Verfassungsschutz: Antisemitismus wächst
10. August 2020Judenfeindlichkeit findet sich in sämtlichen extremistischen Bereichen Deutschlands, ist aber besonders im rechten Spektrum anzutreffen. Aber auch bei selbsternannten "Reichsbürgern und Selbstverwaltern", im Islamismus und im geringeren Maße auch im Linksextremismus seien entsprechende Denkmuster zu finden. Das geht aus einem erstmals vorgelegten "Lagebild Antisemitismus" des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) hervor. "Antisemitismus ist schon immer eine erstaunliche Gemeinsamkeit von verschiedenen Demokratiefeinden gewesen", erklärte BfV-Präsident Thomas Haldenwang.
Das "moralisch Unsagbare" sei sagbar geworden, sagte Haldenwang weiter. Es sei "erschreckend, dass sich die antisemitischen Gewalttaten zwischen 2017 und 2019 verdoppelt haben". Knapp 85 Prozent der 73 antisemitischen Gewalttaten des vergangenen Jahres waren rechtsextremistisch motiviert. Haldenwang forderte die Sicherheitsbehörden und auch die gesamte Gesellschaft auf, Antisemitismus entschieden entgegenzutreten. Insbesondere das Internet trage zur Verbreitung antisemitischer Hetze bei.
Antisemitismus bei "Neuer Rechter"
Der Verfassungsschutz erkennt auch bei einigen Vertretern der sogenannten Neuen Rechten und des Rechtsaußen-Flügels der AfD judenfeindliche Einstellungen. Als "Neue Rechte" bezeichnet der Verfassungsschutz ein informelles Netzwerk, in dem rechtsextremistische bis rechtskonservative Kräfte verortet werden. Dazu zählt der Inlandsgeheimdienst beispielsweise das Compact-Magazin und das Institut des Verlegers Götz Kubitschek, das Verbindungen zum rechtsnationalen AfD-Flügel pflegt.
Unter Islamisten seien verschiedene Formen des Antisemitismus zu beobachten, heißt es in dem Bericht. Den höchsten Stellenwert innerhalb dieses Spektrums besitze gleichwohl der gegen den "Judenstaat Israel" gerichtete "antizionistische Antisemitismus".
sth/qu (dpa, afp, epd, kna)