Es gibt zwei Trends in der deutschen Bestattungskultur: die Zunahme anonymer und halbanonymer Bestattungen und eine starke Individualisierung, so Jutta von Zitzewitz, Kulturbeauftragte der Stiftung Deutsche Bestattungskultur im Gespräch mit der Deutschen Welle. Das Verhältnis der Feuerbestattung zur Erdbestattung betrage deutschlandweit mittlerweile 70 zu 30.
Der Friedhof sei als zentrales Kulturgut und öffentlicher Ort der Trauer nach wie vor sehr wichtig, allerdings müsse er "neu gedacht" werden und viel stärker als bisher die individuellen Wünsche der Trauernden ins Zentrum stellen, um kein "Auslaufmodell" zu werden.
Immer weniger Bundesbürger möchten in einer klassischen Grabstätte beigesetzt werden, ergab auch eine Umfrage 2019 im Auftrag von Aeternitas, der Verbraucherinitiative Bestattungskultur. Zunehmend beliebter werden Angebote, die keine Grabpflege erfordern. "Genau da liegt die Chance der Friedhöfe", so der Aeternitas-Vorsitzende Christoph Keldenich.
"Der Friedhof ist so wichtig wie Oper und Museum"
Bislang ist es aber offenbar nicht so leicht, diese Chance auch zu nutzen. Es gebe zwar einige Modellfriedhöfe, zum Beispiel Europas größten Friedhof in Hamburg-Ohlsdorf, die jetzt schon auf die Bestattungswünsche und Bedürfnisse der Hinterbliebenen eingehen und alle modernen Bestattungsvarianten anbieten, so von Zitzewitz. Zum allergrößten Teil aber seien Friedhöfe mit ihren vielen Vorschriften unflexibel und ihre Angebote "altbacken", bedauert die Kulturbeauftragte. "Der Friedhof ist so wichtig wie Oper und Museum und sollte langfristig auch so finanziert werden", meint von Zitzewitz, die sich dringend größere Aufmerksamkeit seitens der Politik für dieses Thema wünscht.
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Die schönsten Friedhöfe Berlins
Dorotheenstädtischer Friedhof
Friedhöfe zu besichtigen, klingt befremdlich, aber sie sind oft parkähnlich gestaltet und beeindrucken durch prachtvolle Grabmale. Viele sind historisch von Bedeutung, wie der Dorotheenstädtische Friedhof in Berlin-Mitte. Hier liegen viele Prominente begraben, so auch der preußische Architekt Karl Friedrich Schinkel (vorne im Bild). Dahinter ist das Mausoleum der Familie Hitzig zu sehen.
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Die schönsten Friedhöfe Berlins
Invalidenfriedhof
Der Invalidenfriedhof ist einer der ältesten Friedhöfe Berlins und diente als letzte Ruhestätte hoher Militärs der Befreiungskriege 1813/15 gegen Napoleon. Ab 1961 lag er im Todesstreifen der Berliner Mauer, wodurch ein Großteil der Gräber zerstört wurde. Inzwischen wurden einige Friedhofsalleen wieder aufgepflanzt und bedeutende Gräber restauriert. Zu sehen sind heute noch etwa 200 Grabstätten.
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Die schönsten Friedhöfe Berlins
Alter St.-Matthäus-Kirchhof
Auf dem denkmalgeschützten Alten St.-Matthäus-Kirchhof in Schöneberg bezeugen Wandgräber und Mausoleen Berlins glanzvolle Geschichte der Gründerzeit. Bedeutende Künstler, Wissenschaftler und Unternehmer liegen hier begraben. Auch die Familie der berühmten Geschichtenerzähler Grimm (Bild).
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Die schönsten Friedhöfe Berlins
Waldfriedhof Zehlendorf
Der Waldfriedhof Zehlendorf ist neueren Datums. Er wurde erst 1945 in einem Kiefernwald angelegt und ist bekannt als Prominentenfriedhof. Hier befinden sich die Gräber des ehemaligen Bundeskanzlers Willy Brandt (Bild), des Architekten Hans Scharoun und der Schauspielerin Hildegard Knef. Ein Ehrenfriedhof erinnert an italienische Soldaten, die im Zweiten Weltkrieg in Berlin gefallen sind.
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Die schönsten Friedhöfe Berlins
Städtischer Friedhof Stubenrauchstraße
Auf dem parkähnlichen Friedhof an der Stubenrauchstraße sind viele Künstler begraben. So auch Schauspielerin Marlene Dietrich. Darüber hinaus sind viele Grabmale von Künstlern gestaltet worden. So zum Beispiel errichtete der Berliner Bildhauer Georg Kolbe 1925 dieses Grabdenkmal mit einer Bronzeplastik für den Komponisten Ferruccio Busoni.
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Die schönsten Friedhöfe Berlins
Friedhof Schönhauser Allee
Der Jüdische Friedhof Schönhauser Allee wurde 1827 angelegt. Insgesamt wurden hier etwa 22.800 Menschen bestattet, darunter auch bedeutende Persönlichkeiten wie der Maler Max Liebermann. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Feierhalle und die Leichenhalle nahe dem Eingang zerstört. Heute befindet sich an dieser Stelle eine Gedenkstätte für die Opfer des NS-Regimes.
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Die schönsten Friedhöfe Berlins
Jüdischer Friedhof Weißensee
Der Jüdische Friedhof Weißensee wurde 1880 als Erweiterung für den Friedhof an der Schönhauser Allee angelegt. Mit über 115.000 Grabstellen ist er Europas flächengrößter jüdischer Friedhof. Ein Gebäudeensemble am Haupteingang im Stil der italienischen Neorenaissance empfängt die Besucher. Auch hier erinnert ein Gedenkstein an den Holocaust.
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Die schönsten Friedhöfe Berlins
Friedhof Wannsee - Lindenstraße
Der Friedhof Wannsee ist für alle Religionen offen. Ein Symbol an der Friedhofsmauer weist darauf hin: ein christliches Kreuz, verbunden mit einem Davidstern. Auch hier gibt es aufwendig gestaltete Grabanlagen wie die der Familie Richter (Bild). Im Volksmund wird dieser Friedhof auch Millionenfriedhof genannt, da hier viele Villenbesitzer bestattet wurden.
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Die schönsten Friedhöfe Berlins
Zentralfriedhof Friedrichsfelde
In Friedrichsfelde fanden bis 1911 arme Menschen ihre letzte Ruhe, deren Beerdigungskosten die Stadt übernahm. Da der Friedhof wie ein Park angelegt ist, wurde er später auch von reichen Berlinern genutzt. Heute gilt er als Sozialistenfriedhof, weil hier zahlreiche sozialdemokratische und kommunistische Politiker beerdigt sind, die mit einer Gedenkstätte gewürdigt werden.
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Die schönsten Friedhöfe Berlins
Friedhöfe vor dem Halleschen Tor
Die sechs Friedhöfe in Kreuzberg zwischen Mehringdamm und Zossener Straße wurden im 18. Jahrhundert außerhalb der Stadtmauer angelegt. Auch hier sind viele bedeutende Persönlichkeiten begraben wie der Komponist Felix Mendelssohn Bartholdy (Bild). Wer in Berlin nach etwas Ruhe sucht, der kann hier spazieren gehen, vielleicht gerade jetzt am Totensonntag, ein Gedenktag für die Verstorbenen.
Autorin/Autor: Elisabeth Yorck von Wartenburg
Der Trend zur Feuerbestattung und anderen Bestattungsarten, die nicht mehr an den klassischen Friedhof gebunden sind (etwa Seebestattung oder Waldbestattung im "Ruheforst") bedeutet auch: Es gibt sehr viele Freiflächen, denn eine Urne braucht deutlich weniger Platz als ein Sarg.
Bestattungsgärten immer beliebter
Vielleicht kommt dem ja ein dritter Trend entgegen: pflegefreie Gemeinschaftsgrabanlagen, deren Einrichtung der "Mobilität und der Zerstreuung der Familien" geschuldet sind, so von Zitzewitz.
Alternativen: Ein Landschaftsgräberfeld auf dem Hauptfriedhof von Karlsruhe
Diese weitläufigeren, bepflanzten und gestalteten Flächen sind fast schon kleine blühende Parkanlagen, mit Platz für Sargbestattungen und Urnen. Sie werden als Alternative zu herkömmlichen Einzelgräbern immer beliebter. Die Grenzen der einzelnen Gräber sieht man nicht, aber Hinterbliebene haben einen Ort der Trauer - ohne sich um ein Grab kümmern zu müssen.
Auch auf dem Friedhof geht es digital zu
Dennoch halten die meisten Menschen an Traditionen fest, dazu gehören die Trauerfeier und das Traueressen, meist Leichenschmaus genannt. Nur die Rahmenbedingungen haben sich geändert, erklärt von Zitzewitz: Trauernde wollten einen "maßgeschneiderten Abschied mit traditionellen Elementen", in dem die Kirche oft keine Rolle mehr spiele. Und: Die Digitalisierung ist auch hier auf dem Vormarsch. Es gibt digitale Trauerforen und QR-Codes auf Grabsteinen, manche Bestatter bieten sogar an, per Whatsapp Traueranzeigen zu verschicken.
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11 außergewöhnliche Friedhöfe in Europa
Für Künstler: Nekropole Kassel
Ein Friedhof mitten im nordhessischen Wald, initiiert von Documenta-Künstlern, die zu Lebzeiten hier ihr eigenes Grabmal gestalten und sich darin nach ihrem Tod bestatten lassen. Bisher sind neun verschiedene Grab-Kunstwerke entstanden. So das von Ugo Dossi: "Denk-Ort" aus massiven Stahlplatten. Besucher können die Bildelemente der Installation auf Papier oder Stoff übertragen und mitnehmen.
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11 außergewöhnliche Friedhöfe in Europa
Für Romantiker: Père Lachaise, Paris
Blätter tanzen im Wind, die Wege sind sandig. Im Herbst ist dieser wild-romantische Friedhof im Nordosten der französischen Hauptstadt am schönsten. Unvergessen und viel besucht von ihren Fans aus der ganzen Welt sind die hier begrabenen Künstler wie Oscar Wilde, Eugene Delacroix, Sara Bernardt, Maria Callas, Edith Piaf, Frederic Chopin, Jim Morrison - die Liste ist beinahe unendlich.
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11 außergewöhnliche Friedhöfe in Europa
Für Pilger: Campo Santo Teutonico
Der traditionsreiche Friedhof der deutsch- und flämischsprachigen Länder liegt wie eine Oase mit Palmen, Kapern und Oleander neben dem Petersdom im Vatikan. Der Boden des Friedhofs ist geradezu mit Grabplatten gepflastert, die Wände ebenso. Darunter sind auch besonders gestaltete Grabstätten etwa mit Engelskulpturen oder Kreuzwegszenen zu entdecken.
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11 außergewöhnliche Friedhöfe in Europa
Für Baumeister: Cimitero Monumentale
Griechische Tempel, ägyptische Pyramiden, bis zu 20 Meter hohe Obelisken - der Cimitero Monumentale in Mailand macht seinem Namen alle Ehre. Hier liegen die Reichen, und das wird auch im Tod ganz deutlich. Er gilt als der prunkvollste und prächtigste von allen Friedhöfen Italiens. 1866 wurde das rund 200.000 Quadratmeter große Areal eröffnet.
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11 außergewöhnliche Friedhöfe in Europa
Für Humorvolle: Kramsach, Österreich
Wer diesen Museumsfriedhof in Tirol besucht, hat es vor allem auf die hintersinnigen Sprüche auf den Grabkreuzen abgesehen. Hier steht vermutlich eine der skurrilsten Sammlungen alter, metallener Grabkreuze in Europa. Kostprobe: "Hier fiel Jakob Hosenknopf vom Hausdach in die Ewigkeit". Oder: "Hier schweigt Johanna Vogelsang, sie zwitscherte ihr Leben lang." Echte Tote sind hier nicht beerdigt.
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11 außergewöhnliche Friedhöfe in Europa
Für Lebensfrohe: Melaten, Köln
Der Friedhof, im Mittelalter auch als Hinrichtungsstätte genutzt, umfasst heute rund 55.000 Gräber. Neben der "Millionenallee" mit den aufwändigen Grabstätten von reichen Kölnern wie der Familie Farina, die das Eau de Cologne erfand, sind auch liebenswerte Skulpturen wie dieser Clown am Grab eines passionierten Karnevalisten zu finden.
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11 außergewöhnliche Friedhöfe in Europa
Für Historiker: Jüdischer Friedhof, Hamburg
Der Friedhof gilt Forschern wegen der hohen Zahl gut erhaltener Grabsteine als einzigartig. Von fast 9000 Grabsteinen gibt es noch rund 6000. Auch ist der Friedhof der älteste Begräbnisort sephardischer und aschkenasischer Juden in Nordeuropa. Für die Aufnahme in die Unesco-Welterbeliste wird die über 400 Jahre alte Begräbnisstätte zur Zeit geprüft.
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11 außergewöhnliche Friedhöfe in Europa
Für Flaneure: Friedhof Ohlsdorf, Hamburg
Mit einer Fläche von 391 Hektar ist er der größte Parkfriedhof der Welt. Die Anlage mit ihren Bäumen, Bächen und Teichen vereint historische Bauten, Denkmäler und moderne Grabstätten. Seit der Einweihung 1877 fanden hier über 1,4 Millionen Beisetzungen statt. Zu den 235.000 Grabstätten gehören auch die von Schauspieler und Regisseur Gustaf Gründgens und Schriftsteller Wolfgang Borchert.
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11 außergewöhnliche Friedhöfe in Europa
Für Musikalische: Zentralfriedhof, Wien
Hier sind die Großen Österreichs versammelt, darunter die Crème de la Crème der Musiker und Komponisten - bis auf Mozart. Hier liegen Beethoven, Brahms, Strauss und Schubert, Arnold Schönberg bis hin zu Falco und Udo Jürgens. Der 1874 eröffnete Zentralfriedhof hat ein Wegenetz von insgesamt 450 Kilometern zwischen den 330.000 Grabstätten.
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11 außergewöhnliche Friedhöfe in Europa
Für Mozartfans: Sankt Marxer, Wien
Und hier könnte Mozart liegen, in einem Armengrab. Erst 17 Jahre nach seinem Tod am 5. Dezember 1791 versuchte seine Frau Constanze, sein Grab zu finden. Da es aber nicht bezeichnet war, musste man sich auf höchst unsichere Erinnerungen der Friedhofsangestellten verlassen. Es ist daher nicht möglich anzugeben, wo Mozart genau beerdigt worden ist.
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11 außergewöhnliche Friedhöfe in Europa
Für Klassiker: Historischer Friedhof, Weimar
Der 1818 eröffnete Friedhof ist die Grablege der Herzöge, in der auch die Särge der Dichterfürsten Johann Wolfgang Goethe und Friedrich Schiller aufbewahrt sind - wobei in Schillers Sarg gar nicht seine Gebeine liegen. Auf dem Gelände steht auch eine russisch-orthodoxe Kapelle, die die russisch-orthodoxe Gemeinde heute für ihre Gottesdienste nutzt.
Autorin/Autor: Ille Simon (mit kna)
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Dies ist eine leicht überarbeitete Version eines Artikels, der erstmalig am 30.10.2019 veröffentlicht wurde.