Minderheiten in der Minderheit
13. Dezember 2019Noch nie hatte die demokratische Partei so viele verschiedene Kandidaten, die sich um den Posten des Präsidentschaftskandidaten bewarben, wie in diesem Wahlkampf. Unter ihnen waren drei Afroamerikaner, ein Latino, ein Kandidat mit taiwanesischen Wurzeln und eine Kandidatin, die in Amerikanisch-Samoa geboren wurde und praktizierende Hindu ist.
Aber bei der kommenden TV-Debatte am 19. Dezember in Los Angeles werden fast ausschließlich weiße Kandidaten auf der Bühne stehen. Im Gegensatz zu den bisherigen Debatten, bei denen sich immer mindestens 10 Kandidaten gegenüber standen, treten bei der letzten Debatte des Jahres nur sieben Kandidaten an: Joe Biden, Elizabeth Warren, Bernie Sanders, Pete Buttigieg, Amy Klobuchar, Tom Steyer - und Andrew Yang, der als Sohn taiwanesischer Einwanderer die Ausnahme bildet. Kamala Harris, die sich als einzige Afroamerikanerin qualifiziert hatte, verkündete Anfang Dezember das Ende ihrer Kandidatur.
Die Teilnahme an einer der landesweit ausgestrahlten TV-Debatten bedeutet viel Aufmerksamkeit und - gerade für weniger bekannte Kandidaten wichtig - die Möglichkeit, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Teilnehmen darf aber nicht jeder Bewerber. Wer dabei sein möchte, muss bestimmte Kriterien erfüllen, die strenger werden, je näher die Wahl im kommenden Jahr rückt.
Für die Debatte am 19. Dezember mussten die Teilnehmer mindestens 200.000 individuelle Spender vorweisen können, die ihrer Kampagne Geld gestiftet hatten. Und sie mussten in mindestens vier vom Democratic National Committee (DNC) abgesegneten Umfragen vier Prozent der Stimmen erhalten – oder sechs Prozent der Stimmen in zwei Umfragen in Bundesstaaten wie Iowa und New Hampshire, die nächstes Jahr als erstes ihre Vorwahlen abhalten.
Niedriger Wiedererkennungswert, zu wenig Charisma
Warum ist das nur einem Kandidaten gelungen, der nicht weiß ist? Zum einen ist das Feld der demokratischen Kandidaten immer noch relativ groß - und Bewerber wie Bernie Sanders sind einfach bekannter. "Der landesweite Wiedererkennungswert spielt eine große Rolle", sagte Robert Shapiro, Politikprofessor an der renommierten Columbia University, im Gespräch mit der DW. "Bernie Sanders hat noch Unterstützer von seiner letzten Kampagne 2016, Joe Biden war Vizepräsident unter einem bei Demokraten sehr beliebten Präsidenten." Weitere mögliche Gründe: Minderheiten würden nicht automatisch für einen Kandidaten aus "ihrer" Bevölkerungsgruppe stimmen. Und: "Vielleicht sind diese Kandidaten einfach schwach." Weder Booker noch Harris hätten das Charisma von Barack Obama, sagt Shapiro.
Tulsi Gabbard scheiterte nur knapp an den Umfrage-Kriterien, genügend Spender hatte sie. Gabbard hatte aber schon am Montag verkündet, dass sie so oder so nicht an der Dezember-Debatte teilnehmen werde. Die Kongressabgeordnete aus Hawaii sagte auf Twitter, dass sie diese "wertvolle Zeit" stattdessen mit Wählern aus New Hampshire und South Carolina verbringen werde. Gabbard hat die Kriterien, die ihr schon bei einer früheren Debatte die Teilnahme verwehrt hatten, wiederholt kritisiert. Die Methoden des DNC seien willkürlich und "nicht transparent oder demokratisch."
Politikwissenschaftler Shapiro findet das Verhalten der Abgeordneten albern. "Sie ist verärgert, weil sie nicht genug Redezeit und Aufmerksamkeit [bei den Debatten] bekommt", sagt er. "Wenn sie Zeit mit den Menschen in New Hampshire und South Carolina verbringen will, könnte sie das ja zusätzlich tun."
Andrew Yang qualifizierte sich auf den letzten Drücker. Der Unternehmer brauchte noch eine Umfrage, in der er mindestens vier Prozent der Stimmen bekam. Am Dienstag wurde dann eine vom DNC akzeptierte Umfrage veröffentlicht, in der Yang genau die benötigen vier Prozent erreichte. Michael Bloomberg, der ehemalige Bürgermeister von New York, erhielt fünf Prozent der Stimmen. Da er seinen Wahlkampf aktuell selbst finanziert und keine Spenden sammelt, qualifizierte er sich aber nicht für die Debatte am 19. Dezember. Yang ist begeistert und bedankte sich auf Twitter bei seinen Unterstützern, die "Yang Gang" genannt werden: "Los Angeles, wir kommen! Danke, Yang Gang, ohne euch hätte ich es nicht geschafft."
Eine andere Art von Vielfalt
Yang wird zwar der einzige nicht-weiße Kandidat auf der Bühne in Los Angeles sein. Aber das Teilnehmerfeld der kommenden Demokraten-Debatte reflektiert das in den USA so wichtige Schlüsselwort "diversity" auf andere Art und Weise. Von den sechs Kandidaten sind zwei Frauen. Und mit Pete Buttigieg hat es zum ersten Mal ein offen homosexueller Kandidat in die Präsidentschaftsdebatten geschafft. "Das ist ein Zeichen der Vielfalt innerhalb der Demokratischen Partei", sagt Shapiro.
Trotzdem: Die Sorge, dass die Probleme der nicht-weißen US-Amerikaner jetzt bei der Debatte ungehört bleiben, ist groß. "Wenn Themen, die Afroamerikanern wichtig sind, zur Sprache gebracht wurden, kam das hauptsächlich von den schwarzen Kandidaten auf der Bühne", sagte Avis Jones-DeWeever, Gründerin des Exceptional Leadership Institute for Women, auf der Nachrichtenwebsite Newsweek. "Jetzt, wo weder Kamala Harris noch Cory Booker dabei sein werden, erwarte ich nicht, dass diese Themen angesprochen werden. Das ist sehr unglücklich."