen. Und da die Dichte des Wassers viel höher ist als die von Luft, verbreitet sich Schall unter Wasser rund fünf Mal schneller als in der Luft.
Besonders drastische Auswirkungen haben die starken militärischen Sonar-Einsätze. Nach NATO-Manövern wurden zum Beispiel Schnabelwale an die Küsten von Zypern, den Kanaren und den Bahamas tot angespült. Die mehr als 200 Dezibel lauten Sonare hatten bei den Meeressäugetieren (wie bei der Taucherkrankheit) die Bildung von Gasbläschen in den Blutgefäßen und Organen ausgelöst, was die Blutversorgung verhindert und zum Tod führt.
Wie kann man gestrandeten Walen und Delfinen helfen?
Wenn eine Walstrandung entdeckt wird, bleibt meistens nicht viel Zeit. Hilfsteams können nur versuchen, die gestrandeten Tiere zu kühlen, feuchtzuhalten und die schweren Tiere mit vereinten Kräften möglichst schnell und schonend wieder zurück ins Meer zu schaffen.
Um schnell möglichst viele Helfer zu mobilisieren, wurden in einigen Ländern entsprechende Hotlines eingerichtet. Für viele erschöpfte Tiere kommen diese Sofortmaßnahmen allerdings trotzdem oftmals zu spät.