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Ukraine: Westerwelle setzt auf Dialog

16. Dezember 2013

Soll die Ukraine näher an die Europäische Union heranrücken? Russland und die EU sind da weiter gegensätzlicher Ansicht. Bundesaußenminister Westerwelle möchte den Gesprächsfaden mit Moskau nicht abreißen lassen.

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Guido Westerwelle (Foto: afp)
Bild: AFP/Getty Images

Außenministertreffen: Streit um die Ukraine

Trotz der Differenzen mit Moskau über die Ukraine muss die Europäische Union nach Ansicht von Bundesaußenministers Guido Westerwelle am Dialog mit Russland festhalten. "Es ist wichtig, dass wir diesen Austausch weiter pflegen", sagte er in Brüssel nach einem Gespräch der EU-Minister mit ihrem russischen Kollegen Sergej Lawrow. "Auch wenn wir in verschiedenen Bereichen Meinungsunterschiede mit Russland haben, wäre es ein Fehler, den Gesprächsfaden auszudünnen", betonte der Minister an seinem letzten Arbeitstag. Russland bleibe ein wichtiger Partner.

Die EU-Außenminister warfen Russland unerlaubten Druck auf die Ukraine vor. "Natürlich ist das eine Belastung der Beziehungen zwischen der EU und Russland", sagte der britische Ressortchef William Hague. Auch andere Teilnehmer des Ministertreffens sahen das Verhältnis zu Moskau getrübt. Der russische Außenminister Sergej Lawrow zeigte sich nach dem Treffen wortkarg, sagte aber: "Es war unser gemeinsames Verständnis, dass jeder die Souveränität jedes anderen Landes einschließlich der Ukraine respektieren sollte." Hinter den Kulissen ging es wohl nicht so harmonisch zu. EU-Diplomaten signalisierten, dass weder Lawrow noch die EU-Minister mit wechselseitiger Kritik gespart hätten.

Außenministertreffen: Streit um die Ukraine

Abkommen in Moskau erwartet

Drei Wochen nach ihrem Verzicht auf ein Partnerschaftsabkommen mit der EU scheint sich die Regierung der krisengeschüttelten Ukraine verstärkt Russland zuzuwenden. Ungeachtet der prowestlichen Proteste in Kiew wollen Kremlchef Wladimir Putin und der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch an diesem Dienstag in Moskau eine engere Zusammenarbeit auf den Weg bringen. Ein dickes Paket an Dokumenten liege für die Konsultationen bereit, teilte der Kreml mit. Geplant seien Projekte in der Energie- und in der Agrarwirtschaft sowie im Verkehr und in der Raumfahrt.

Janukowitsch hofft nach seiner Abkehr von der EU dringend auf Finanzhilfen sowie Rabatte für russische Gaslieferungen, um die Ex-Sowjetrepublik vor dem Bankrott zu retten. Die Ukraine muss 2014 eine Finanzierungslücke von 17 Milliarden Dollar decken. Das entspricht etwa den gesamten Devisenreserven des Landes.

Zur geplanten engeren Zusammenarbeit zwischen Kiew und Moskau sagte Westerwelle: "Es ist klug und richtig, dass die EU deutlich macht, dass die Tür nach Europa für die Ukraine offen bleibt. Und ich glaube nicht, dass die letzte Messe da schon gelesen ist." Die EU wolle die "Ukraine weiter an Bord, wir wollen das Abkommen unterzeichnen."

"Breite Propagandakampagne"

Der schwedische Außenminister Carl Bildt warf Moskau vor, mit wirtschaftlichem und politischem Druck die Ukraine von dem Abkommen mit der EU abgehalten zu haben. "Das hat Auswirkungen auf unsere Beziehungen, denn wir haben erlebt, dass Russland eine ziemlich breite Propagandakampagne auf der Grundlage von Fehlinformationen und manchmal blanken Lügen gegen das Assoziierungsabkommen begonnen hat."

Auch am Montag harrten viele Demonstranten auf dem Maidan in Kiew aus (Foto: DW/ Alexander Sawizki)
Auch am Montag harrten viele Demonstranten auf dem Maidan in Kiew ausBild: DW/A. Sawizki

Janukowitsch hatte im November die Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens mit der EU überraschend verweigert. Damit handelte er sich Massenproteste ein, die inzwischen in der Forderung nach seinem Rücktritt gipfeln. Den Ruf Russlands, sich einer Zollunion anzuschließen, folgte Janukowitsch aber auch nicht, offenbar um sich alle Optionen offen zu halten.

Risse in Regierungspartei

Unter dem Druck der Oppositionsproteste zeigen sich derweil deutliche Risse innerhalb der Regierungspartei. Fraktionsmitglieder der Partei der Regionen forderten Regierungschef Mykola Asarow zu einer umfassenden Kabinettsumbildung auf. 90 Prozent der Regierung müssten ausgetauscht werden, sagte die Abgeordnete Anna German nach einem Fraktionstreffen. "Es werden sicher Konsequenzen gezogen", so German.

In ihrem politischen Engagement gegen Janukowitsch setzen dessen Gegner inzwischen auch auf Humor: Ein subversives Protestlied auf der Internet-Plattform YouTube wurde bis zum Montag mehr als 500.000 Mal angeklickt und macht sich über den ungeliebten Staatschef und seinen pro-russischen Kurs lustig. "Vitia, ciao!" heißt der mit einer Verniedlichungsform von Viktor betitelte Song, der sich an das italienische linke Kampflied "Bella ciao" anlehnt. Bei den Massenprotesten zehntausender Demonstranten in Kiew wurde das Video am Sonntag mehrfach vorgespielt und mit viel Schadenfreude bejubelt.

Christian F. Trippe zum Außenministertreffen

kle/gmf (dpa, afp, rtr)