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Metal Battle beim Wacken Open Air

Mikko Stübner-Lankuttis2. August 2016

Am Donnerstag startet in der norddeutschen Provinz das größte Hardrock-Festival der Welt. Bereits ab Mittwoch liefern sich dort 28 Newcomer-Bands einen spannenden Wettbewerb: beim Wacken Metal Battle.

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Deutschland Wacken Open Air Metal Battle. Foto: ICS Festival Service/P. Schneiderwind
Bild: ICS Festival Service/P. Schneiderwind

Metal ist eine Wissenschaft für sich. Auch wenn diese Musikrichtung noch keine 50 Jahre alt ist, so haben sich inzwischen so viele Spielarten entwickelt, dass der Laie kaum durchblickt: Wo genau verläuft jetzt eigentlich die Grenze zwischen Traditional Doom Metal und Avantgarde Metal? Wie hängen Thrash Metal und Death Metal noch mal zusammen?

Ein Crashkurs im Netz: Wer die Begriffe "Map" und "Metal" eingibt, findet zahlreiche grafische Darstellungen. Mit viel Liebe zum Detail verraten sie die historische und geografische Entwicklung vom Bluesrock der 1960er Jahre bis hin zu Dutzenden von Sub-Genres, die heute die Szene bestimmen. Doch das sind alles nur Worthülsen: Diese Musik erlebt man am Besten live – und zwar in Gesellschaft interessierter Metal-Heads in Wacken. Im dortigen Bullhead City Circus-Zelt kann man hautnah erfahren, wie Metal-Bands aus der ganzen Welt im Jahr 2016 ihre Lieblingsmusik interpretieren.

Sich "battlende" Bands

Am Mittwoch und Donnerstag (3. und 4.8.) treten Künstler aus 28 Ländern gegeneinander an. Im Szene-Jargon heißt das: Sie "battlen" sich. Für 20 Minuten Spielzeit auf dem berühmtesten Metal-Festival der Welt reisen die Musiker aus China, Argentinien, Rumänien oder Trinidad und Tobago nach Norddeutschland. Die Bands müssen sich die Gunst des Publikums und einer internationalen Fachjury erkämpfen.

Die Gewinner des letzten Jahres kommen aus Toronto. Vesperia spielen klassischen Death-Metal: Drummer Dylan Gowan treibt den Sound mit seinem schnellen Rhythmus voran, der durch die aggressiven Gitarren-Melodien von Frankie Caracci und den kehligen Gesang von Frontmann Morgan Rider ergänzt wird. Es ist ein wilder, lauter und schweißtreibender Auftritt, der das Zelt zum Mitgröhlen und Headbangen bringt – und den Kanadiern Platz 1 des Metal Battle 2015 beschert.

Bildergalerie Wacken 2015 Vesperia nehmen Preis entgegen. Foto: Foto: Silke Wünsch / DW
Vesperia nehmen 2015 den Preis entgegenBild: DW/S. Wünsch

Hinter der Bühne verwandeln sich die Musiker dann in ausgewählt höfliche und zuvorkommende Gesprächspartner - auch das ein typischer Wacken-Moment. Nach der Siegerehrung sind die vier sogar ein wenig verlegen, dass sie die internationale Konkurrenz abgehängt haben. Vesperia wissen, dass das musikalische Niveau des Wettbewerbs sehr hoch ist. Für seinen Sieg hat Frontmann Rider eine schlichte Erklärung: "Egal, welche Sprache jemand spricht oder wo er herkommt - unsere Musik kann jeder verstehen. Wir sind eben alle Metal-Fans.“

Deutschland Fans beim Metal Battle des Wacken Open Air 2015. Foto: ICS / Wacken
Wacken-Fans außer Rand und BandBild: ICS Festival Service

Musik, statt Politik

Diese Musik verbindet zweifellos – und baut Brücken. Das wird nirgendwo so deutlich wie beim Metal Battle 2015. Die Zweit- und Drittplatzierten stammen aus einer der konfliktträchtigsten Regionen der Welt: aus Israel und dem Libanon. Der Nahe Osten mag ein Pulverfass sein - doch auf der matschigen Wackener Festival-Wiese ist Politik kein großes Thema. Vielmehr werden schnell Gemeinsamkeiten deutlich, wenn die Künstler von der jeweiligen Szene ihrer Heimatländer berichten.

"Wir sind ein kleines Land: Da kommen zu den Konzerten vielleicht 200 Zuhörer in einen Club. Und bei Festivals sind es vielleicht 800 bis 1.000 Leute", berichtet Bassem Deaibess, der libanesische Frontmann von Blaakyum. Auch in Israel ist Metal eine Subkultur für eine eingeschworene Gemeinschaft, berichtet Bassist Avihai Levy von den Walkways: "Es gibt in Israel einen Haufen talentierter Musiker. Aber um nach Wacken zu kommen, mussten wir gegen viele unserer Freunde, die wir selber gut finden, antreten."

In diesem Jahr geht der Nachwuchs-Wettbewerb in die 13. Runde. Die Veranstalter des Wacken Open Air versichern glaubhaft, dass der Metal Battle für sie kein Pausenfüller für die Headliner Iron Maiden, Steel Panther oder Bullet For My Valentine ist. Ganz im Gegenteil: Festivalchef Thomas Jensen und sein Team investieren jedes Jahr viel Geld, Manpower und Bühnenzeit, um die Bands nach Deutschland zu holen und ihnen Auftritte unter Profi-Bedingungen zu ermöglichen. Zudem winkt den fünf Erstplatzierten eine Reihe von attraktiven Gewinnen. Neben vierstelligen Preisgeldern aus der festivaleigenen "Wacken Foundation" auch Bühnen-Equipment von Sponsoren, sowie jeweils ein Bandporträt der Deutsche Welle-Sendung PopXport.

Deutschland Thomas Jensen. Foto: Benjamin Ochs
Thomas Jensen, Veranstalter und Mitbegründer des Wacken Open AirBild: Benjamin Ochs

Verbindungen schweißen

Jedes Jahr knüpfen die Veranstalter neue Kontakte zu anderen Ländern, so dass der Wettbewerb musikalisch und kulturell spannend bleibt. Belgier und Skandinavier sind eigentlich immer mit dabei, und auch China und Brasilien schicken regelmäßig ihre Abordnungen nach Wacken. In diesem Jahr dürfen sich die Fans auf lokale Metal-Größen aus Südafrika, Indien und der Karibik freuen, genauso wie auf Griechen, die ihren Sound mit einem Dudelsack veredeln.

Es mag so abgedroschen klingen wie manche E-Gitarre, doch es stimmt: Dabei sein ist hier in Wacken alles. Bei diesem Wettbewerb gibt es ausschließlich Gewinner: Die Metal-Fans erleben 28 Auftritte von spannenden Künstlern, die sie sonst wahrscheinlich nie zu sehen bekommen. Die Veranstalter spinnen ihr globales Metal-Netzwerk noch engmaschiger und erhalten für ihr ehrenamtliches Engagement sehr viel Anerkennung. Und für die teilnehmenden Musiker ist die Reise nach Schleswig-Holstein vergleichbar mit einer Pilgerfahrt in das Allerheiligste der Metal-Szene.

Deutschland Wacken aus der Luft
Das Dorf Wacken - für Metal-Fans die ganze WeltBild: ICS Festival Service