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Französische Justiz darf Kriegsverbrechen im Ausland ahnden

12. Mai 2023

Das Kassationsgericht in Paris hat die "universelle Zuständigkeit" der französischen Justiz für Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit bestätigt, die im Ausland begangen wurden.

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Paris I Kassationshof
Das Kassationsgericht in ParisBild: Rico Ködder/Shotshop/picture alliance

"In bestimmten Fällen ist die französische Justiz für die Verurteilung von Verbrechen zuständig, die im Ausland von einer ausländischen Person an einem ausländischen Opfer begangen wurden", erklärte das Gericht in Paris. Dies gelte für Straftaten wie Folter, Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, hieß es in der Entscheidung. Bei den letztgenannten beiden Verbrechen müsse allerdings sichergestellt sein, dass diese auch im Heimatland der Verdächtigen unter Strafe stehen.

Hintergrund der Entscheidung war der Fall von zwei Syrern, die in Frankreich wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt sind. Sie weisen die Vorwürfe zurück und wehrten sich gegen die Anklage-Erhebung. Dabei wiesen sie unter anderem darauf hin, dass die ihnen vorgeworfenen Verbrechen im Rechtssystem Syriens nicht existieren.

Klarstellung zur Begrifflichkeit 

Das Kassationsgericht stellte dazu nun klar, es sei nicht nötig, dass das verhandelte Verbrechen im Rechtssystem der Länder "identisch bewertet" sei. Es reiche aus, dass die betreffende Tat im allgemeinen Recht des anderen Staates strafbar sei, etwa als "Mord, Vergewaltigung oder Folter". Damit machte das Gericht den Weg für ein Verfahren gegen die beiden Angeklagten frei.

Die beiden Syrer, der ehemalige Soldat Abdulhamid Chaban und der frühere Sprecher einer Rebellengruppe, Majdi Nema, waren festgenommen worden, als sie sich in Frankreich aufhielten. Derzeit laufen in Frankreich etwa 160 solcher Verfahren, die unter anderem Syrien, Russland und die Ukraine betreffen.

Juristische Verfolgung auch in anderen EU-Ländern 

Im April hatten andere französische Richter angeordnet, drei hochrangige syrische Regimevertreter wegen Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Zusammenhang mit dem Tod zweier französisch-syrischer Staatsangehöriger vor Gericht zu stellen. Dabei stützten sie sich aber auf ein eigenes Gesetz, das nichts mit der universellen Gerichtsbarkeit zu tun hat.

Andere europäische Länder haben sich jedoch auf diesen Grundsatz berufen, um mutmaßliche syrische Kriegsverbrecher anzuklagen und zu verurteilen. In Deutschland wurde im vergangenen Jahr im weltweit ersten Prozess wegen staatlich geförderter Folter in syrischen Gefängnissen ein ehemaliger syrischer Oberst wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.     Auch in Österreich und Schweden wurden Syrer für Verbrechen während des Bürgerkriegs verurteilt.

kle/uh (afpd, afpe, https://www.courdecassation.fr)