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Viele Fragen, wenige Fakten

Bernd Riegert, Brüssel23. Februar 2006

Der Untersuchungsausschuss des Europäischen Parlaments hat seine Arbeit aufgenommen. Es geht unter anderem um Vorwürfe, wonach der US-Geheimdienst CIA in Europa Geheimgefängnisse unterhalten haben soll.

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CIA-Flüge: legal oder suspekt?Bild: AP

Die amerikanische Außenministerin Condoleezza Rice ließ den Sonderausschuss des Europaparlaments wissen, dass sie durchaus gewillt sei, in Brüssel zu erscheinen, falls sie eingeladen werde. Sie wolle aber nicht Stellung nehmen zu den Vorwürfen, der amerikanische Geheimdienst CIA habe Gefangene über Flughäfen in Europa zu illegalen Folter-Verhören transportiert. Sie wolle lieber über eine erfolgreiche Bekämpfung des Terrorismus diskutieren.

Von den Vertretern der 25 EU-Mitgliedsstaaten, die der Ausschuss einladen will, erhoffen sich die 46 Abgeordneten konkretere Angaben darüber, ob und wie mit dem amerikanischen Geheimdienst zusammen gearbeitet wurde und ob es sogar Verhöreinrichtungen der CIA auf EU-Territorium oder in Kandidatenstaaten wie Rumänien oder Mazedonien gab.

"Selbstbefruchtender Kreislauf"

Da der Ausschuss keinerlei juristische Werkzeuge hat, um Aussagen zu erzwingen oder Vorladungen auszusprechen, sind die Parlamentarier auf guten Willen und öffentlichen Druck angewiesen. Die deutsche Regierung hat bereits schriftlich zugesichert, sie werde voll kooperieren. Angeblich waren US-Luftwaffenstützpunkte in Deutschland Drehkreuze für Gefangenentransporte. Das wird von US-Stellen auch gar nicht bestritten. Dabei handele es sich jedoch um legale Flüge, die keineswegs dem Ziel dienten, Verdächtige in Länder zu transportieren, in denen sie gefoltert werden, so die Argumentation der US-amerikanischen Seite.

Hier fangen die Schwierigkeiten bereits an, denn die Befragung der ersten Zeugen in Brüssel zeigte, dass es in Europa und den USA durchaus unterschiedliche Auffassungen darüber gibt, was unter Folter und legalen Flügen zu verstehen ist.

Am ersten Tag der Anhörungen, die sich zwölf Monate hinziehen werden, gab es viele Fragen und wenig konkrete Angaben. Die Vertreter der Menschenrechtsorganisationen wiederholten ihre bekannten Vorwürfe und stützten sich dabei vor allem auf Presseberichte und anonyme Quellen. Die Medien wiederum berufen sich auf die Menschenrechtsorganisationen. Ein selbstbefruchtender Kreislauf, kritisierte ein polnischer Abgeordneter.

Vermutungen, keine Beweise

Ein italienischer Staatsanwalt berichtete von der angeblichen Entführung des Ägypters Abu Omar durch 22 CIA-Agenten in Italien, von denen einige mit Haftbefehl gesucht werden. Auch der Fall der mutmaßlichen Entführung des Deutschen Khaled el Masri in Mazedonien wird vom Brüsseler Ausschuss beleuchtet werden. Der Direktor der Organisation Statewatch, Tony Bunyan, warf einigen EU-Staaten vor, sie hätten ein oder zwei Augen zugedrückt, um die Aktivitäten des US-Geheimdienstes nicht zu sehen:

Der Europarat, der unabhängig von der EU über die Einhaltung der Menschenrechte wacht, ermittelt in dem Fall bereits seit einigen Monaten. Sein Berichterstatter, der ehemalige Schweizer Staatsanwalt Dick Marty, wiederholte in Brüssel lediglich seine Vermutung, die Regierungen in der EU seien eingeweiht gewesen. Allerdings legte er dem Ausschuss, dem 46 Abgeordnete aller Fraktionen angehören, keine Beweise vor.