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Politik

Unterhaus macht May Strich durch die Rechnung

18. März 2019

Die britische Regierung kann das Parlament nicht ein weiteres Mal über den unveränderten Brexit-Vertrag abstimmen lassen, so Unterhauspräsident John Bercow. Damit bringt er Premierministerin May in die Bredouille.

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Großbritannien Debatte zum Brexit im Unterhaus in London | John Bercow, Speaker
Bild: picture-alliance/empics/House of Commons

Der britische Parlamentspräsident John Bercow (Archivbild) schließt eine dritte Abstimmung über den Brexit-Deal aus, sollte es keine Änderungen an der Beschlussvorlage geben. Bercow verwies im Unterhaus auf eine Regel aus dem frühen 17. Jahrhundert, wonach dieselbe und damit wortgleiche Vorlage nicht beliebig oft zur Abstimmung gestellt werden kann. Wenn es sich um "einen neuen Vorschlag" handele, sei "alles in Ordnung", so Bercow. Er beantwortete damit Verfahrensfragen von Abgeordneten.

Mit seiner Aussage macht Bercow der Regierung einen Strich durch die Brexit-Pläne. Ursprünglich hatte Premierministerin Theresa May angekündigt, ihr mit Brüssel ausgehandeltes Abkommen bis Mittwoch erneut den Abgeordneten vorzulegen. Allerdings zeichnet sich bisher keine Mehrheit für den Vertrag im völlig zerstrittenen Unterhaus ab. Die Regierung hatte zuletzt noch versucht, in langen Gesprächen mit der nordirischen DUP den Widerstand zu überwinden.

Weiterhin der Knackpunkt: der Backstop

Die Unterstützung der Partei, auf deren Stimmen Mays Minderheitsregierung angewiesen ist, gilt als Schlüssel für den Erfolg des Deals. Sollte die DUP ihre Haltung ändern - so war die Hoffnung - könnten auch etliche Gegner aus Mays Konservativer Partei einknicken.

Theresa May (Foto: picture-alliance)
Muss weiter an ihrem Deal mit der EU arbeiten: Premierministerin Theresa May (Mitte)Bild: picture-alliance/AP/M. Duffy

Knackpunkt des Brexit-Streits ist der sogenannte Backstop. Dabei handelt es sich um eine in dem Austrittsabkommen festgeschriebene Garantie für eine offene Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland. Die Regelung sieht vor, dass Großbritannien in einer Zollunion mit der EU bleibt, bis eine bessere Lösung gefunden ist. Brexit-Hardliner befürchten, dies könnte das Land dauerhaft an die Europäische Union fesseln und eine eigenständige Handelspolitik unterbinden. Sie hatten daher eine Befristung oder ein einseitiges Kündigungsrecht für den Backstop gefordert.

Austrittsdatum nicht mehr zu halten

Eigentlich wollte Großbritannien am 29. März aus der EU austreten. Der Termin ist aber im Prinzip nicht mehr zu halten. Falls es doch noch eine dritte Abstimmung geben sollte, wird unabhängig vom Ergebnis mit einem Antrag auf Verschiebung des Austrittsdatums gerechnet.

Bundesaußenminister Heiko Maas zeigte sich für eine "Ehrenrunde" offen, um einen ungeregelten Brexit und seine vielen Nachteile zu vermeiden. Der SPD-Politiker forderte in Brüssel aber Klarheit von Großbritannien: "Wie lange? Was soll der Grund sein? Wie soll das ablaufen? Was ist eigentlich das Ziel der Verlängerung? Darüber wird man jetzt sprechen."

Der belgische Außenminister Didier Reynders meinte ebenfalls: "Wir sind nicht gegen eine Verlängerung, aber wir wollen wissen, welche Absichten London damit verfolgt." Der Vorsitzende des EU-Ausschusses im Bundestag, Gunther Krichbaum, äußerte sich kritisch. "Es mangelt der britischen Politik an Konzeptionen", so der CDU-Politiker in der ARD. "Wenn ich mit 200 Kilometern pro Stunde auf einen Abgrund zurase, dann ist es vielleicht nicht die richtige Strategie zu sagen: Ich brauche mehr Zeit."

Scholz: parteiübergreifende Lösungen finden

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte in Berlin, er verstehe oft nicht recht, was in Großbritannien vor sich gehe. In der jetzigen Lage würde man in Deutschland oder auch anderen Ländern versuchen, sich über Parteigrenzen hinweg zu einigen. "Das wäre auch für das Vereinigte Königreich nicht die schlechteste Idee". 

In Großbritannien setzt Oppositionsführer Jeremy Corbyn jedoch auf eine Neuwahl. Für den Fall einer erneuten Niederlage hatte der Labour-Chef May mit einem neuen Misstrauensantrag gedroht.

jmw/jj (dpa, rtr, afp)