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Chinesen sauer über Karikatur in dänischer Zeitung

29. Januar 2020

Das Coronavirus taucht in einer Karikatur der Zeitung Jyllands-Posten auf. Es ersetzt die fünf Sterne in der chinesischen Flagge. Nun fordert China eine Entschuldigung von Dänemark.

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Karikatur von Coronavirus auf der chinesischen Flagge
Bild: picture-alliance/Ritzau Scanpix/I. M. Odgaard

Unter Ärzten gelten Viren als "Angreifer mit Tarnkappe". Sie sind Parasiten, die sich in einen schwachen Wirt einnisten, um dessen System zu attackieren. Oder manchmal sogar hinterrücks zur Strecke zu bringen. Deshalb machen Viren Angst. Sie gelten in der Medizin als unberechenbare, perfide, oft sogar unverwundbare Feinde. Selbst ein Land wie China scheint machtlos gegen einen solchen unsichtbaren Killer.

China gegen Jyllands-Posten

Versteht das Reich der Mitte deshalb keinen Spaß, weil die dänische Tageszeitung Jyllands-Posten den Finger ausgerechnet in diese Wunde legt? Eine Karikatur, die am Montag veröffentlicht wurde, zeigt die fünf gelben Sterne der chinesischen Flagge als comichaft dargestellte Virentierchen. Die Anspielung auf das neuartige Coronavirus 2019-nCoV, das zuerst in der Stadt Wuhan aufgetreten ist und inzwischen mehr als 100 Opfer gefordert hat, werten die Chinesen als Verletzung ihrer Gefühle. Zeitung und Zeichner sollten sich dafür entschuldigen, heißt es in einer offiziellen Verlautbarung der chinesischen Botschaft in Kopenhagen.

Flagge von China
Die fünf Sterne symbolisieren fünf Teile ChinasBild: Colourbox

Die fünf Sterne der Flagge symbolisieren die Größe Chinas, die auch Teil seiner wirtschaftlichen Stärke ist: China, Mandschurei, Mongolei, Sinkiang und Tibet. Und sie repräsentieren die Bevölkerungsstruktur: Arbeiter, Bauern, Kleinbürger und "nationale Bourgeoisie".

Die Karikatur macht nicht nur die menschlichen Wirte des Virus, sondern das ganze Land zu einem Patienten. Die Ausbreitung von 2019-nCoV wirkt damit wie ein Fingerzeig auf die Verwundbarkeit einer potenziellen Supermacht.

Jyllands-Posten und die Mohammed-Karikaturen

Die dänische Zeitung Jyllands-Posten, die 2005 bereits durch die Veröffentlichung von zwölf Mohammed-Karikaturen für Aufsehen sorgte, reagiert gelassen. Chefredakteur Jacob Nybroe sagte, es sei nicht darum gegangen, sich über China lustig zu machen. Doch die Zeitung denke nicht daran, sich für etwas zu entschuldigen, von dem sie nicht glaube, dass es falsch sei. "Soweit ich es sehe, haben wir es mit zwei verschiedenen kulturellen Auffassungen zu tun", erklärte er in der Jyllands-Posten. "Wir haben eine starke Tradition der Meinungsfreiheit und der Karikaturen in Dänemark, und wir werden sie auch in Zukunft weiterhin haben." Auch sehe er nicht, dass die Karikatur dänische Gesetze verletzt habe. Cartoonist Niels Bo Bojesen hat sich schon mehrfach über die Flaggen anderer Länder lustig gemacht. Der Flagge der Türkei verpasste er ein Einschussloch und Saudi Arabiens grüner Flagge einen gleichfarbigen Dollarschein.

Soziale Medien verbreiten "Viren-Flagge"

Die "Viren-Flagge" verbreitet sich auch im Internet rasant. Sie wird in Online-Portalen geteilt und kommentiert. In sozialen Netzwerken wie Twitter polarisiert sie.

Auch deutsche Zeitungen druckten die Flagge ab, was ebenfalls zu kontroversen Reaktionen führte.

Nach der Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen in Jyllands-Posten kam es weltweit zum Boykott dänischer Waren und zu Protesten muslimischer Organisationen, bei denen mehr als 100 Menschen starben. China rangiert auf Platz sechs, was Dänemarks Export angeht und könnte so dem skandinavischen Land wirtschaftlichen Schaden zufügen.

Bislang antworteten die Chinesen mit einer Verunglimpfung der dänischen Flagge und verbreiteten im Netz Abbildungen, auf denen sie sie mit Hakenkreuzen, Damenbinden und als Sarg darstellten. Dieser User erinnert Dänemark daran, dass es nur vier Stunden gebraucht habe, um im Zweiten Weltkrieg zu kapitulieren. Bislang hat das skandinavische Land noch nicht nachgegeben in seinem neuesten Karikaturenstreit.

 

Autorin Sabine Oelze
Sabine Oelze Redakteurin und Autorin in der Kulturredaktion