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Politik

Trauriger Rekord bei Flüchtlingszahlen

Daniel Heinrich
23. Mai 2022

Laut den Vereinten Nationen sind erstmals über 100 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht. Wer ist besonders betroffen, was sind die Gründe dafür, wohin fliehen die Schutzsuchenden? Die DW hat die wichtigsten Fakten.

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Symbolbild | Amnesty: Kinder leiden unter Terror in Westafrika
Vor allem auf dem afrikanischen Kontinent müssen Menschen wie hier in Mali vor Hunger und Gewalt fliehen Bild: imago images/Joerg Boethling

Noch nie war ihre Zahl so hoch wie jetzt: Laut dem Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) sind weltweit über 100 Millionen Menschen auf der Flucht, rund die Hälfte wurde innerhalb ihres Landes vertrieben. Ein rapider Anstieg innerhalb kurzer Zeit: Laut UNHCR waren Ende 2020 etwa 82,4 Millionen Menschen auf der Flucht. 

Wo sind die aktuell die größten Krisenherde?

Auch wenn die Vereinten Nationen genaue Zahlen erst Mitte Juni veröffentlichen, steht jetzt schon fest: Vor allem Menschen auf dem afrikanischen Kontinent sind häufig gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Bürgerkriege oder Gewalt gegen einzelne Bevölkerungsgruppen haben 2021 zu großen Flüchtlingsbewegungen aus oder innerhalb der Länder Äthiopien, Burkina Faso, Nigeria und der Demokratischen Republik Kongo geführt. Auch Menschen in Asien waren im vergangenen Jahr besonders betroffen, vor allem in Afghanistan und Myanmar. 

Auch der vermeintlich friedliche und wohlhabende Kontinent Europa sorgt für Negativschlagzeilen. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat zu einem historischen Exodus geführt. Insgesamt acht Millionen Menschen sind innerhalb des Landes vertrieben worden, mehr als sechs Millionen Menschen sind aus der Ukraine geflohen.

Wovor fliehen die Menschen?

Die Menschen fliehen laut Angaben der Vereinten Nationen vor allem vor Gewalt, die sich gezielt gegen Zivilisten richtet: Menschenrechtsverletzungen, Vergewaltigungen, Massenhinrichtungen, Verschleppung oder die zwangsweise Rekrutierung von jungen Männern oder auch Kindern sind in vielen Regionen zu Mitteln der Kriegsführung geworden. Aber auch die indirekten Folgen sind dramatisch.

Die Lebensgrundlagen der Menschen werden durch Krieg und Gewalt genommen: Felder können nicht mehr bestellt werden, Arbeitsplätze werden zerstört, Lebensmittel werden knapp und Preise steigen. Straßen, Brücken, Strom- und Wasserversorgung, Schulen und Krankenhäuser werden beschädigt oder zerstört. Medikamente und medizinisches Gerät werden knapp. Tod, Verletzungen, Armut und Hunger sind die Folge. 

Wohin fliehen die Menschen?

In Ländern, in denen seit Jahrzehnten Krieg und Gewalt herrschen, leben Flüchtlinge oftmals seit Generationen im Exil. Zwei Drittel aller Flüchtlinge leben im Nachbarland ihres Heimatstaates. Laut den aktuellsten Zahlen der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2021 hat die Türkei mit rund 3,6 Millionen Geflüchteter weltweit am meisten Menschen aufgenommen, gefolgt von Kolumbien mit 1,8 Millionen und Pakistan mit 1,4 Millionen geflüchteter Kinder, Frauen und Männer. Deutschland rangiert mit 1,1 Millionen aufgenommener Menschen auf Platz fünf hinter Uganda. Dort leben 1,4 Millionen geflüchteter Menschen.

Syrien Krieg Flüchtlingslager Killi Grenzübergang Bab Al Hawa
Das Flüchtlingslager Bab Al Hawa im syrisch-türkischen Grenzgebiet. Die Türkei hat am meisten Geflüchtete aufgenommenBild: Omar Haj Kadour/AFP/Getty Images

In Deutschland ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) als Behörde zuständig. Laut BAMF kommen mehr als zwei Drittel der Asylsuchenden hierzulande aus Kriegs- und Krisengebieten. Mehr als die Hälfte aller Menschen, die nach Deutschland geflohen waren, kamen laut offiziellen Zahlen im vergangenen Jahr aus Syrien, Afghanistan und Irak. In diesem Jahr sind bislang rund 700.000 geflüchteter Menschen aus der Ukraine registriert worden.

Wie versucht die Weltgemeinschaft zu helfen?

Weltweit bemühen sich vor allem die Vereinten Nationen darum, geflüchteten Menschen zu helfen. Drei Lösungsansätze verfolgt das UNHCR. Die freiwillige und sichere Rückkehr in das Herkunftsland, die Integration im Erstaufnahmeland und, besonders wichtig, das sogenannte Resettlement. Resettlement bezeichnet laut dem katholischen Wohlfahrtsverband Caritas die dauerhafte Aufnahme besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge aus einem Land, in dem sie bereits als Geflüchtete leben, in einen zur Aufnahme bereiten Drittstaat.

Die Teilnahme am Resettlement-Programm kommt dann in Frage, wenn die zwei anderen Lösungswege als nicht realistisch erscheinen. Rund 30 Staaten beteiligen sich derzeit an dem Programm, traditionell sind die USA der wichtigste Resettlement-Staat, gefolgt von Kanada und Großbritannien. Die drei Länder allein nehmen jährlich rund 35.000 Menschen auf. Als größte Geldgeber steuern die USA pro Jahr rund 1,6 Milliarden Euro bei, gefolgt von der Europäischen Union mit 900 Millionen Euro. Deutschland schultert davon rund 370 Millionen Euro.

Griechenland Insel Lesbos | Flüchtlinge
Ein Zelt des Flüchtlingswerks der Vereinten Nationen auf der griechischen Insel LesbosBild: Tatiana Bolari/ANE Edition/IMAGO