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Konflikte

Ukraine aktuell: Scholz verspricht dauerhafte Hilfe

24. Oktober 2023

Deutschland will die Hilfe für die Ukraine aufrechterhalten, auch wenn Berlin Israel im Konflikt mit der Hamas unterstützt. Russland hat laut Medien mit der Rekrutierung von Frauen begonnen. Ein Überblick

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Deutsch-ukrainisches Wirtschaftsforum in Berlin | Olaf Scholz
Bundeskanzler Olaf Scholz: Die Ukraine kann sich auf Deutschland verlassen - auch beim Wiederaufbau Bild: John MacDougall/AFP/Getty Images

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Scholz und Selenskyj werben um Investitionen
  • Russland wirbt offenbar Frauen als Soldatinnen an 
  • Einsatz von Häftlingen an vorderster Front
  • Erbitterter Kampf um Awdijiwka geht weiter
  • Naftogaz-Chef fordert Import-Stopp von russischem Gas in der EU

 

 "Wir stehen der Ukraine wirtschaftlich, finanziell, mit humanitärer Hilfe und auch mit Waffen zur Seite", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz beim deutsch-ukrainischen Wirtschaftsforum in Berlin. "Diese Unterstützung wird in keiner Weise dadurch beeinträchtigt, dass wir natürlich seit den schrecklichen Morgenstunden des 7. Oktober mit größter Anteilnahme und Sorge auf Israel und den Nahen Osten schauen", sagte er.

Zusammen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj warb Scholz um Investitionen in die ukrainische Wirtschaft. Gesucht werde vor allem die Zusammenarbeit mit deutschen Firmen in den Bereichen Verteidigung und Energie, sagte Selenskyj, der per Video zugeschaltet war. "Wer jetzt schon investiert, wird nach dem Krieg eine gute Rendite erzielen", warb er. Kanzler Scholz betonte, dass er sich in der EU dafür einsetzen werde, dass die Ukraine bis Ende des Jahres eine dauerhafte Finanzierungszusage für die nächsten Jahre erhalte.

Bei der Konferenz wurde auch der riesige Finanzbedarf des Landes offensichtlich, das am Tropf internationaler Geber hängt. Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal, der persönlich in Berlin dabei war, forderte von der EU-Kommission für kommendes Jahr 18 Milliarden Euro Budgethilfe wie in diesem Jahr. Im kommenden Jahr liege der Budget-Bedarf an internationalen Finanzhilfen insgesamt sogar bei 42 Milliarden Euro, sagte der Ministerpräsident. Das kriegsgebeutelte Land finanziere mit eigenen Einnahmen vor allem die sehr hohen Militärausgaben. Man wolle die Häfen besser schützen, damit die Ukraine wieder Einnahmen aus Getreideexporten erziele.

Deutsch-ukrainisches Wirtschaftsforum in Berlin | Denys Shmyhal und Olaf Scholz
Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal (2.v.r.) nahm persönlich an der Wirtschaftskonferenz in Berlin teil Bild: John MacDougall/AFP/Getty Images

Wirtschaft betont Potenzial 

Die deutschen Wirtschaftsvertreter betonten ebenfalls das Potenzial des Landes. "Ungeachtet des Krieges wurden bereits ein Dutzend Investitionsprojekte begonnen. Deutsche Unternehmen bewerben sich aktuell mit 30 weiteren Projektvorhaben um Investitionsgarantien des Bundes", sagte der stellvertretende Ost-Ausschuss-Vorsitzende Christian Bruch. "Der Wiederaufbau ist angelaufen und deutsche Unternehmen engagieren sich." Vor allem in den westlichen und mittleren Landesteilen sei das Kriegsrisiko beherrschbar.

Russland wirbt Frauen als Soldatinnen an

Wie das unabhängige russische Internetportal "Istories" berichtet, hat das Verteidigungsministerium in Moskau damit begonnen, Frauen für seine Söldnereinheit "Redut" zu rekrutieren. Angeworben würden unter anderem Scharfschützinnen und Bedienerinnen von Drohnen. Den Soldatinnen wird laut "Istories" ein Halbjahresvertrag mit einem Monatsgehalt von umgerechnet etwa 2200 Euro angeboten. Bei einer Verletzung soll es 30.000 Euro Prämie geben, im Todesfall würden den Hinterbliebenen rund 50.000 Euro ausgezahlt, heißt es.

Eine Soldatin bei einem militärischen Training in der Region Krasnodar
Bereits vor der Invasion in der Ukraine konnten weibliche Angehörige des russischen Militärs zusätzliche Einsatztrainings absolvieren (Archivbild)Bild: Gavriil Grigorov/TASS/dpa/picture alliance

Entsprechende Anzeigen tauchten dem Medienportal zufolge im russischen Netzwerk "Wkontakte" auf. Im Gespräch mit einer Rekrutiererin will "Istories" erfahren haben, dass vor allem Frauen gesucht werden, die bereits Erfahrung im Umgang mit Waffen haben. Anfängerinnen würden innerhalb eines Monats an der Waffe ausgebildet.

Aus Fronteinheiten wurden "Strafbataillone"

Nach Einschätzung des britischen Verteidigungsministeriums hat Russland seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine rund 150.000 Gefallene oder Schwerverwundete zu beklagen. Wegen der unerwartet hohen Ausfälle in seiner Armee hat Russlands Präsident Wladimir Putin im vergangenen Herbst die Mobilmachung von offiziell 300.000 Reservisten verkündet. Experten gehen davon aus, dass der Kreml angesichts der im Frühjahr 2024 geplanten Präsidentenwahl eine weitere Mobilmachung bis dahin vermeiden will und daher verstärkt Freiwillige anwirbt.

Bei den direkten Angriffen gegen ukrainische Stellungen werden britischen Informationen zufolge inzwischen hauptsächlich ehemalige Gefangene und in Ungnade gefallene Soldaten eingesetzt. Die "Sturm-Z" genannten Einheiten seien vermutlich zunächst als relativ elitäre Gruppen geplant gewesen, die die taktische Initiative ergreifen könnten, teilte das Verteidigungsministerium in London unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse mit. Spätestens seit dem Frühjahr 2023 seien aus dem "Sturm-Z" jedoch de facto Strafbataillone geworden, die mit Sträflingen sowie regulären Soldaten, die Disziplinarverstöße begangen haben, besetzt seien.

Angespannte Versorgungslage in der Kleinstadt Awdijiwka

Die russischen Streitkräfte verstärken unterdessen nach ukrainischen Angaben ihre Angriffe auf zwei Frontabschnitte im Osten des Landes. Der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte erklärte, seine Truppen hätten erneut russischen Angriffe auf die Kleinstadt Awdijiwka zurückgeschlagen. Das Stadtzentrum und die einzige Versorgungsroute nach Awdijiwka stünden rund um die Uhr unter Beschuss, sagte der Leiter der Militärverwaltung der Stadt, Witali Barabsch, dem US-finanzierten Sender Radio Liberty. Er sprach im Interview von einer "sehr schwierigen Versorgungslage".

Über einem von russischen Raketen getroffenen Wohnhaus in Awdijiwka steigt Rauch auf
Ein von russischen Raketen getroffenes Wohnhaus in Awdijiwka (Archivbild)Bild: Павло Кириленко / Донецька ОДА (ОВА)/Telegram

Um Awdijiwka wird seit Monaten gekämpft. In den vergangenen Wochen hat das russische Militär den Druck in der Gegend noch einmal deutlich erhöht. Mit einer Offensive versucht Moskau, die dort stationierten ukrainischen Truppen einzuschließen. Bislang ist das aber nicht gelungen.

Selenskyj will Aufmerksamkeit der Weltgemeinschaft halten 

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyjhat derweil angekündigt, weiter mit internationalen Konferenzen für die Unterstützung seines Landes werben zu wollen. "Die Aufmerksamkeit der Welt für die Ukraine, für den Schutz der Freiheit und des Völkerrechts muss gewahrt bleiben", sagte er in seiner täglichen Videoansprache.

Bereits an diesem Dienstag werde ein parlamentarischer Gipfel der "Krim-Plattform" stattfinden, kündigte Selenskyj an. Die "Krim-Plattform", eine diplomatische Initiative Kiews", soll international Aufmerksamkeit für Missstände auf der seit 2014 von Russland annektierten Halbinsel erzeugen.

Naftogaz-Chef fordert Import-Stopp von russischem Gas in der EU

Der Chef des staatlichen ukrainischen Energiekonzerns Naftogaz, Oleksij Tschernyschow, hat die EU aufgefordert, den Import russischen Gases durch ukrainische Pipelines zu beenden. Der Vertrag, der es Russland momentan noch erlaube, Erdgas durch die Ukraine zu leiten, werde nächstes Jahr auslaufen, erklärte Tschernyschow im Interview mit der Deutschen Welle. Sein Land sei nicht in der Lage, ihn zu verlängern. Das Thema müsse deshalb baldmöglichst von der EU auf die Agenda gesetzt werden. 

Russisches Pipeline-Gas fließt weiterhin über die Ukraine in eine Handvoll EU-Länder, von denen Österreich und Italien die größten Abnehmer sind. Eine Alternative zu finden, hält Tschernyschow auch für ein moralische Verpflichtung. Es sei „irrwitzig“, Russland mitten im Krieg durch den Kauf von russischem Gas zu unterstützen. „Je eher wir auf russisches Gas verzichten, desto besser“, so Tschernyschow gegenüber der DW.

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen. 

uh/sti/djo/jj (afp, dpa, rtr)