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Politik

Warum Donald Trump Landminen wieder erlaubt

Kay-Alexander Scholz
4. Februar 2020

Die Entscheidung der US-Regierung, Landminen wieder zu erlauben, kam überraschend. Was könnte dahinter stecken? Und sind die neuen Landminen - wie das Pentagon behauptet - für Zivilisten wirklich weniger gefährlich?

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Minenraäumung Irak Hoshyar Ali
Bild: Reuters/A. Rasheed

Offiziell begründete das Weiße Haus die Freigabe von Landminen für das Militär mit "Flexibilität und der Fähigkeit, die es zum Siegen braucht". Doch wer soll eigentlich besiegt werden? Die Trump-Administration passe ihre generelle Verteidigungsstrategie an, erklärt dazu Rebecca Heinrichs vom konservativen Hudson-Institut in Washington der DW. Es gehe um die Abschreckungspolitik gegenüber China und Russland und um die Fähigkeit, im Zweifel einen Konflikt mit einem der beiden Länder zu gewinnen. "In einem Krieg wären Landminen sehr nützlich", so Heinrichs. Der Besitz dieser Waffen, über die auch China und Russland verfügten, erhöhe die militärische Flexibilität.

Tausende zivile Opfer jährlich

Doch Landminen stehen international scharf in der Kritik. 1999 trat die Ottawa-Konvention in Kraft, die bislang 164 Staaten unterzeichnet haben. Der Vertrag verbietet Minen, die gegen Menschen gerichtet sind. Noch 50 Millionen dieser Anti-Personen-Minen sind laut Angaben der internationalen Hilfsorganisation "Handicap International" unter der Erdoberfläche vergraben.

Der jährliche "Landminen-Monitor" der Organisation verzeichnet für 2018 insgesamt 6897 Tote und Verletzte durch Landminen - die Größenordnung blieb in den vergangenen Jahren ähnlich hoch. Opfer sind vor allem unschuldige Zivilisten - auch noch lange nach dem Ende eines Konflikts. Es kann Schulkinder auf dem Weg zum Unterricht treffen oder Bauern, die Felder pflügen. 

Die USA sind dem Ottawa-Vertrag allerdings nicht beigetreten. Mit der Begründung, die innerkoreanische Grenze könne nur mit Landminen gesichert werden. Immerhin hatte der Ex-Präsident Barack Obama 2014 Landminen quasi verboten, ohne Ottawa beizutreten. Das hat sein Nachfolger Trump nun zurückgenommen.

Weniger Gefahr für Zivilisten durch smarte Minen?

In Deutschland - einem Unterzeichner der Ottawa-Konvention - wurde die Entscheidung Washingtons mit "Bedauern" aufgenommen und kritisiert. Denn dies sei ein Rückschlag im weltweiten Vorgehen gegen diese Waffen, sagte ein Regierungssprecher. An der deutschen Haltung werde sich nichts ändern, hieß es in Berlin.Einsatz, Herstellung, Lagerung und Weitergabe von Anti-Personen-Minen bleiben Tabu.

Sie würde dem Chor der Kritiker beitreten, erklärte Heinrichs vom Hudson-Institut. "Doch die Landminen der USA werden für Zivilisten keine realistische Gefahr mehr sein." Denn es würden nur modernisierte Landminen mit eingebauter Selbstzerstörungsfunktion zum Einsatz kommen. Einmal aktivierte Landminen sollen sich nach spätestens 30 Tagen selbst zerstören oder aus der Ferne unschädlich gemacht werden können, hieß es aus dem Pentagon. Die Fehlerrate liege bei sechs von einer Million Fällen, also bei 0,0006 Prozent.

Experten bezweifeln das aufgrund bisheriger Erfahrungen mit Selbstzerstörungs-Mechanismen. Die Fehlerquoten seien höher als die Hersteller das angeben, sagte Eva-Maria Fischer von Handicap International in Deutschland der DW. Im Einsatz seien die Bedingungen - zum Beispiel klimatisch - oft anders als unter Testbedingungen.

USA Grenzmauer zu Mexiko
Trump hat sich zum Ziel gemacht, an der Grenze zu Mexiko keine Flüchtlinge mehr ins Land zu lassen und baut deshalb eine Grenzmauer.Bild: picture-alliance/dpa/AP/G. Bull

Einsatz an der Grenze zu Mexiko?

Auch Thomas Gebauer von der Stiftung "Medico International", Mitinitiator der Ottawa-Konvention, bezweifelt die Angaben des Pentagon. Bislang habe die Fehlerquote immer im Prozentbereich gelegen. Militärisch allerdings seien Landminen trotzdem nutzbar. "Für militärische Verbände ist es möglicherweise unerheblich, ob von 100 Soldaten womöglich nur 90 durchkommen", sagte Gebauer der DW.

Minen erfüllten drei Funktionen, erläuterte Gebauer: Kontrolle und Überwachung von Gelände sowie Einschränkung der Bewegungsfreiheit von Menschen. Daraus ergebe sich ein konkreter Nutzen für Politiker, die auf Abgrenzung und Grenzsicherung setzten. "Wir befürchten, dass solche Waffen von den USA an Grenzen wie zum Beispiel zu Mexiko eingesetzt werden könnten, um Bewegungen zu kontrollieren."

Ein zweites Einsatzfeld könnten US-Stützpunkte in aller Welt sein. Immer wieder gibt es Angriffe auf einzelne Stützpunkte.

Natürlich gebe es auch wirtschaftliche Erwägungen, glaubt Gebauer. Es sei viel Geld in die Entwicklung solcher Waffensysteme geflossen. Zudem könne es sein, dass die Militärs jetzt wieder auf Landminen zurückgreifen, weil es Alternativsysteme wie Akustik-, Laser- oder Elektrowaffen bislang nicht zur Serienreife geschafft hätten.

Es könnte Nachahmer geben

Einen Domino-Effekt befürchtet Gebauer nicht unbedingt. Die USA seien schließlich nie formeller Partner im Ottawa-Prozess gewesen. In Europa sehe er keine Hinweise darauf, dass sich die Landminen-Politik ändere.

Das sieht Handicap International grundsätzlich auch so. Allerdings könnten Staaten, die Ottawa nicht ratifiziert hätten, den Schritt der USA als Rechtfertigung verwenden, warnt Eva Maria Fischer. Nach dem Motto, warum sollen wir Landminen nicht einsetzen, wenn die Supermacht USA es doch auch nicht tun?