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Machtwechsel bei der Deutschen Bank

Monika Lohmüller (mit afp, rtr)31. Mai 2012

Anshu Jain und Jürgen Fitschen lösen Josef Ackermann an der Spitze der Deutschen Bank ab. Das neue Führungs-Duo könnte unterschiedlicher kaum sein. Beide gemeinsam haben aber bereits Akzente gesetzt.

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Anshu Jain (l) , Jürgen Fitschen (r.) (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Sie sind ein ungleiches Paar: Mit Anshu Jain und Jürgen Fitschen treffen Risikofreude und Bodenständigkeit, Internationalität und deutsche Verwurzelung aufeinander. Gemeinsam sollen sie die Geschicke der Deutschen Bank lenken. Fitschen und Jain folgen Konzernchef Josef Ackermann auf seinem Posten nach. Nicht nur die Herkunft, der Werdegang, die andere Sprache und nicht zuletzt auch andere Aufgaben unterscheiden die Vorstände von Deutschlands größtem Geldhaus.

Der 49-jährige Inder Anshu Jain hatte einst als kleiner Börsenmakler angefangen. Nach einer Station bei Merrill Lynch kam Jain 1995 zur Deutschen Bank nach London. Gemeinsam mit seinem Förderer Edson Mitchell machte er das Institut zu einer der führenden Investmentbanken weltweit. Seinem Talent für Analysen und den richtigen Zusammenbau von Finanzprodukten zollen Kenner seit Jahren Respekt. Der studierte Ökonom und passionierte Cricketspieler habe eine natürliche Gabe fürs Geschäft, heißt es.

Diese Gabe schlug sich lange in den Büchern der Deutschen Bank nieder. Seit 2010 war er der alleinige Chef des Investment-Geschäfts, und damit der "Goldesel" des Kreditinstituts und dessen heimlicher Star. Seine Abteilung erwirtschaftete Milliarden - und dank dieses Erfolgs hatte Jain wiederholt mehr Geld verdient als sein Chef Ackermann. Schon sein Erfolg machte ihn früh zum natürlichen Kandidaten für die Nachfolge des Schweizers.

Fitschen - bodenständiger Gegenpart

Der 63-jährige Niedersachse Jürgen Fitschen soll in dem Führungsduo die nationale Lücke füllen. Von Beginn seiner beruflichen Karriere an ließ es Fitschen bodenständiger angehen als Jain. Er machte nicht in Aktien, er machte eine Ausbildung, wurde Groß- und Außenhandelskaufmann. Danach folgte das Wirtschaftsstudium. 1975 stieg Fitschen ins Bankgeschäft ein, zwölf Jahre später bei der Deutschen Bank.

Jürgen Fitschen ist eigentlich schon seit 2004 der Gegenpart von Anshu Jain. Seitdem ist er - neben dem internationalen Regionenmanagement - für das Deutschlandgeschäft verantwortlich. Die Funktion des Deutschlandschefs hatte die Bank damals neu geschaffen. Sie reagierte damit auf die Kritik, ihren Heimatmarkt zu vernachlässigen; sie reagierte mit Fitschen auf die Kritik am Überflieger Jain.

Ein Fall für zwei

Ausgerechnet aber nachdem die Thronfolge seit Sommer 2011 offiziell war, fing Anshu Jains Sektor an zu schwächeln. Gezeichnet von Staatsschuldenkrise und unsicheren Investoren schrumpften die Gewinne des Investmentbankings merklich. Kritiker des Geldsammlers Jain fühlten sich nachträglich bestätigt: Sie hatten ihm schon Mitte des vergangenen Jahrzehnts vorgeworfen, der massive Ausbau des Investmentbankings verdränge zunehmend das klassische, heimische Geschäft der Kreditvergabe an die Industrie.

Dennoch: Auf dem Posten des Vorstandschefs der Deutschen Bank ist Jürgen Fitschen ohne den schillernden Jain kaum vorstellbar. Beide gemeinsam haben bereits vor Amtsübernahme Akzente gesetzt: Zwei bisherige Vorstände werden ausgetauscht. Ihnen sollen drei jüngere, internationalere, zum Teil auch risikofreudigere Manager folgen. Auch der Chefvolkswirt wird zum Monatsende seine Posten räumen.

Bankenumbau in vollem Gang

Der Umbau in den Frankfurter Bankentürmen ist in vollem Gange. Denn auf die Deutsche Bank warten gewaltige Aufgaben. Anshu Jain und Jürgen Fitschen werden sich mit der Frage beschäftigen müssen, wie das Geldhaus angesichts der schärferen Regulierung aufgestellt werden soll. Wie soll das Investmentbanking zurechtgestutzt werden, damit es in Zeiten sinkender Erträge Gewinnmotor bleibt? Das ist eine weitere Herausforderung. Darüber hinaus soll das Privatkundengeschäft mit der Tochter Postbank zur echten zweiten Säule aufsteigen.

Die Krisen der vergangenen Jahre überstand die Deutsche Bank ohne Staatshilfe, mit Übernahmen möbelte Josef Ackermann, einst oberster Investmentbanker des Instituts, das lange vernachlässigte Privatkundengeschäft kräftig auf: Er kaufte 2006 die Berliner Bank und die Norisbank, drei Jahre später das Kölner Traditionshaus Sal. Oppenheim und schließlich 2010 die Postbank.